Interview mit Andreas Marschall (MASKS, GERMAN ANGST)

andreas marschall

Freunde lauter Gitarrenmusik wissen die Plattencover von Andreas Marschall schon seit Jahrzehnten zu schätzen, Fans von Horrorfilmen kamen dank seiner Regiearbeit für MASKS und TEARS OF KALI in den letzten Jahren auf den Geschmack.
Sein neuestes Projekt hört auf den Namen GERMAN ANGST und wird – ganz zeitgemäß – ein crowdfunding-finanzierter Episoden-Horrorfilm werden, an dem auch Jörg Buttgereit (NEKROMANTIK) und Michal Kosakowski (ZERO KILLED) mitwirken.

ThrillAndKill: Andreas, du bist ja schon lange im Geschäft, aber als Regisseur noch vergleichsweise frisch.
Freunde der härteren musikalischen Gangart kennen dich für Plattencover von vielen deutschen und internationalen Künstlern (z.B. Kreator, Blind Guardian, Hammerfall, In Flames) und das seit einigen Jahrzehnten. Auch auf diesen Bildern geht es tendenziell eher rau zu. Darf man daher davon ausgehen, dass eine gewisse Liebe zum Horror immer da war?

Andreas Marschall: Ja, in meiner Kindheit liebte ich schon die Edgar Wallace Filme und Klassiker wie KING KONG. Und den Horror-Touch hatte ja schon mein allererster Job als bezahlter Regisseur: Kreator´s Videocompilation HALLUZINATIVE COMAS, 1990. Der Hauptclip „Terrorzone“ war von HELLRAISER inspiriert und wurde ein Skandal, wegen der Szene, in der sich der Hauptdarsteller die Augen zunäht.

Coma Of Soulsin-flames-colony

 

T&K: In den 90ern hast du viele Werbefilme und Musikvideos gemacht, aber erst 2004 mit TEARS OF KALI deinen ersten Spielfilm abgeliefert. Warum gerade zu diesem Zeitpunkt? Wolltest du etwas anderes versuchen? Dir etwas beweisen? Wurde dir eine Schubkarre Geld geboten?

Andreas: Ich hatte vor TEARS OF KALI schon bei Sammy Balkas Las-Vegas Gangsterfilm TRACK Co-Regie gemacht und den großen Kinofilm SOWEIT DIE FÜSSE TRAGE als Cutter geschnitten. Die Erfahrungen am Set von TRACK, in dem ich selbst die kleine Rolle des Pornoproduzenten Dayton Steele spielte (ich verrecke übrigens ziemlich elend in der Wüste von Nevada! ) inspirierte mich zur Arbeit mit Schauspielern. Ich drehte Übungsszenen mit Schauspielschülern an der Berliner Schauspielschule Reduta. Diese ganze spannende Sache, wie Schauspieler an ihre frühesten Kindheitstraumata gehen, um im Spiel authentisch zu werden und dabei teilweise extreme Psychotechniken benutzen, das hat mich dann direkt zu TEARS OF KALI inspiriert. Es spielt ja auch bei MASKS eine wichtige Rolle.


T&K: Letztes Jahr erschien der schon erwähnte MASKS und erhielt insgesamt ziemlich gute Kritiken (zu Recht, wie ich finde). Zwar wurde hier und da auch die Nähe zum Giallo, insbesondere SUSPIRIA, kritisiert, allerdings wirkt der Film nie wie eine Kopie, sondern eher eine bewusste Verneigung. Wie siehst du das?

Andreas: Ja, ich habe mich formal sehr eng ans Giallo-Genre gehalten. Ich wollte schon, dass die Leute einen echten Giallo erleben und nicht irgendwas halbherziges, aber inhaltlich geht MASKS natürlich in eine ganz eigene Richtung. Gialli sind ja in erster Linie Whodunits, mit viel polizeilicher Ermittlungsarbeit und so. Mir war es wichtiger, den Weg einer jungen Schauspielerin zielstrebig in den Abgrund zu zeigen. Die Morde in den dunklen Räumen der Schule um sie herum sind grausam, aber Stellas eigener Ehrgeiz ist es, der sie zielstrebig ins Verderben laufen läßt.

T&K: So viel zur Vergangenheit. Nun hast du mit GERMAN ANGST ein neues Projekt am Start, das überaus interessant klingt und involviert sind auch Jörg Buttgereit und Michal Kosakowski.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit Buttgereit, Kosakowski und Marschall? Du hattest ja zwar bereits das Cover für Buttgereits NEKROMANTIK gestaltet, was aber bereits ein paar Tage her ist.

Andreas: Als ich mit MASKS über die ausländischen Festivals tourte, wurde ich immer wieder gefragt, warum denn Jörg Buttgereit keine Filme mehr macht. Gute Frage, fand ich. Da immer mehr Episodenfilme auf den Markt kommen, beschloss ich, Jörg zu fragen, ob er Lust auf eine Zusammenarbeit hatte. Da ich ihn schon seit 25 Jahren kenne, fiel es ihm nicht so leicht, „nein“ zu sagen, wie bei den vielen andern Anfragen, die er immer wieder bekam. Michal Kosakowski lernte ich auf einem Filmfestival in Transsylvanien kennen, auf dem sein Film ZERO KILLED Premiere hatte. Ich fand den Streifen Klasse und Michal sehr sympathisch. Jörg fand es interessant, dass er mehr aus der Kunstszene und dem Dokumentarfilm kommt, und so hatten wir den dritten im Bund.

cover german angst 1 - Thrillandkill (Horrorfilme und Thriller)

T&K: GERMAN ANGST wird wie heute viele Filme zum Teil über Crowdfunding finanziert. Wieso sollte man gerade euch das Geld geben? Und wo kann man das tun?

