Special: Die Premiere von THE CURSE OF DOCTOR WOLFFENSTEIN

the curse of dr. wolffenstein

Es ist rund anderthalb Jahre her, dass wir das Filmset von THE CURSE OF DOCTOR WOLFFENSTEIN besuchten. Viel Zeit ist vergangen, aber da die Filmemacher um Regisseur Marc Rohnstock nicht den Luxus haben Vollzeit zu Werke zu gehen, sondern ihr finsteres Werk nach Feierabend, am Wochenende oder im Urlaub verrichten müssen, relativiert sich dieser Zeitrahmen schnell.

Gestern Abend war es dann doch so weit: der Doktor wurde auf die Menschheit losgelassen. Zu diesem Zweck hatte die Mannschaft von Infernal Films ein kleines Kino in Mainz angemietet. Das gemütliche Capitol war schnell ausverkauft und als sich gegen 18 Uhr die Türen öffnen, ist die Schlange davor schon lange.

Während die ganz eifrigen Fans die Autogrammstunde mit den Darstellern nutzen, ist bei einem ersten Smalltalk mit den Brüdern Rohnstock eine gewisse Anspannung anzumerken. Verständlich, denn manch einer ist weit angereist. Hamburg, Niederbayern…sogar ein Franzose hat den Weg nach Rheinland-Pfalz gefunden.
Dazu kommen Pressevertreter, Kollegen aus der Indie-Szene und natürlich Freunde und Familie, die mit Horrorfilmen teilweise wenig am Hut haben und sich einfach fragen, ob der Film denn die Mühe wert war.
Es folgt eine kleine Vorstellungsrunde im Kinosaal, bei denen Marc Rohnstock sein Team vorstellt und dann geht’s auch schon los.

Die Mannschaft hinter der Kamera

Die Mannschaft hinter der Kamera

Inhalt: In den 30er Jahren ist Dr. Wolffenstein ein kreativer Mediziner, der sich bei fragwürdigen Experimenten mit Nekrose infiziert. Heißt, ihm faulen Körperteile ab, die er durch Ersatzteile vom örtlichen Friedhof austauscht. Das missfällt den Menschen in der Gemeinde und schließlich wird der Doktor bei lebendigem Leibe begraben.
Jahre später ist eine Gruppe Jugendlicher auf dem Weg zu einem Rave, als ihr Wagen quasi vor dem Unterschlupf Wolffensteins den Geist aufgibt. Es wird nicht das einzige sein, was im Laufe des Films den Geist aufgibt, denn der Doc ist aktiver denn je.

Das Capitol in Mainz

Das Capitol in Mainz

Nimmt man THE CURSE OF DOCTOR WOLFFENSTEIN unter die Lupe, sollte man im Hinterkopf behalten, dass dies noch immer ein Low Budget – Film ist. Dafür ist das Teil aber sehr ordentlich geworden und an der handwerklichen Front ein klarer Fortschritt gegenüber des Vorgängers NECRONOS zu bemerken. Das Bild ist klar, das Sounddesign meist stimmig und dass vor allem die Hauptdarsteller nicht sprechen wie die Ansage eines Navis, hat noch nie geschadet.
Dass man echte Schauspieler einsetzt, ändert aber nichts daran, dass deren Figuren teilweise seltendämliche Bratzen sind, denen man einen langsamen Tod wünscht. Dieser Wunsch wird erfüllt.

Die Macher, der Doktor, das Opfer (v.l.: Mario Zimmerschitt, Dominik Ruf, Tara Rubin, Mika Metz, Marc Rohnstock)

Die Macher, der Doktor, das Opfer
(v.l.: Mario Zimmerschitt, Dominik Ruf, Tara Rubin, Mika Metz, Marc Rohnstock)

Wichtiges Detail des Films ist, dass er sich nicht zu ernst nimmt, einige Male ganz bewusst auf Klamauk setzt und außerdem etliche Anspielungen unterbringt. Auch wenn hier zum Millionsten Male NIGHT OF THE LIVING DEAD als Film im Film gezeigt wird, was längst nicht mehr originell ist (siehe hier), sind auch andere Referenzen und Zitate nicht zu übersehen.

