Interview mit Moritz Mohr (BOY KILLS WORLD)

Interview mit Moritz Mohr

Moritz Mohr ist ein deutscher Regisseur, dessen erster Spielfilm BOY KILLS WORLD mit Bill Skarsgård dieser Tage fürs Heimkino erscheint.

Der ein oder andere wird Moritz noch für die Webserie VIVA BERLIN! kennen, die aber leider recht unbekannt blieb. Wir haben uns mit Moritz getroffen, über seinen Film gesprochen, nachgehakt, wie er den Sprung nach Hollywood schaffte und erfahren, dass nach dem Film vor dem Film ist…und das ist vielleicht auch für den ein oder anderen jungen Filmemacher von Interesse.

 

Thrill & Kill:

Moritz, wir haben uns vor über 10 Jahren mal auf einer Convention kennengelernt, als du VIVA BERLIN! beworben hast. Das fand ich damals ein cooles Projekt (heute kostenlos zu sehen auf YouTube).
Aber seitdem habe ich dich aus den Augen verloren. Was hast du in der Zwischenzeit gemacht?

Moritz Mohr:

Wir haben damals versucht einen VIVA BERLIN! Spielfilm zu machen.
Erst in Deutschland, dann mit internationalen Partnern. Das hat beides leider nicht geklappt, Aber es hat mir ein bisschen die Tür in die USA geöffnet: Ein paar Kontakte und ein paar Leute, mit denen ich reden konnte.
Bei VIVA VERLIN! haben wir aber nach langer Zeit dann gesagt: Okay, das war es jetzt!” Wir haben so viel Zeit reingeballert und das führt zu nichts.

Danach habe ich ein paar andere Sachen probiert. Ich habe zwei Proof-of-Concept-Trailer gedreht und ein Drehbuch geschrieben. Das hat mich immer ein kleines Stück weiter gebracht. Ein paar neue Kontakte, das Netzwerk erweitert.
2016 haben wir den Proof of Concept Trailer zu BOY KILLS WORLD gedreht. Und mit dem ging es dann nochmal einen Schritt weiter.

viva berlin!

Thrill & Kill:
Da muss ich mal einhaken. Denn mir war aufgefallen, dass es scheinbar einen gleichnamigen Kurzfilm zu BOY KILLS WORLD gibt. Das ist wahrscheinlich dieser Trailer, den du meinst, den du auch mit dem Arend Remmers (SCHNEEFLÖCKCHEN) zusammen geschrieben hast.

Moritz Mohr:
Genau. Es waren ziemlich die gleichen Leute, die da mitgemacht haben. Natürlich Arend und unser Kampfchoreograph, Dawid Szatarski, war auch schon dabei. Er hat die Kämpfe inszeniert und die Hauptrolle gespielt.
Das haben wir hier in Berlin gemacht, bei mir um die Ecke. Zwei Kilometer die Straße hoch.
Das war ein bisschen ein Befreiungsschlag. Man macht neben seinem Tagesjob, etwas das man selbst auch cool findet.

Thrill & Kill:
Du sagtest es schon, du hast mit VIVA BERLIN! und den Trailern ein Bein nach Hollywood bekommen. Aber jetzt ist BOY KILLS WORLD ein relativ großer Film geworden. Wartet denn Hollywood auf einen deutschen Regisseur, der, ich sag’s mal ganz böse, zehn Jahre nichts gemacht hat?
Wie kommt man da jetzt rein nach Hollywood?

Moritz Mohr:
Ich hatte nicht so viel vorzuzeigen, außer diesen Trailer eben. Niemand, also die Wenigsten, haben sich VIVA BERLIN! Angeguckt oder die Werbefilme die ich zwischenzeitlich gemacht habe.
Hollywood wartet auf niemanden. Sie suchen tatsächlich auf der ganzen Welt nach interessanten Stoffen und Filmemachern. Und manchmal werden dann daraus tatsächlich Filme.

