Keine blumige Umschreibung, keine Fremdworte, kein reißerischer Titel.
DIE MORDE VON MADRID gibt sich schon äußerlich nüchtern und verfolgt diese Linie auch meist im Film selbst.
Wie der Name andeutet, geht es um eine Mordserie in der spanischen Hauptstadt, auf die zwei Polizisten angesetzt werden.
Das Ungewöhnliche: die Opfer sind ältere, alleinstehende Frauen, die brutal vergewaltigt und dann umgebracht werden.
DIE MORDE VON MADRID spielt nicht nur in Spanien, es ist auch eine spanische Produktion und während man auf dem Cover damit wirbt, dass die Produzenten auch die großartigen THE BODY und DER UNSICHTBARE GAST umsetzten, ist hier doch eine andere Handschrift zu spüren.
Viele spanische Filme zeichnen sich durch eine elegante Story aus, die ist diesmal aber untergeordnet.
Sicher, der Fall ist nicht uninteressant, die Taten hässlich und Sexualverbrechen an Rentnerinnen nichts, was man im Rahmen des im Film anstehenden Papstbesuchs vor der Bevölkerung breittreten möchte, es klingt aber alles nach regulärer Cop-Arbeit, die man auch in einem TATORT vorfindet.
DIE MORDE VON MADRID ist ernst, aber nicht ohne Humor
Dafür beschäftigt man sich ausgiebig mit den Ermittlern. Da wäre einmal der stille, weil an einem Stottern leidenden, Verlarde und der aufbrausende, hemdsärmliche, zur Gewalt neigende Alfaro.
Nun klingt es nicht mehr originell zwei verschiedene Charakter an einen Fall zu setzen, die im Stile viele Buddy-Movies letztlich doch gut klarkommen, Regisseur Rodrigo Sorogoyen besitzt aber das nötige Fingerspitzengefühl, diese Hauptfiguren gleichermaßen realistisch wie interessant einzusetzen.
Was ebenfalls auffällt ist eine gewisse Rohheit. Und das ist weniger auf die Brutalitäten im Film bezogen – obwohl ein aus einer Vagina ragendes Küchenmesser eine unschöne Verletzung ist – als vielmehr in den Kulissen und der Kameraarbeit.
Die Locations sind fast durchgängig einfach gehalten. Das erste Opfer zum Beispiel wird auf der schmalen Treppe eines älteren Mehrfamilienhauses gefunden. Das ist weder spektakulär, noch besonders und auch in späteren Szenen finden sich selten prägnante, auffällige Schauplätze.
Die Kameraarbeit ist hingegen ein Rätsel und in der ersten halben Stunde fast schon laienhaft. Da scheint jemand mit zittriger Hand das Gerät zu halten und so wie auch Lars von Trier oft arbeitet wird in Gesprächen nicht von einer Person zur anderen geschnitten, sondern die Kamera wandert zwischen den Gesprächspartnern hin und her. Seltsamerweise wird dieser Stil aber nicht bis zum Ende verfolgt und wir erleben ein zunehmend ruhigeres Bild mit „normalen“ Schnitten, die sogar eine geschickt ausgenommene Stunt-Sequenz zeigt.
Das sind Kleinigkeiten, die eigentlich gegen DIE MORDE VON MADRID sprechen, auf der anderen Seite stützt sich der Film auf eine ganze Reihe von Details, die ihn wiederum zu einer ehrlichen, glaubwürdigen Angelegenheit werden lassen.
Eines dieser Details ist ein leiser Humor, der hier und da durchschimmert. Wenn sich der Polizist neben das Mordopfer legt oder ihm unter den Rock blickt, entsteht eine gewisse Situationskomik, denn es geschieht unkommentiert und man weiß als Beobachter nicht so recht, ob man es in der Sekunde mit einem seriösen Ermittler oder einem Sonderling zu tun hat.
Man mag sich darüber streiten, ob wir es hier mit einem Cop-Thriller oder „nur“ einem Krimi zu tun haben, an der Qualität eines Films ändern Genre-Zuordnungen aber ohnehin nichts.