Interview mit Pollyanna McIntosh (THE WOMAN)

Pollyanna - Thrillandkill (Horrorfilme und Thriller)

 

Egal ob THE WOMAN den persönlichen Geschmack trifft oder nicht, man kann wohl kaum in Abrede stellen, dass die dort gezeigte schauspielerische Leistung erste Sahne ist.
Das liegt an Angela Bettis, Sean Bridgers aber vor allem auch an Pollyanna McIntosh, die uns in diesem Jahr auch in EXAM und BURKE & HARE gefiel.
Zum DVD-Start von THE WOMAN stand uns die gebürtige Schottin Rede und Antwort und zeigte sich als intelligente Gesprächspartnerin, die die großen Klassiker des Genres zu schätzen weiß.

Thrill&Kill: Pollyanna, du bist THE WOMAN in Lucky McKees gleichnamigen Film. Wie kannst du die Rolle jemandem beschrieben, der noch nicht von dem Film gehört hat?
Pollyanna: THE WOMAN ist eine verwilderte Frau, unbefleckt von den Konzepten einer modernen Gesellschaft was Feminität und Anstand angeht. Sie ist ein Jäger und wurde von einer großen Familie erzogen, die aber nicht mehr bei ihr ist. Am Anfang des Films ist sie verletzt und gewissermaßen verletzlich, aber sie ist eine starke Kreatur und ein Kämpfertyp…

T&K: Du hast auch in dem Vorgänger BEUTEGIER mitgespielt. Im ersten Teil warst du eine der jagenden Kannibalen, diesmal wirst du selbst von Jägern gefangengenommen und eingesperrt. Du spielst die gleiche Person in zwei unterschiedlichen Situationen. Hast du dich unterschiedlich vorbereitet oder einfach da weitergemacht wo BEUTEGIER endete?

Pollyanna: Ich ging zurück auf einige meiner früheren Vorbereitungsmethoden vor BEUTEGIER (Tierbeobachtung, Workout, Haare wachsen lassen) und hatte glücklicherweise den Charakter tief genug in meinen Knochen, aber ich habe auch unsere alten Mythen erforscht, die auf die frühen Menschen zurückgehen und wie und warum Mythen über das Jagen und Tiere entstanden. Das Buch war A SHORT HISTORY OF MYTH von Karen Armstrong und es war faszinierend! Es gab mir viel wovon ich zehren konnte, was meine innere Welt angeht und mein Urteil der Familie, besonders Cleek, wurde dadurch ebenfalls teilweise fundiert.
Ich schulde auch Sitting Bull dank, für seine aufsässige Haltung und seinen direkten Draht zur Erde.

T&K: Wir hörten von Leuten die während einer Vorführung durchdrehten und den Film frauenfeindlich nannten. Was denkst du darüber (vor allem als Frau)?
Pollyanna: Es war nur ein Typ, der etwas durchdrehte auf dem Sundance Film Festival und viele weibliche Stimmen im Publikum fragten: “Bist du deine Frau? Du repräsentierst mich nicht, also sei bitte still und lass den Filmemacher seine Fragen beantworten!“
Um ehrlich zu sein, normalerweise schaue ich keine Horrorfilme, da ich mit Gewalt und Gore nicht gut umgehen kann, besonders wo Frauen in einer überflüssigen Weise untergebracht werden, wie es im modernen Popcorn-Horror vorkommt. Aber THE WOMAN ist eine ganz andere Erfahrung. Man wird sich manchmal etwas schlecht fühlen, aber das soll auch so sein! Das ist ein echter Horror: der Horror von Frauenfeindlichkeit, Missbrauch und Entmenschlichung der „anderen“.
Luckys Respekt gegenüber des Publikums ist spürbar und ich hörte von vielen Vorführungen, inklusive Leuten, die sich nicht als Horror-Fans bezeichnen, wieviel die Leute aus dem Film ziehen.
Die Gewalt ist sehr clever und kreativ dargestellt in THE WOMAN. Es gibt herzbrechend traurige Momente, Schocks und andere Male auf dunkle Weise Spannung, wenn das Publikum sich auf die Seite des Opfers schlägt, das den Spieß umdreht. Wir reden über einen Filmemacher, der alles nutzt was er hat, um den Geist des Publikums zu erreichen und eine menschliche Geschichte zu erzählen – und nicht nur ein paar „großartige Morde“ zu liefern.
Ich bin eine standhafte Feministin und glaube daher an die Gleichheit der Geschlechter. Ich denke das ist, wo THE WOMAN herkommt und es gefällt mir.

T&K: Denkst du THE WOMAN ist etwas realistisch oder nur ein übertriebener Horrorfilm?
Pollyanna: Das ist eine knifflige Frage. Ich denke, die abgedeckten Themen, wenn man sich auf sie einlassen will, sind sehr realistisch, ja. Ich denke, die Struktur innerhalb der Familie ist ebenfalls realistisch.
Während ich versuche die Frage zu beantworten, merke ich, dass die Frage auf Realismus hinweist.
Guter, fantastischer Horror: Schlecht.
Wenn es nicht realistisch ist, bedeutet das, dass es ein „übertriebener Horrorfilm“ ist…und ist ein „übertriebener Horrorfilm“ immer etwas seichtes, das man nicht ernst nimmt?
DER ZAUBERER VON OZ kann als ein Kindermusical voller verrückter Charaktere gesehen werden oder als ein Horror-Gleichnis für das Erwachsenwerden. Ob es also realistisch ist oder nicht, hängt davon ab von welchem Winkel man das alles betrachten will. Ist ROSEMARY’S BABY absolut realistisch? Oder THE SHINING?
Als ein sich entwickelnder Horror-Fan frustriert mich die Vorgabe, dass Horror nicht so künstlerisch und wertvoll sein kann wie das Erzählen einer Geschichte.