Ich hatte wirklich auf gut Glück den Trailer eingepackt und bin nach L.A. geflogen. Total klischee-mäßig. Ich habe bei einem Freund auf der Couch geschlafen. Dann hatte ich so drei Meetings und dachte, okay, mal gucken, was jetzt passiert.
Und aus diesen drei Meetings wurden innerhalb von zwei Wochen 40 Meetings.  Das ging so ein bisschen ”mini-viral”.

Die Leute haben sich das in Hollywood untereinander geschickt. Ich habe mit sehr vielen Leuten gesprochen, die erst mal interessiert waren. Aber ich hatte den Film schon nach drei Tagen in feste Hände gegeben, was dann eben Sam Raimi und Roy Lee (die Produzenten – Anm. des Verfassers) waren.

Thrill & Kill:
Letzten Endes klingt das, wie du sagst, klischeehaft und auch sehr einfach. Das würde man jetzt nicht unbedingt erwarten.

Moritz Mohr:
Ja, ja. Ich weiß gar nicht, von wem das Zitat ist, aber ich habe es neulich wieder gehört und ich finde es sehr passend:
„Ich habe zehn Jahre lang dafür gearbeitet, ein Overnight-Success zu sein.”
Man hat sich zehn Jahre lang den Arsch aufgerissen, hat ein paar Kontakte hier, ein paar Kontakte da. Immer wieder Rückschläge und Absagen.  Dann klleine Erfolge, wie ein gutes Meeting oder ein neuer Kontakt. Und irgendwann ging es dann den entscheidenden Schritt weiter.

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Thrill & Kill:
Kommen wir mal zum Film selbst. Was war denn so die Inspiration gewesen? Ich habe da irgendwie ganz vieles entdeckt, was man vom Gefühl schon mal irgendwo gesehen hat und trotzdem ist das Ganze ja ein wahnsinniger Trip.

Moritz Mohr:
Die ursprüngliche Inspiration waren Rache-Filme und alte Martial-Arts-Filme. Die Idee mit dem Schamanen, der den jungen Schüler trainiert, der sich dann aufmacht, um seinen Eltern zu rächen, das ist die Basis von allem gewesen. Und das ist ja ein klassischer Kung-Fu-Film-Plot aus den 70ern und 80ern.

JOHN WICK hat gezeigt, das ein “kleiner” Action-Film, mit kreativer und cooler Action erfolgreich sein kann. Da Arend, Dawe und ich eher lustige Filme mögen und da Dawe’s erste Testchoreographie schon sehr lustig war, haben wir uns dazu entschlossen eine Comedy zu machen.  Auch die Idee mit dem Voice Over spielte da mit rein: Junger Kerl mit alter Stimme. Das fanden wir lustig und entspricht genau unserem Humor.

Thrill & Kill:
Ich finde, man merkt tatsächlich auch, dass da viel drin steckt, was ein persönlicher Einfluss ist. Filme, die wahrscheinlich du oder die anderen Autoren auch einfach cool finden und da aber was Eigenes draus machen.
Jetzt hast du gerade schon John Wick erwähnt. Bill Skarsgård ist momentan dick im Geschäft und war in JOHN WICK 4 zu sehen.
Jetzt kam auch noch relativ zeitnah, ob das gewollt ist oder Zufall ist, THE CROW in die Kinos, was ebenfalls ein Rachefilm ist.
Das war vermutlich schon ein Thema als ihr gedreht habt oder….

Moritz Mohr:
Ganz haarscharf nicht. Ich habe es mitten im Dreh erfahren. Er hat tatsächlich sein Casting-Video für THE CROW in Südafrika (Drehort für BOY KILLS WORLD – Anm. d. Verfassers) aufgenommen.

Wir waren schon in der Vorproduktion, haben aber noch nicht gedreht. Das ist auch gar kein Problem. Ich fand es eher spannend und lustig. Bill hat da nicht groß drüber geredet.