Andreas: Man sollte uns unterstützen, weil GERMAN ANGST ein garantiert einzigartiger Film wird. Wir kopieren nicht irgendwelche US-Filme, sondern fahren ein wirklich eigenständiges Konzept von Horror. Jeder von uns ist ein echter „Maverick“ im Genre und unsere Episoden sind so extrem, dass an Filmförderung nicht zu denken ist. Wer statt Komödie und Sozialdrama etwas völlig Anderes, Aufregenderes aus Deutschland sehen will, sollte in den Zug einsteigen. Meine Geschichte „Alraune“ beispielsweise ist ein atemloser Trip in die dunkelsten Orte des Berliner Nachtlebens: Eine geheime Sexgruppe verspricht dir mit Hilfe einer Droge aus der Alraunenwurzel den besten Sex deines Lebens . Aber dieser Sex hat schreckliche Nebenwirkungen… Die Story hat einige Szenen, die man so noch nicht gesehen hat!
(Gespendet werden kann übrigens hier – Anm. d. Verfassers):

T&K: GERMAN ANGST ist ein Begriff, den man hierzulande weniger kennt als im Ausland und der einerseits die zögerliche Art der Deutschen beschreibt, aber natürlich vor allem als Titel für einen deutschen Horrorfilm was hermacht. Es gibt ein Video auf der Facebookseite des Films, in dem ihr andeutet, dass ihr gerne an die lange verschollene Tradition des deutschen Horrorfilms anknüpfen wollt. Ein ambitioniertes Vorhaben, andererseits wird es Zeit, dass sich daran mal jemand versucht. Sollten sich deutsche Filmemacher (oder deutsche Künstler generell) mehr auf die eigenen Stärken verlassen, statt ins Ausland zu schielen? Rammstein funktionieren ja auch gerade durch ihre deutsche Art gut im Ausland.

Andreas: Ja, auch die Amerikaner wollen aus Deutschland etwas Eigenständiges sehen, was anders als ihre eigenen kulturellen Produkte ist. Deshalb lieben sie ja Rammstein samt deutscher Sprache und gerolltem „R“. Mich selbst faszinierte immer gerade die andere, eigene, europäische Form des Genres, die in den Sechzigern und Siebzigern aufgeblüht ist: aus Spanien, Italien, Frankreich und auch Deutschland. Als Quentin Tarantino bei irgendeinem deutschen Filmpreis auf die Frage nach seinem liebsten deutschen Regisseur Alfred Vohrer nannte, den Regisseur vieler Edgar Wallace -Streifen, guckte mancher Hoch-Kritiker dumm aus der Wäsche. Aber Tarantino hatte Recht. Es gibt sie, die große Tradition des Genrefilms aus Deutschland.

T&K: Gibt es heutzutage so etwas wie eine „deutsche Filmszene“ abseits von Tatort, Schweiger und Schweighöfer? Und wenn ja, siehst du dich / ihr euch als Teil von ihr?

Andreas: Letztes Jahr gab es während der Berlinale eine Gegenveranstaltung: Die „Genrenale“. Veranstaltet von dem deutschen Jungproduzenten Paul Andexel, trafen sich da fast hundert Regisseure, Schauspieler und Produzenten, die genug hatten vom deutschen Einheitsfilm. Die wollten alle ein neues Kino mit Horror, Fantastik, Action. Es wird sich was ändern, da bin ich sicher. Und, klar, wir kennen uns alle untereinander, treffen uns immer wieder mit unseren Filmen auf Festivals und unterstützen uns gegenseitig. Es gibt inzwischen sogar eine eigene Website „Neuer Deutscher Genrefilm„.

T&K: Kommen wir zurück zu GERMAN ANGST. Mal davon ausgehend, dass ihr die nötigen Gelder zusammenbekommt, wie geht es planmäßig weiter? Stehen schon Schauspieler fest? Wann können wir mit einer Veröffentlichung rechnen?

Andreas: Wir drehen im Herbst eine actionreiche Rückblende, die im zweiten Weltkrieg spielt, für Michals Episode „Make a Wish“. Im Winter soll dann der Hauptdreh stattfinden. Vom Cast stehen beispielsweise Axel Holst als männliche Hauptrolle bei Jörgs Episode „Final Girl“ und Arno Frisch aus Hannekes FUNNY GAMES bei Michals Episode. Für den Anführer der Geheimgruppe in meiner Episode habe ich einen ganz tollen Schauspieler mit großer Geschichte im Auge, aber ich verrate nichts, bevor er nicht endgültig zugesagt hat. Wenn alles gut läuft, sollte GERMAN ANGST Mitte 2014 fertig sein.

T&K: Danke fürs Gespräch!

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One thought on “Interview mit Andreas Marschall (MASKS, GERMAN ANGST)

  1. Hab Masks erst vor ein paar Wochen gesehen. Zu dem Zeitpunkt hab ich nicht gewusst, daß das vom Herrn Zeichner der wunderschönen Blind Guardian Covers ist. Erst beim nach-recherchieren firl es mir dann wie Schuppen von den Augen – oder wie Masken von Gesichtern 😉

    Masks ist ein wunderschöner und sehr gelungener Giallo, der mich durchaus beeindruckt hat. Da will man mehr davon, daher hab ich German Angst auch schon brav unterstützt 🙂

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