Classic-Review: BLACK CHRISTMAS (1974)

Black Christmas
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Redaktion: 8.0

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7.9/10 (22)

Darsteller: Olivia Hussey, Keir Dullea, Margot Kidder
Regie: Bob Clark
Drehbuch: Roy Moore
Länge: 98 min
Land:
Genre:
Veröffentlichung: 1974
FSK: ab 16

Die Frage, die man sich bei BLACK CHRISTMAS stellen muss, ist: Ist der Film ein Klassiker? Das Alter hat er sicher (1974), seine Bedeutung (dazu gleich mehr) ist auch klar, aber hat er auch die Qualität?
Nach heutigen Gesichtspunkten muss man wohl festhalten, dass der Zahn der Zeit nicht an dem Werk vorbei ging und damit nicht zu allen aktuellen Sehgewohnheiten passen will. Andererseits finden sich noch immer zahlreiche unheimliche Szenen.

Dass jemand, der BLACK CHRSITMAS zum ersten Mal sieht, viele dieser Szenen zu kennen glaubt, liegt wohl an den zahllosen Filmen, die sich von ihm beeinflussen ließen. Doch obwohl BLACK CHRISTMAS, hierzulande auch als JESSIE – DIE TREPPE IN DEN TOD bekannt, für viele der Urvater aller Slasherfilme ist, verzichtet man auf Elemente, die später zum Standardrepertoire gehören.

Einer der Urväter des Slashers

Black Christmas slasher

Achtung Spoiler: Vermutlich wäre Regisseur Bob Clark von allen Kollegen, die je einen Slasherfilm abdrehten, für seinen Einfall, die schüchterne, sittsame Claire als erste zu töten, ausgelacht worden, aber damals gab es den Begriff Final Girl noch nicht und das hunderte Male bemühte Muster die Jungfrau am Leben zu lassen noch keine Pflichtübung. Dass ausgerechnet Jess, die plant, demnächst eine Abtreibung vornehmen zu lassen, bis zum Ende durchhält, wäre dementsprechend heute ebenfalls ungewöhnlich.

Was aber natürlich enthalten ist, ist eine Reihe von Morden an Collegestudentinnen. Während die Bewohner eines Verbindungshauses das Verschwinden ihrer Kommilitoninnen zunächst gar nicht bemerken, hat sich ein Verrückter auf dem Dachboden eingenistet, belästigt die Mädchen mit obszönen Anrufen und nutzt die ruhige Weihnachtszeit, um eine nach der anderen umzubringen.

Black Christmas

Wie viel an den Gerüchten dran ist, dass sich John Carpenter, der vier Jahre später HALLOWEEN drehte, ganz bewusst an der Ideentheke bediente, die BLACK CHRISTMAS ihm bot, ist schwer zu sagen, aber sagen wir mal, dass Carpenter sich wohl zumindest inspirieren ließ. Den Mörder in BLACK CHRISTMAS trägt zwar keine Maske, wir bekommen ihn aber nie vollständig zu Gesicht, wissen entsprechend nichts über ihn, beobachten aber einige seiner Schritte durch seine Augen. Michael Myers werden wir Jahre später ebenfalls in per Point-of-view seinen ersten Mord begehen sehen und auch über ihn und seine Beweggründe erfahren wir sehr wenig, nennt ihn Dr. Loomis doch einfach nur böse.
Aber auch viele andere Filme wie z.B. DAS GRAUEN KOMMT UM 10, der die Idee mit den Telefonanrufen aufgriff, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, von Bob Clarks Film abgeschaut zu haben.

Allerdings muss man sagen, dass es erst Carpenter war, der und sich die manchmal noch losen Enden zu einem schlüssigen Knoten band. So ganz zielgerichtet ist BLACK CHRISTMAS nämlich noch nicht und enthält neben Horroranteilen auch etwas Klamauk, viel Polizeiarbeit und wir erfahren Hintergründe über verschiedene Figuren, die mitunter wenig mit der Handlung zu tun haben.
Dass den Cops relativ viel Aufmerksamkeit zukommt, wäre an sich keine Katastrophe, zieht sich aber etwas…vor allem, wenn man als Zuschauer bereits weiß, dass der Killer im Wohnheim ist und lieber die Ereignisse dort verfolgen möchte.

Black Christmas thrillandkill.com

BLACK CHRISTMAS…aber bitte nur das Original

Dass ein Film die Grundsteine für ein ganzes Genre legt, dabei aber selbst nur wenig Aufmerksamkeit abbekommt, ist sicher ungewöhnlich und auch nicht ganz einfach nachzuvollziehen. Obwohl ihm seinerzeit an den Kassen ein mäßiger Erfolg beschert war, war BLACK CHRISTMAS vielleicht doch einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Vielleicht lag es nur daran, dass das Werk aus Kanada und nicht den USA stammt, vielleicht daran, dass der Titel einige Male geändert wurde. Womöglich war das breite Publikum damals noch nicht bereit für einen Streifen, der Genres überschritt und dabei auch gewaltig schockierte. Viel Blut fließt zwar nicht (auch diese Tradition setzte Carpenter fort), aber gerade die Telefonanrufe sind für Collegegirls und Zuschauer gleichermaßen verstörend.

Und dann ist da noch der Umstand, dass Weihnachtsfilme, meist nur zu Weihnachten interessant werden, was einer gewissen Ironie nicht entbehrt, denn auch wenn im Film alles feierlich geschmückt ist und klar ist, in welcher Jahreszeit wir uns befinden, spielt Weihnachten doch nur eine sehr untergeordnete Rolle .
Sei’s drum…heute ist klar, dass jeder Horrorfan BLACK CHRISTMAS einmal gesehen haben sollte.
Aber bitte das Original und nicht das mittelprächtige Remake von 2006….und vor allem nicht das lausige Quasi-Remake von 2019.

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One thought on “Classic-Review: BLACK CHRISTMAS (1974)

  1. Black Christmas ist ein wirklich schauriger Psycho -Thriller der 70er. Auf Video kam dieser Film mit dem Irreführenden Titel “ Jessy – Die Treppe in den Tod “ heraus. Nun ja, die verdeutschten Titel gab es damals zuhauf. Bob Clarke führte Regie , jener der auch für die High School klamotte “ Porkys “ verantwortlich war. Ich könnte schwören , das er seinen speziellen Humor zuvor in Black Christmas als Einstand gab. Sieht man sich einige Szenen mit den Polizisten an , dann weiß man wovon ich rede.
    Dastellerisch gibts nichts zu bemängeln. Olivia Hussey spielt glaubhaft souverän. Margot Kidder
    ist eine echte Nummer, da sie zumeist sturzbetrunken ist und sich in ihrer Wortwahl ein wenig verausgabt. Alle anderen spielen ebenfalls gut. Großes Highlight sind diese Obszönen Anrufe , wenn der Irre seine Stimme derart verstellt , das man meint er wäre wirklich verrückt. Die zum Teil blutigen Morde sind gut inszeniert. Nicht zu übertrieben, jedoch wirksam. Die winterliche Atmosphäre tut sein übriges. Mir gefiel Black Christmas, und so sollte Weihnachten ausklingen;-)
    silent Night , Deadly Night.

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