Review: SNOWPIERCER (2013)

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BEWERTUNGEN:
Redaktion: 8.0

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8.9/10 (26)

Darsteller: John Hurt, Ed Harris, Chris Evans, Jamie Bell
Regie: Joon-ho Bong
Drehbuch: Joon-ho Bong
Länge: 126 min
Freigabe: ab 16
Land:
Genre:
Veröffentlichung: 23. September 2014 (Heimkino)
Verleih/ Vertrieb: Ascot Elite Home
FSK: ab 16

Endzeitfilme können trist sein und ruhig erzählt werden oder rasant und actiongeladen. Schauplatz können die Überreste unserer Städte, endlose Wüsten oder sogar der Ozean sein. Als Gegner sind plündernde Banden, Zombies oder sogar Maschinen denkbar.
Dass eine solche Geschichte aber komplett in einem durch eine Eiswüste rasenden Zug spielt, in dem die Oberschicht der übriggebliebenen Gesellschaft die Unterschicht im hinteren Teil gefangen hält, ist wohl ein Novum und das obwohl die Geschichte, auf der SNOWPIERCER beruht, bereits Anfang der 80er Jahre von den beiden französischen Künstlern Jacques Lob und Jean-Marc Rochette als Graphic Novel veröffentlicht wurde.

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Story: 16 Jahre, nachdem ein Experiment, das die Klimaerwärmung verhindern sollte, nicht nur scheiterte, sondern die Erde in eine globale Eiszeit stürzte, haben sich die letzten Menschen in einen überlangen Zug geflüchtet, der ohne je anzuhalten, um den Planeten fährt.
Am Ende des Zugs hausen die Armen in einem schmutzigen, fensterlosen Gefängnis, werden mit einem undefinierbaren Essen gefüttert und mit Gewalt von den besseren Waggons ferngehalten.
Doch die Menschen um den rebellischen Curtis wollen sich das nicht länger gefallen lassen und es kommt zu einem brutalen Aufstand.

Wer glaubt das Prinzip von SNOWPIERCER verstanden zu haben, sei gesagt, dass es im Vorfeld der US-Veröffentlichung eine Kontroverse um den Film gab, weil Produzent Harvey Weinstein den Film für zu intelligent hielt und die zugegebenermaßen epischen 126 Minuten um rund 20 Minuten Charakterzeichnung kürzen wollte.
Bevor nun jemand „Typisch Amis“ ruft, es gibt auch hierzulande Menschen, die sich FRAUENTAUSCH im TV ansehen oder sich SAW Teil 14 wünschen und mit dem ungeschnittenen SNOWPIERCER ein Problem haben dürften.
Das soll nicht heißen, dass es hier verkopft zuginge, aber tatsächlich wartet man mit interessanten Charakteren auf und zwischen temporeichen Actionmomenten lässt sich auch die eine oder andere Metapher herauslesen.

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Lange erscheinen die über 2 Stunden Film aber nur äußerst selten, eben weil es abwechslungsreich zugeht und trotz bekannt anmutender Szenen nie Klischees bedient werden.
Außerdem ist SNOWPIERCER nicht, wie womöglich zu erwarten wäre, ein schlichtes Kammerspiel, sondern präsentiert dem Beobachter unterschiedliche Kulturen, die von Wagen zu Wagen an Dekadenz zulegen. Schule, Wellness, Gewächshäuser, Nachtclubs, Sushi-Restaurants…jede neue Tür ist eine neue Überraschung und manchmal wartet dahinter auch nur eine Bande maskierter Wächter mit Hieb- und Stichwaffen.
All das ist zwar nicht zwingend lustig gemeint, aber Figuren und Umstände sind so grotesk, dass der Betrachter sich doch zum Lachen gezwungen fühlt.

Es ist wohl logisch, dass nicht jeder die komplette Bahnfahrt überlebt, aber dies ist ein Film in dem sich niemand zu sicher fühlen sollte. Zwar gibt es Hauptfiguren, wie Curtis, aber keine strahlenden Helden und es geschieht einige Male, dass Personen, die wir für wichtig erachteten vorschnell das Zeitliche segnen und plötzlich scheinbar kleine Figuren an Bedeutung gewinnen.
SNOWPIERCER ist also ein unorthodoxes Werk, auch in seiner Erzählweise. Ob es am Einfluss des koreanischen Regisseurs Joon-ho Bong (THE HOST) liegt oder der Comic-Vorlage, sei dahingestellt, aber wenn beispielsweise ein Mann in einer Szene seinen Arm verliert, will sein Mienenspiel nicht recht zu seinen Gefühlen und Schmerzen passen. Ähnliches erleben wir auch später wieder, weswegen der Film in einzelnen Szene nicht wie aus einem Guss erscheint und das obwohl die schauspielerische Leistung absolut in Ordnung geht.

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Mit einer gesunden Mischung aus asiatischen Akteuren (z.B. Kang-ho Song, ebenfalls THE HOST) und westlichen Darstellern wie John Hurt (ALIEN), Chris Evans (AVENGERS) und Ed Harris (ENEMY AT THE GATES) kann SNOWPIERCER überzeugen.
Harris‘ Rolle als wortwörtlicher und im übertragenen Sinne „Zugführer“ erinnert übrigens an seinen Part in DIE TRUMAN SHOW, wo sich der Denker und Lenker auch eines Tages seiner Kreation stellen muss.

Um alle Geschmäcker zu bedienen wäre es vielleicht tatsächlich eine Überlegung wert gewesen sowohl Langfassung als auch eine schwer reduzierte Version zusammen auf Disc zu pressen, es ist aber schön zu sehen, dass (auch in den USA) die Vernunft siegte und somit alle in den Genuss des kompletten Werks kommen…und das ist sehenswert.

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