Buch-Review: STILL von Zoran Drvenkar

still - Thrillandkill (Horrorfilme und Thriller)
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 5.5

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4.6/10 (40)

Land:
Genre:
Veröffentlichung: 1. September 2014 (Hörbuch)

STILL ist nicht nur seit längerem das erste Buch-Review, es ist auch das erste Hörbuch-Review überhaupt bei uns.
Grundsätzlich wäre das keine Erwähnung wert, denn ob man nun liest oder lesen lässt, es bleiben die gleichen Wörter und Sätze, da der Vorleser STROMBERG-Darsteller Christoph Maria Herbst ist, den man sonst automatisch der Comedy zuordnet, durfte man doch gespannt sein, wie er den dunklen Stoff vorträgt.

Story:
Seit Mika Stellars Tochter verschwunden war, ist nichts mehr wie früher. Seine Familie ist zerbrochen und der Lehrer hat eine neue Identität angenommen, um die Kidnapper zur Strecke zu bringen. Dazu wagt er einen gefährlichen Abstieg und schleust sich auf eigene Faust in den Kreis einer Gruppe Männer, die aus pädophilen Gewalttätern besteht.

Christoph Maria Herbst macht seine Sache ausgezeichnet. Zwar braucht es eine Weile, um zu vergessen wem man da zuhört, aber da die Geschichte völlig humorfrei ist, werden keine unnötigen Assoziationen zu Herbst sonstigem Tun geweckt.
Es schadet außerdem nicht, dass die Handlung stark beginnt.
Zwar hat man als Leser/Hörer immer den Eindruck, dass einem Informationen vorenthalten und zusammen mit neuen Fragezeichen nur Bröckchenweise hingeworfen werden, aber zum großen Teil zieht STILL genau daraus seine Spannung.

So wissen wir zu Beginn nicht einmal, wer dieser Mika Stellar ist, sind dann über seine Absichten im Unklaren und bekommen im Laufe der Story manche Wendung serviert. Seine Charakterzeichnung wirkt aber gelungen und auch die vier Männer, die er in einer Kneipe kennenlernt und die auf den ersten Blick nicht einmal unsympathisch wirken, könnten echt sein.
Zusätzlich erhält die Geschichte einen fast schon als unangenehm zu bezeichnenden Anstrich von Realität, als Mika Kontakt mit einem verurteilten Pädophilen aufnimmt und sich dessen „Karriere“ beschreiben lässt.

Erzählt wird aus Sicht von 3 unterschiedlichen Personen „Ich“ (Mika), „Du“ (ein 13jähriges Mädchen, das den Tätern entkommen konnte und lange Zeit stumm in einem Sanatorium sitzt) und „Sie“ (die Täter).
Da die drei Perspektiven lange nichts miteinander zu tun haben, die jeweiligen Handlungsstränge aber unterhaltsam sind und trotzdem weiter für Verwirrung sorgen, verzeiht man Autor Zoran Drvenkar, dass er erst spät die Karten auf den Tisch legt.

Allerdings stellt man dann auch fest, dass einige Karten gezinkt waren und zumindest ein Stück weit geblufft wurde.
Sicher, wir haben es immer noch mit einem Thriller zu tun, aber als ich die erste Hälfte des Hörbuchs im Auto hörte, blieb ich manchmal länger als nötig sitzen, um noch das Kapitel zu beenden. Während der zweiten Hälfte war STILL dann nicht mehr als ein Zeitvertreib.

Und das liegt daran (Achtung, es folgen SPOILER): Die nach außen hin unscheinbaren Familienväter machen gemeinsam Jagd auf Kinder.
Da taucht also das Thema Menschenjagd mal wieder auf und fast immer wenn eine vermeintlich elitäre Riege von langer Hand geplante Jagden organisiert, schwächelt das Thema in der Umsetzung.
Ein Pädophilenring ist traurige Realität. Ein Ring von Leuten, die seit Jahrzehnten in jedem Winter mehrere Kinder aus deren Elternhaus entführen, um ein Jagdspektakel abzuhalten, schlichtweg Quatsch.

Zwar wird eine brauchbare Vorgeschichte erzählt, am Ende ist aber vieles nicht stimmig. Die Jäger sind also machtvolle Männer, die mal eben bei ihrem einzigen entkommenen Opfer auftauchen und mit ein paar Drohungen dafür sorgen, dass diese jahrelang kein Wort mehr spricht? Freunde, wenn ihr so toll wärt, wäre die Kleine nie entwischt.
Sie wachen über ihre Nachahmer, die selbst strengste Geheimhaltung pflegen? Sie wissen alles über die Kopisten, bevor die überhaupt aktiv werden? Umgekehrt wissen die Machmacher vieles über die Originalgruppe, die doch sooooo geheim ist, dass niemand sie kennt?
Durch Schnee und Winter gejagte Kinder werden in Eislöchern zu erbitterten Widersachern?
SPOILERENDE

Eine echte Verschwendung von Talent. Drvenkar hat einen angenehmen und guten Schreibstil, erzählt aber eine durch und durch unlogische Geschichte, die zu allem Übel am Ende recht unbefriedigend ist.

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