Bill Skarsgård ist dick im Geschäft. Dieses Jahr erscheinen THE CROW und NOSFERATU. Da kann ein Film wie BOY KILLS WORLD schon fast untergehen, obwohl der ebenfalls ordentlich Rabatz macht.
Wovon handelt BOY KILLS WORLD?
In einer dystopischen Zukunft regiert die Familie Van De Koy mit eiserner Hand. Einmal jährlich werden Regierungsgegner hingerichtet und so erging es auch den Angehörigen unseres Helden, der im Film schlicht Boy heißt. Der taubstumme Junge überlebte das Massaker und wurde im Dschungel von einem Schamanen zu einer unbarmherzigen Tötungsmaschine ausgebildet, die nun auf Rache sinnt.
Skarsgård steht nicht nur in Hinblick auf seine Karriere voll im Saft, in BOY KILLS WORLD dürfte sein Körperfettanteil im niedrigen einstelligen Bereich liegen. Kein Wunder, denn sein Ziehvater fordert seiner Figur einiges ab und unter der Erde liegend, nur durch ein dünnes Röhrchen zu atmen, ist dabei nicht das unangenehmste.
Die jährliche Säuberungsaktion erinnert natürlich entfernt an THE PURGE, die Kampfausbildung des Kindes durch den asiatischen Mentor vielleicht an KARATE KID und etwas WER IST HANNA? ist ebenfalls enthalten. Die maßlose Action wird allerdings auch Fans von JOHN WICK abholen bzw. vielleicht eher Menschen, die den weniger bekannten, aber humorvolleren GUNPOWDER MILKSHAKE schätzen.
Mit niedrigem Körperfett für hohen Bodycount sorgen
Auch BOY KILLS WORLD zieht die Humorkarte und nimmt sich zu keiner Sekunde ernst. Das ist im Gesamtkontext auch gut, denn egal wie fit Boy auch sein mag, dass er den Schüssen mehrerer Gegner mit automatischen Waffen ausweicht bzw. diese derart schlechte Schützen sind, ist auch für einen Actionfilm am Rande des Glaubhaften.
Allerdings gibt dir der Streifen nie das Gefühl, dass man sich an Glaubwürdigkeit klammern muss, denn er macht aus seinen Videospielanleihen keinen Hehl. Nicht nur ist die Stimme von Boy, die markig aus dem Off die Ereignisse kommentiert, nach eigener Aussage aus einem Automatengame entliehen, das er früher mit seiner getöteten Schwester zockte, er bezeichnet sich auch immer wieder als Spieler 1.
Diese Schwester, namens Mina, ist übrigens auch immer wieder zu sehen und das nicht nur als Flashback, sondern auch als Teil Boys Fantasie.
Man merkt es vielleicht dem Text schon an, BOY KILLS WORLD geht mit dem Motto „viel hilft viel“ ans Werk und während sich gerade in der ersten Hälfte zahlreiche gute Einfälle finden, wirkt das Ergebnis manchmal auch überladen.
Spätestens wenn gegen Ende hin Boy in einer Fernsehstudio-artigen Schneekulisse gegen einen Piraten kämpft, fragt man sich, was die Drehbuchautoren so konsumieren.
Viel Tempo hilft gegen das Denken
Apropos Studio: der Film verfügt über nur wenige Außenszenen bzw. selbst Szenen die womöglich draußen entstanden, offenbaren wenig Weite und wirken daher wie eine Studioaufnahme. In gewisser Weise passt das gut zum Gesamtergebnis eines kompakten Werkes, das sich nicht die Mühe macht aus dem Fenster zu sehen. Denn BOY KILLS WORLD zeigt nicht nur optisch viel Boy, viel Kills und wenig World, sondern macht den Eindruck auf einem dünnen Drehbuch zu basieren, das wirklich auf das Nötigste reduziert wurde.
Das Nötigste ist dabei Action, Rache, Gewalt, Spaß…relativ unnötig ist eine runde, geschweige denn originelle Geschichte.
Das wundert eigentlich, denn am Drehbuch beteiligt war u.a. Arend Remmers, von dem der einfallsreiche SCHNEEFLÖCKCHEN kam. In BOY KILLS WORLD finden sich zwar einige kreative Details, meist aber in der Action und nicht in der Story.
Und manche Punkte gehen fast vergessen. Dass Boy taubstumm ist, bleibt beispielsweise eine Randbemerkung, denn er liest Lippen wie andere Untertitel und scheint auch im Kampf ohne Gehör nicht benachteiligt. Zu sprechen gibt es in einem solchen Film aber ohnehin nicht viel und wir Zuschauer werden durch seine Off-Stimme versorgt.
Dass BOY KILLS WORLD dadurch oberflächlich bleibt, kann man daher kritisieren, muss es aber nicht, denn eine Achterbahn fragst du auch nicht nach ihrem Lebenslauf. Da das Tempo die meiste Zeit oben bleibt, fallen kleinere Schwächen nicht auf. Das ist auch bei den Kämpfen selbst so, die rasant daherkommen, aber durch häufiges Wechseln der Kameraachse mitunter verwirren. Ob das stört oder noch mehr Power gibt, entscheidet du selbst.
Regisseur des Films ist Moritz Mohr, ein Deutscher, der in den frühen 2010er Jahren durch die Zombie-Webserie VIVA BERLIN! positiv auffiel, dann aber verschwand. Dass er als deutscher Debütant einen größeren internationalen Film mit bekannten Namen (neben Bill Skarsgård sehen wir Famke Janssen (96 HOURS), Andrew Koji (BULLET TRAIN) oder Yayan Ruhian (THE RAID)) drehen darf, der dann auch noch von Sam Raimi produziert wird, ist daher sicher nicht an der Tagesordnung, schon gar nicht nach der Auszeit.
Fazit zu BOY KILLS WORLD
BOY KILLS WORLD hat seine Schwächen, kann diese aber mit viel Action kaschieren. Für den Olymp der neuen Actiongeneration reicht das nicht, aber unterhaltsam ist der Film, auch dank eines hohen Gewaltfaktors, allemal.
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