DES TEUFELS BAD ist ein österreichisch-deutsches Horrordrama von Severin Fiala und Veronika Franz. Das sind natürlich die Macher von ICH SEH ICH SEH und THE LODGE. Ihr neues Werk setzt den eingeschlagenen Weg fort und wirkt noch unbequemer als THE LODGE.
Wovon handelt DES TEUFELS BAD?
Österreich im 18. Jahrhundert. Agnes heiratet Wolf, doch das große Glück ist das nicht. Seine Mutter mischt sich in ihr Leben ein, ein Liebesleben findet nicht statt und Agnes Kinderwunsch bleibt damit unerfüllt.
Von der Gemeinschaft des Dorfes sondert sie sich oft ab, kommt ihrer Arbeit nicht nach und verbringt lieber Zeit mit sich und ihrem Glauben an Gott.
In der Umgebung wurde in der Vergangenheit eine Frau hingerichtet, weil sie ihr Baby einen Wasserfall hinabwarf und ein Mann erhängt sich. Beide Ereignisse werfen ihre Schatten auf Agnes.
Die Psychologie und ihre Wahrnehmung in der Gesellschaft durchlaufen eine Entwicklung. Sigmund Freud wurde Ende des 19 Jahrhunderts noch für erste psychotherapeutische Ansätze ausgelacht und es ist noch nicht so lange her, dass „nicht ganz richtig im Kopf“ als abwertende Pauschaldiagnose reichte und man Menschen mit jedweden psychischen Problemen mit einer Skepsis betrachtete, als hätte man es mit Hannibal Lecter zu tun.
Doch die Uhren drehen sich weiter, die Wahrnehmung ist heute (meist) differenzierter und auch der Horrorfilm baut neben bewährt vereinfachten Sichtweise zunehmend komplexere Geschichten, die genauere Einblicke in eine Seelenwelt bieten.
Die Filme Ari Asters (MIDSOMMAR), die zudem einige autobiografische Züge aufweisen, sind diesbezüglich gute Beispiele.
DES TEUFELS BAD hätte bei A24 eine gute Figur gemacht
Und damit hat man auch ein recht scharfes Bild, was man von DES TEUFELS BAD, der gut und gerne von A24 stammen könnte, erwarten sollte. Statt A24 hat übrigens Arte mitproduziert.
Auch HAGAZUSSA oder THE WITCH, die beide in der Historie noch früher angesiedelt waren, bieten sich als Vergleich an.
Diese Filme teilen Ruhe, weitestgehend natürliche Beleuchtung, wenige Dialoge in schier vergessenen Sprachen (das Deutsch in DES TEUFELS BAD dürfte für Norddeutsche gänzlich fremd klingen) und einen glaubwürdigen Einblick in das Leben der damaligen Zeit und in seine Kultur.
Und mit Kultur ist hierbei vor allem die religiöse Weltanschauung gemeint, die damals mehr Einfluss auf den Alltag der Leute nahm und sie unter Druck setzte.
Religion war bereits in THE LODGE ein Aufhänger, hier bildet sie zusammen mit Agnes‘ schwierigem sozialen Umfeld und einer psychischen Erkrankung eine hässliche Dreifaltigkeit.
Das klingt natürlich mehr nach Drama als Horror und das ist es auch. Allerdings hält DES TEUFELS BAD sich in den Momenten, in denen er etwas zeigen will, nicht zurück.
Ob das gleich zu Beginn ein Kindesmord oder wenige Szenen später ein perverser Hochzeitsbrauch ist, bei dem Menschen mit verbundenen Augen versuchen ein Huhn mit einem Dreschflegel zu erschlagen oder eine schmerzhafte Methode, um Agnes „Melancholie“ aus dem Körper zu lassen. Der Film nimmt für sich in Anspruch auf wahren Begebenheiten zu beruhen und tatsächlich scheint es eine Agnes Schickin gegeben zu haben, mindestens aber gab es verschiedene Fälle wie ihrer.
Ein Film der vergessenen Fragen nachgeht
Achtung Spoiler! Da Selbstmord in der Kirche als größte Sünde gilt, aber Agnes ihrem Leben ein Ende setzen möchte, bleibt ihr zur Rettung ihrer Seele vor der ewigen Verdammnis, nur ein Ausweg: jemand anderes muss sie töten.
Suicide by proxy nennt sich dieses Phänomen, das sich nach heutigen Maßstäben kaum begreifen lässt und so grotesk wirkt wie der genannte Hochzeitsbrauch.
Wer sich das Werk anschaut, wird es mitunter als verstörend empfinden und das selbst in Szenen, die keinerlei Gewalt enthalten, sollte aber weder ausgelassene Blutbäder noch Action erwarten, sondern eine glaubwürdige Aufarbeitung eines weitestgehend unbekannten Themas. Um die seinem Publikum nahezubringen, konnte das Regieduo keine Abkürzung nehmen, sondern tat gut daran, dem Beobachter die Zeit, das Leben, die Menschen und natürlich Agnes komplett vorzustellen und auch der generellen (und in Filmen kaum je aufgegriffenen) Frage nachzugehen, wie man vor Freud und den anderen Psychologie-Pionieren des 19. und 20. Jahrhunderts mit seelischen Erkrankungen umging.
Daher ist DES TEUFELS BAD ein Folk-Horrorfilm, der sich womöglich in einigen Sequenzen als zu lange anfühlt, was auch am Fehlen eines klassischen Spannungsbogens liegt, diese Länge aber auch braucht um als Ganzes zu funktionieren.
Fazit
DES TEUFELS BAD ist ein Film, der nicht auf Schocks ausgelegt ist, sondern eine schockierende Geschichte erzählen will.