Review: BORGMAN (2013)

borgman cover
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 7.5

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5.1/10 (38)

Darsteller: Jan Bijvoet, Hadewych Minis, Jeroen Perceval
Regie: Alex van Warmerdam
Drehbuch: Alex van Warmerdam
Länge: 109 min
Freigabe: ab 16
Land:
Genre: , ,
Veröffentlichung: 17. Februar 2015 (Heimkino)
Verleih/ Vertrieb: Ascot Elite

Wenn wir Filme besprechen, schauen wir normalerweise nicht auf andere Reviews. Bei BORGMAN musste ich aber direkt nach dem Abspann bei verschiedenen Kollegen vorbeisehen. Zu viele Fragen hatte der Film hinterlassen, zu viele Interpretationsmöglichkeiten aufgeworfen und ich war neugierig ob ich mit meiner Meinung auch nur ansatzweise richtig liege.
Und siehe da, selbst in namhaften Magazinen, die sich intellektuell viele Stufen über einer kleinen Horrorseite wie uns wähnen, herrscht Ratlosigkeit. Im Feuilleton versteckt man sich bei Analyseversuchen hinter blumigen Worten, muss am Ende vor BORGMAN aber doch die weiße Flagge schwenken.

BORGMAN 1

Schon der Beginn des Films ist ungewöhnlich, denn ein Priester und zwei bewaffnete Helfer stöbern einen offenbar Obdachlosen in einem Erdloch im Wald auf. Der zottelige Penner entkommt gekonnt und klingelt einfach an einer Tür eines eleganten Hauses, wo er ein Bad nehmen will. Dort wird er nicht nur abgewiesen, sondern kriegt – nachdem er behauptet die Hausherrin Marina zu kennen – von deren Mann gewaltig aufs Maul. Das wiederum erweckt das Mitleid der Frau, die dem Obdachlosen heimlich sein Bad und Unterschlupf im Gartenhaus gewährt. Und damit beginnt eine Spirale aus Gewalt und Wahnsinn…

Kein gewöhnliches Home Invasion

Was ansatzweise nach einem gewöhnlichen Home Invasion – Thriller klingt (der Vergleich zu FUNNY GAMES wurde des Öfteren gezogen), erinnert in der Praxis mindestens ebenso sehr an ZOFF IN BEVERLY HILLS, wo Penner Nick Nolte bei einer reichen LA-Familie einzieht.
Dort wurde allerdings niemand getötet, in BORGMAN schon und das auf eine Weise, die den Film unberechenbar macht, denn Camiel Borgman, so der Name des Obdachlosen, und seine Helfer, räumen jeden aus dem Weg, der ihren Absichten im Weg steht. Da wird teilweise gemordet, obwohl Gewalt vermeidbar wäre, anderenorts wird das Unvermeidliche schier unnötig und umständlich in die Länge gezogen.

Borgman Alex van Warmerdam

Und die Absichten bleiben bis zum Ende rätselhaft. An Geld scheint die fünfköpfige Truppe nicht interessiert und auch mit Sex lässt sich Borgman trotz eindeutiger Avancen seitens Marina nicht ködern. Eher scheint es so, als sei er nur darauf aus Zwietracht bei seinen Gastgebern zu säen. Viel Zutun ist dabei gar nicht nötig, denn die Nerven in der Familie liegen ohnehin blank.

Im Streifen RUBBER wurde angesprochen, dass jeder gute Film das Element des Willkürlichen beinhaltet. Das scheint auch für BORGMAN zu gelten, wo Landschaftsgärtner in Anzügen samt Krawatte arbeiten, Obdachlose straff organisiert und vernetzt sind und immer wieder Elemente auftauchen, die sich nicht erklären lassen.
Und doch scheint es sich nicht um eine hilflose Willkür zu handeln, wie sie B-Movies mit Logiklöchern haben. BORGMAN ist nicht WRONG TURN 6.
Auch wenn ich noch immer über vieles rätsele, habe ich keinen Zweifel, dass der holländische Autor/Regisseur Alex van Warmerdam hinter der Kamera mindestens ebenso Herr der Lage ist, wie Borgman davor.

borgman

BORGMAN wurde nicht für den Mainstream gedreht

Klar ist aber auch, dass dieser Film nicht für jedermann ist. Man sollte sich entweder darauf einstellen, dass Hirnschmalz notwendig ist und mehr als einmal What-the-fuck-Momente auftreten oder aber so doof sein, dass all die Absurditäten gar nicht erst auffallen. Außerdem ist BORGMAN trotz makabrer Gewalt kein üblicher Genrefilm: Keine dunklen Ecken, keine Effekthascherei, keine Spannungsmusik oder gar Scarejumps, dafür aber einwandfreies Schauspiel.
Da BORGMAN auch sauber inszeniert ist, wird er nie langweilig, bleibt aber womöglich unbefriedigend.

Fazit: Ob der Film nun eine Metapher für den Verstoß aus dem biblischen Paradies ist, die Angst vor dem Aufbegehren der Unterschicht symbolisiert oder eine ganz andere Nachricht vermittelt, wir wissen es nicht. Aber manchmal kann Kunst eben auch unterhalten, ohne dass man sie versteht.
Anmerkung: Falls jemand einen guten Einfall hat, was uns der Film sagen will, sind wir für jeden Hinweis dankbar.

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