Thrill & Kill:
War das Thema Rache dann irgendwie „belegt“? Wir kennen alle den alten THE CROW und der ist natürlich ein großer Rachefilm. Hat man dann gesagt, okay, jetzt müssen wir das in BOY KILLS WORLD noch mal anders machen?

Vielleicht noch lustiger sein, um uns von THE CROW abzusetzen. Sonst hat Bill zwei Filme, die relativ zeitgleich erscheinen werden, die in eine ähnliche Richtung gehen und er ist der ewige Rächer, wie es Charles Bronson früher war.

Moritz Mohr:
Das hat er sich ja in dem Moment selber ausgesucht. Den einen Film hat er schon gedreht, und den nächsten hat er währenddessen angenommen. Das kommt von ihm aus.
Uns hat das gar nicht beeinflusst.

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Thrill & Kill:
BOY KILLS WORLD wirkt, als hättet ihr vieles im Studio gedreht. Auch die Außenszenen, wie der Dschungel, sieht studiomäßig aus. Ohne das negativ zu meinen, aber es wirkt so immer sehr kompakt und alles nah beieinander. Du hast wenig weite Szenen, sondern vieles, was dich zusammenhält.

Moritz Mohr:
Ja, das ist weitestgehend dem Budget geschuldet. Je größer deine Szenen werden, umso mehr Lichter brauchst du, um sie auszuleuchten. Wir haben sehr viel Geld in Ausstattung gesteckt, aber es konnte einfach nicht so groß sein.
Aber alle Szenen die im Dschungel spielen, wurden tatsächlich draußen gedreht. Selbst der Dschungel bei Nacht, am Anfang des Films, der ein bißchen nach Studio aussieht.

Bis auf 1-2 Szenen sind die meisten Innen-Szenen tatsächlich im Studio gedreht. Und wenn ich  Studio sage, dann meine ich das Goodhope Center in Kapstadt. Das ist eigentlich eine Eventlocaction aus den 70ern. Wir haben es als Studio genutzt, aber eigentlich ist es das nicht. Die Studios waren gerade von One Piece Netflix Serie besetzt.

Thrill & Kill:
Gibt es so eine Sache, wo du sagst: damit habe ich nicht gerechnet? Also ich hätte nie erwartet, wenn ich jetzt einen Film drehe, mit recht prominenten Leuten und einem relativ stattlichen Budget, dass das so läuft. Ob positiv oder negativ.

Moritz Mohr:
Die ganze Produktion war natürlich riesengroß und überwältigend, aber es fühlte sich immer ein bisschen nach Independent Film an. Trotz der Stars und großen Produzenten. Man musste auch immer wieder Kompromisse machen und alternative Lösungen finden, weil das Budget oder Zeit knapp wurde. Ich glaube, das ist auch bis zu einem gewissen Grad gut so, denn das zwingt einen dazu kreativ zu bleiben und Szenen noch mal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Ich glaube das war die größte Überraschung für mich: Das es auch bei einem Film in dieser Größe noch möglich ist, diese Einstellung beizubehalten.

Thrill & Kill:
Was machst du als nächstes? Hast du schon Pläne? Gibt es was Konkretes?

Moritz Mohr:
Ich will auf jeden Fall in der Action-Richtung bleiben. Die große Hollywood-Frage ist immer, wird das Projekt überhaupt gemacht?
Das ist ein ständiges Spiel. Ich dachte schon ein paar Mal, das ist cool, das will ich machen, aber dann kam das Projekt nicht zustande.
Man lernt viel über seine Erwartungshaltung und seine Hoffnungen.

Ich bin jetzt schon einen großen Schritt weiter, aber manchmal ist es wieder ein bisschen so, als würde man als Nobody anfangen und so einen kleinen Film haben wollen. Ja, kann der das denn überhaupt schon?

Es ist auf jeden Fall super aufregend und ich hoffe, dass ich in naher Zukunft tatsächlich diese Frage konkreter beantworten kann. Gerade bin ich dann noch ein bisschen vorsichtig. Es gibt auf jeden Fall ein paar coole Projekte, an denen ich dran bin.

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