Review: DER NACHTMAHR (2015)

der nachtmahr - Thrillandkill (Horrorfilme und Thriller)
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 9.0

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9.2/10 (13)

Darsteller: Carolyn Genzkow, Sina Tkotsch, Wilson Gonzalez
Regie: Achim Bornhak / Akiz
Drehbuch: Achim Bornhak / Akiz
Länge: 88 min
Land:
Genre: , , ,
Veröffentlichung: 27. Oktober 2016 (Heimkino)
Verleih/ Vertrieb: Koch Media
FSK: ab 12

Wie hätte E.T. ausgesehen, wenn er nicht bei Elliot in Kalifornien, sondern einer Berliner Teenagerin gestrandet wäre? Und der Regisseur nicht Spielberg, sondern ein bekennender Fan von David Lynch wäre? Definitiv anders….nämlich so wie DER NACHTMAHR.

Bevor hier aber falsche Erwartungen geweckt werden, erwartet am besten gar nichts und rechnet mit allem, denn DER NACHTMAHR kümmert sich nicht um Genres oder Zielpublikum, sondern macht einfach sein Ding.
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Worum geht es in DER NACHTMAHR?
Tina ist auf den ersten Blick ein normaler Teenager. Sie geht mit ihren Freunden auf Partys, hat ein unordentliches Zimmer und ist in Adam verliebt. Aber sie ist auch in psychologischer Behandlung und meint immer öfters ein koboldhaftes Monster zu sehen, das in ihrem Haus lebt.
Mit der Zeit beginnt sie zu verstehen, dass das Wesen ihr nichts Böses will, sondern fühlt was sie fühlt.

Bis diese eigentliche Handlung aufgegriffen wird, hat es Regisseur Achim Bornhak (Künstlername AKIZ) schon geschafft, seine Zuschauer darauf vorzubereiten, dass sie sich auf eine Welt einstellen müssen, die nicht linear ausgerollt wird und die eine traumartige Präsenz hat.
Das wird etwa in den ersten Minuten deutlich, wo ein Partygast Tina ein verstörendes Video zeigt, auf dem eine junge Frau von einem Auto überfahren wird, sich kurz drauf herausstellt, dass Tina diese Person ist, die später am Abend in die Situation gerät, aber trotzdem wohlbehütet im heimischen Bett landet.
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DER NACHTMAHR ist ein Mindtrip und es ist nicht einfach alles was der Film zeigt zu einem schlüssigen Ganzen zusammenzufügen…zumindest nicht beim ersten Durchlauf. Wie in Lynchs Filmen (und anders als zuletzt in Refns NEON DEMON) hat man als Betrachter aber stets den Eindruck, dass die Puzzleteile in Summe passen.

DER NACHTMAHR passt in keine Schublade

Der Nachtmahr, also das eigenartige Wesen, das Tina sieht, lässt sich als ihre ausgelagerten Probleme betrachten und wir beobachten es bei (bulemischen) Fressattacken und Selbstverletzung, was bei psychisch labilen Heranwachsenden grundsätzlich denkbar ist.
Tina durchläuft aber auch eine Entwicklung (hier folgen einige Spoiler) und beginnt das Ding bei sich aufzunehmen, sich zu arrangieren, es letztlich liebzugewinnen, was DER NACHTMAHR unter anderem zu einem Coming-of-Age-Film macht.
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Visuell bedrohlich wirkt das Monster spätestens dann nicht mehr, wenn man es genauer betrachtet, was etwa ab Filmmitte der Fall ist. Untersetzter Körperbau, großer Kopf, Glubschaugen und keine Haare, dafür aber gefräßig. Nicht nur optisch ist die Nähe zu E.T. da, sondern auch durch die Verbindung zu Tina, die blutet wenn das Wesen blutet und den gleichen Schmerz spürt.
Es sei aber erwähnt wie selbstbewusst AKIZ‘ Film mit diesen Anleihen umgeht, denn in einer Szene sehen wir mehrere Spielzeugfiguren des „echten“ ET in Tinas Zimmer, was allen die „Abklatsch“ schreien, höchstenfalls das Wort „Hommage“ lässt.
Aber trotz des knuffigen Aussehens, sprechen wir hier nicht über einen Kinderfilm. Die Freigabe „ab 12“ mag Freunde harter Kost abschrecken (was legitim ist, denn dies ist definitiv kein Horrorfilm), ist aufgrund der Themen innerhalb des Films, zu denen auch Drogenkonsum gehören, allemal angemessen.

…und lebt seine Herkunft

Wie erwähnt, ist DER NACHTMAHR ein deutscher Film, was immer ein Thema für sich ist. Bekanntermaßen stehen deutsche Genrefilme nicht hoch im Kurs, was aber auch daran liegt, dass man gerne so tut als wäre man Hollywood, statt die eigene Herkunft anzuerkennen.
DER NACHTMAHR hat damit kein Problem. Er spielt in Berlin, die Menschen haben deutsche Namen und der harte Techno-Soundtrack der immer wieder zu hören ist, weckt Erinnerungen an die Love Parade.

Und der Film erscheint authentisch. Ob Tinas unaufgeräumtes Zimmer, ihre Beziehung zu den Eltern oder das Miteinander der Protagonisten. Die fantastischen Elemente, die dazu stoßen, geschehen in einer zunächst wirklichkeitsnahen Welt. Da hilft es natürlich Schauspieler zu haben, die wissen was sie tun, was bei 80.000€ Budget keine Selbstverständlichkeit ist. Der Film kann daher kaum namhafte, dafür aber talentierte Mimen aufweisen und selbst die Effekte die das Wesen betreffen sind einwandfrei.
Ansonsten bedient sich der Regisseur vergleichsweise kostengünstiger (aber oft unterschätzter) Mittel: gelungene Schnitte, passende Musik und natürlich ein ideenreiches Drehbuch, was unterm Strich für eine bemerkenswerte Atmosphäre sorgt.

Wer sollte sich DER NACHTMAHR ansehen: Alle, deren Tellerrand niedriger ist, als es die Berliner Mauer war, denn dies ist wunderbares fantastisches Kino und ich hoffe bald noch mehr von AKIZ/Wornhak zu sehen.

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