T&K: Was gehört zu den Besonderheiten, die während des Drehs vorgefallen sind?
Pollyanna: Für mich waren es die neuen Beziehungen die ich begonnen habe und die sich dauerhaft anfühlen. Mit Angela Bettis, Sean Bridgers und mit Lucky.

T&K: Nachdem du zwei Filme lang ein Kannibale warst, isst du immer noch Fleisch?
Pollyanna: Haha, Ich habe kein rohes Fleisch gegessen, seit ich neun war. Ich habe darüber
nachgedacht etwas davon zu versuchen, bevor ich in die Rolle schlüpfte, aber ich habe
beschlossen, dass ich soweit nicht gehen muss.

T&K: Wir haben vor einiger Zeit auch Lucky McKee interviewt. Was kannst du über ihn sagen und wie unterschied sich der Dreh mit ihm von dem mit Andrew van den Houten, der bei BEUTEGIER
Regie führte.

Pollyanna: Lucky und ich hatten viel mehr Zeit zusammen zu arbeiten bevor wir den Dreh begannen. Da wir in verschiedenen Ländern waren, tauschten wir Notizen über alles mögliche über Telefon und Email aus. Ich war beim Dreh von BURKE & HARE in London mit John Landis und Lucky war in Oklahoma, wo er lebt. Aber Andrew hat schon vor BEUTEGIER mit mir gearbeitet (in HEADSPACE), also hatten wir einen guten Draht zueinander.
Ich arbeitete hier immer noch mit Andrew, da Andrew als Produzent fungierte und wir jetzt alte Freunde sind. Daher war ich froh zu sehen, wie glücklich Lucky darüber war, dass Andrew ihm viele Freiheiten ließ. Wir drei haben uns immer wieder zum Lachen gebracht, als wir verschiedene Festivals bereisten. Lucky und ich mögen es Andrew mit meinen Hüten zu verkleiden und dann zuzusehen, wie er sich in einen völlig neuen lustigen Charakter verwandelt. Wir haben alle drei schon einmal geschauspielert, daher mögen wir es zu spielen.
Lucky ist ein Gentleman und ein Wissenschaftler. Er ist ein begeisterter Film-Fan und ein großes Kind und er liebt Frauen, also ist es ein großes Vergnügen mit ihm zu arbeiten.

T&K: Du hast schon in einigen Horrorfilmen gespielt. Bist du selbst ein Fan?
Pollyanna: Ich bin dabei mehr über Horror zu lernen. Ich dachte dass das Thema dumm und irrelevant für mich sei, außerdem zu unheimlich. Jetzt erkenne ich, dass einige meiner liebsten Filme, die mich am meisten beeinflussten Horrorfilme waren. ROSEMARY’S BABY, THE SHINING. Das sind Filme deren Regisseure ich anbete. Besonders ROSEMARY’S BABY, da ich mich beim Sehen sehr mit Rosemarys Charakter verbunden fühlte. Ich denke jede Frau versteht wie sie sich fühlte, ignoriert und als hysterisch und schwach bezeichnet während man mit ihr spricht wie mit einem Kind. Welch ein innovativer Weg die Angst und Isolation zu nutzen und Mia Farrow war darin makellos. Ich liebe auch den Stil. Ich war 12 als ich den Film sah und er blies mich weg.
Ich sah versehentlich DAS OMEN als ich 6 war. Wow! Ich habe es seitdem nicht wieder gesehen, aber ich erinnere mich an fast jede Szene. Alles wo Gregory Peck mitspielt hat meine Stimme, aber was mich wirklich berührte und ängstigte war die Zerrissenheit der Eltern über das was ihr Kind ist.
Ich liebte es! Ich denke diese beiden sind gute Beispiele, was guten Horror für mich ausmacht.
Ich las die INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR – Comics als ich in der Schule war und liebte sie, daher war auch dieser Filme aufregend für mich. Ich denke Charakter und Geschichte und Menschlichkeit interessiert mich und wenn ein Film, egal welches Genre, das bietet und mich zum Nachdenken und Mitfühlen bringt, bin ich ein Fan.

T&K: Weißt du schon, was dein nächstes Projekt sein wird?
Pollyanna: Ich drehe gerade LOVE ETERNAL, Drehbuch und Regie kommen von Brendan Muldowney, der auch SAVAGE drehte. Mein Charakter versucht im Angesicht einer Tragödie optimistisch zu sein und ich geniesse wirklich sie zu spielen. Der Holländer Robert De Hoog (SKIN / WAR HORSE) spielt das Gegenteil von mir und die Crew ist fantastisch. Ich habe einen Film namens OBSESSION, der demnächst erscheint oder womöglich kommen CARLOS SPILLS THE BEANS oder FAMOUS JOE noch vorher. Das sind drei Indies, die ich diesen Sommer in LA drehte und ich bin stolz auf jeden von ihnen.

T&K: Danke für das Interview!

 

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