„Party-Splatter“ ist ein Begriff, den Marc Rohnstock im Laufe des Abends benutzt und besser kann man THE CURSE OF DOCTOR WOLFFENSTEIN nicht beschreiben. Spaß haben die etwa 300 Gäste definitiv und es wird viel gelacht. Sei es, weil bekannte Klischees/Fehler entdeckt werden (z.B. das Final Girl, das in den rettenden Fluchtwagen springt und dann bemerkt, dass die Schlüssel fehlen oder eine Energiesparlampe, die an der Decke eines alten Gemäuers baumelt) oder weil ein echter Gag zündet.
Wiedererkennungswert gibt es auch anderenorts: nicht nur ist während einer Autofahrt im Film der Zwischenrufs eines Zuschauers zu hören „Wenn du da vorne links abbiegst, stehst du bei mir vor der Tür“, auch wird in den zahlreichen Splatterszenen so ziemlich jeder geschlachtet, der mit der deutschen Indieszene verbandelt ist: Marcel Walz, Annika Strauss, Olaf Ittenbach und und und…

Diese Goreszenen unterbrechen immer wieder den Haupthandlungsstrang des Films, was sie zu einer zwiespältigen Angelegenheit macht, denn sie tragen abgesehen von der Gewalt selbst nichts zum Film bei und sind völlig austauschbar. Nach ähnlichem Prinzip erwachen im Labor des Doktors meist junge Damen, die in Windeseile entkleidet werden (wobei die Kamera auch mal ungeniert zwischen die Beine schielt) und werden nach einem Experiment Wolffensteins ermordet. Unnötig zu erwähnen, dass Freunde von Blut, Erbrochenem, Eiter, Fäkalien aber auch nackter Haut auf ihre Kosten kommen und der Bodycount ist immens hoch, allerdings nutzt sich der Machete-in-den-Kopf-Trick nach 15 ähnlichen Kills doch auch schnell ab.
Dass diese Szenen nahezu losgelöst vom Rest des Films zu sehen sind (und wir nicht einmal erfahren, wie der Doc all seine Opfer anlockte), ist aber durchaus Teil des Konzepts, denn THE CURSE OF DOCTOR WOLFFENSTEIN wird ohne Zweifel niemals ungeschnitten in Deutschland veröffentlicht und auf diese Weise lassen sich später viele Szenen ohne ungelenke Cuts zensurgerecht entfernen.

Wünschenswert wäre gewesen noch mehr über die Motive des Doktors zu erfahren. Vor allem das seltsame Wesen, das er in einem Käfig hält, rief bei zahlreichen Gästen Fragezeichen hervor. Gerade weil man mit Mika Metz einen der besseren Schauspieler der Horrorszene in der Titelrolle hat, wäre manche erläuternde Szene denkbar gewesen.
Letztlich mag aber auch das Teil des Plans sein, den Film möglichst simpel zu halten. Das Wort Trash ist für Marc Rohnstock bekanntlich kein Schimpfwort und wie erwähnt funktionierte der Film bei der Premiere gut.

Mika Metz / Dr. Wolffenstein

Mika Metz / Dr. Wolffenstein

Nach dem Screening folgt ein Q&A, bei dem alle am Film beteiligten auf die Bühne gerufen werden und es wird wieder einmal deutlich, was man Zuhause auf der Couch leicht übersieht: selbst für einen „kleinen“ Film sind dutzende Menschen notwendig, die ihren Teil beitragen.

Bei der anschließenden Aftershowparty in einem benachbarten Rock-Club lässt man den Abend gemütlich ausklingen und von Anspannung ist inzwischen bei niemandem mehr etwas zu bemerken. Zum brutalen Besäufnis lädt die Location allerdings nicht eben ein. Selbst wenn man es wollte, sind unverschämte Wartezeiten für die Getränke ein Garant für Nüchternheit.
Das ist aber selbstverständlich nur eine Randbemerkung eines ansonsten gelungenen Abends.

Fazit: Wie THE CURSE OF DOCTOR WOLFFENSTEIN auf DVD funktioniert wird sich zeigen, es lässt sich aber festhalten, dass der Film so wie er vorgeführt wurde blutig, nackig, dreckig und (wenn man nicht zu hohe Ansprüche an den eigenen Humor hat) lustig ist…also wie erwartet.

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