Lucky McKee ist auf einem guten Weg. Der 35-jährige Regisseur kann nicht nur mit MAY ein ungewöhnliches und oft gelobtes Horrordrama in seinem Lebenslauf verbuchen, sondern avancierte in den letzten Jahren zu einer Art Haus- und Hof-Regisseur von Jack Ketchum und brachte mit diesem zuletzt THE WOMAN hervor. Ebenfalls ein Film, der die gewohnten Genrezwänge durch ungewöhnliche Ideen und Kreativität etwas dehnt und frischer Wind bekommt der Szene sicher gut.
Wir schnappten uns Lucky und haben ihn zu Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft befragt.
Mick: Das erste was ich über THE WOMAN gehört habe, war, dass während einer Aufführung auf dem Sundance Film Festival Leute herumschrien, hinfielen und die Vorstellung verliessen. Kannst du uns mehr darüber berichten?
Lucky: Ich habe so oft über diesen Zwischenfall gesprochen. Es war eine wilde Erfahrung. Ich habe mir mehr Sorgen gemacht um das Mädchen, das ohnmächtig wurde und so hart hinfiel. Es geschah genau hinter mir und hörte sich sehr schlimm an. Ich will Leute ängstigen, aber sie nicht verletzen.
Mick: Schätzt du die kostenlose PR oder ist das etwas, was dir gar nicht gefällt?
Lucky: Zurückschauend, schätze ich die kostenlose PR. Der Typ verkaufte eine Menge Tickets für uns. Im Moment als es geschah, wollte ich mich in mir selbst verkriechen. Es war das erste Mal, dass der Film öffentlich gezeigt wurde und die Reaktion des Kerls bestätigte meine Angst, dass Leute meine Absichten mit dem Film missinterpretieren würden.
Mick: Du hast das Drehbuch mit Jack Ketchum geschrieben, der auch den Roman zum Film schrieb und natürlich die beiden Vorgänger BEUTEZEIT und BEUTEGIER. Wer hatte die Idee zu einer dritten Geschichte über die Kannibalen und was wurde zuerst gemacht? Drehbuch oder Roman?
Lucky: Ich übermittelte [Produzent] Andrew van den Houten und Ketchum meine Idee, wie wir an das Material herangehen sollten und sie liebten sie. Ketchum und ich entschieden, das Drehbuch und den Roman zusammen zu schreiben. Ich habe den Großteil des Drehbuchs übernommen und er den Großteil des Romans. Wir haben das Drehbuch zuerst ausgearbeitet, dann den Roman und gingen dann kurz vor der Produktion zurück zum Drehbuch.
Mick: Wir werden in Kürze auch ein Interview mit Pollyanna McIntosh haben. Sie spielt die kannibalische Frau in dem Film und ich denke sie erledigt einen tollen Job. Sie tauchte schon in der Filmversion von BEUTEGIER auf. Wie wurde entschieden sie zurückzuholen?
Was kannst du über sie sagen?
Lucky: Sie ist entzückend. Ich hätte die Geschichte nicht fortsetzen wollen, wenn es den wunderbaren Charakter nicht gegeben hätte, den sie in BEUTEGIER aufbaute. Sie war die Muse für dieses Projekt und liefert eine wuchtige Vorstellung. Ich bin sehr stolz auf sie und kann nicht abwarten, wieder mit ihr zu arbeiten. Vielleicht lasse ich sie das nächste Mal ihre Zähne putzen…
Mick: Es gibt zwei Dinge in THE WOMAN, die auffallen. Erstens hat der Film einen unerwartetetn Sinn für schwarzen Humor, zweitens scheint der Soundtrack zunächst unpassend, macht aber doch Sinn.
Welche Absichten stecken hinter diesen Faktoren?
Lucky: Ich denke der Humor kommt von der absurden Natur der Geschichte und deren Charakteren. Die Ereignisse passieren nicht in der typischen Reihenfolge in diesem Film. Niemand reagiert auf Dinge zur rechten Zeit und es macht das Publikum verrückt. Die Musik ist der Aspekt auf den ich am meisten stolz bin. Ich denke es gibt der Story sehr viel und fügt auch viel dieser seltsamen Färbung hinzu von der du sprichst. Sean Spillane ist wirklich sehr talentiert und seine Musik befördert den Film an einen besonderen Platz.
Mick: THE WOMAN ist nicht dein erster Film, der auf einem Jack Ketchum Buch basiert. Du hast auch RED / BLUTROT verfilmt. Bist du ein Fan seiner Werke?
Lucky: Absolut. Ich habe auch THE LOST produziert, der von meinem Kumpel Chris Sivertson gedreht wurde. Ich denke EVIL ist sein stärkster Roman. Eine brutale und schöne Geschichte.
Mick: Angela Bettis spielt auch in THE WOMAN mit. Auch hier ist es nicht das erste Mal, dass ihr zusammenarbeitet. Sie spielte die Hauptrolle in MAY und ich glaube ihre Stimme erschien in THE WOODS. Was macht sie zu etwas Besonderem?
Lucky: Sie ist Angela.
Mick: Ich habe neulich MAY wieder einmal gesehen, kurz nachdem ich herausgefunden hatte, dass du mit Jack Ketchum arbeitest. Ich denke, dass ihr sehr gut zusammenpasst. So wie in einigen seiner Bücher (wie EVIL, THE LOST oder BLUTROT) zeigt MAY sehr schön wie sich Gewalt und Wahnsinn entwickeln. War das etwas, was du damit zeigen wolltest?
Lucky: Ich fühlte mich sehr einsam zu der Zeit als ich MAY schrieb. Ich wollte diese Gefühle auf eine märchenhafte Weise analyisieren. Der Film heilte eine Menge meiner Schmerzen.
Mick: Du bist einer jener Regisseure, die ohne viele Ausnahmen Horror hervorbringen, also nehme ich an, du bist ein Fan des Genres. Woher kommt die Liebe zum Horror? Und was sind deine Lieblingsfilme (die nicht von Lucky McKee gedreht wurden)?
Lucky: Ich liebe Horror, aber ich nehme auch von vielen anderen Genres. Es gibt romantische Komik in vielen meiner Filme, geradliniges Drama, schrullige Komödien, Action… alles Mögliche.
Lieblingsfilme? Das ist hart. Es gibt so viele. Heute nehme ich PEEPING TOM – AUGEN DER ANGST, SLING BLADE und BABY FACE.
Mick: Weißt du schon, was dein nächstes Projekt sein wird?
Lucky: Ich verfilme eine Ketchum Geschichte namens THE PASSENGER. Es ist ein Film Noir, erzählt in einem modernen Kontext.
Mick: Danke für das Interview!
If you prefer reading this interview in English, just follow this link.