Ein Hotelangestellter, der heimlich die Zimmer mit Kameras überwacht und dabei Zeuge eines Verbrechens wird?
Daraus lässt sich doch wohl was machen, vor allem, wenn man einige namhafte Jung- und Altstars besetzt.
Story:
Bart Bromley ist der Nachtportier in einem Hotel. Was die Menschen und auch sein Chef nicht wissen, der junge Mann hat überall Mikro-Kameras versteckt, mit denen er die Gäste in den intimsten Momenten beobachtet.
Doch dann geschieht in einem Zimmer eine Bluttat und während die Polizei ermittelt, wird er in ein anderes Hotel versetzt. Dort lernt der am Asperger-Syndrom leidende Angestellte die hübsche Andrea kennen, die für eine Weile einzieht.
Dass er sich zu ihr hingezogen fühlt, birgt Gefahren, aber Bart entdeckt auch eine Verbindung zu dem Mord.
Es wäre egal gewesen, ob die inhaltliche Ausrichtung eher Richtung Thriller, Krimi oder Drama tendiert (wobei wir natürlich auf einen spannenden Thriller hofften). Tatsächlich verliert sich die Geschichte aber zwischen allen Themen, ließe sich auch als Charakterstudie eines Asperger- Betroffenen beschreiben, bringt aber kaum etwas zu Ende.
THE NIGHT CLERK ist von allem etwas und davon zu wenig
Man wird sich auch ganz sicher fragen, wie die geheimen Aufnahmen in die Ermittlungen der Polizei spielen, aber diese sind nur ein Aufhänger, um ausgiebig auf die Personen einzugehen.
Spannung findet sich hier nur in zwischenmenschlichen Fragen. So mag man es interessant finden, wenn Bart die Videotapes der Gäste ansieht, aber dabei nicht die Hand in der Hose hat, sondern Gespräche nachspricht und eine Art der Kommunikation aufbaut.
Man mag auch mit ihm fühlen, wenn er zu Andrea eine engere Beziehung aufbauen möchte.
All das hätte sich in aller Kürze erzählen lassen, wird hier aber abendfüllend ausgerollt.
Quälend lange Dialoge mit wenig Gehalt und noch längere Kameraeinstellungen, in denen nichts passiert, machen THE NIGHT CLERK zu einer Anstrengung. Im Trailer sieht das alles hübsch zusammengeschnitten aus, im Film ist von dem Tempo aber nichts übrig.
Dass der Film dabei in keine Genre-Schublade passt, ist sicher kein Kritikpunkt, nur eine Feststellung, allerdings ist für Thrillerfans zu wenig Kriminalität geboten und wer ein glaubhaftes Drama möchte, wird sich über Unglaubhaftes wundern.
Ob beispielsweise jemand wie Bart, der Probleme hat, mit Menschen auf übliche Weise zu kommunizieren und schon durch ungewöhnliche Mimik auffällt, im Kundenverkehr wirklich gut aufgehoben wäre?
An den Schauspielern lag es nicht
Schauspielerisch sitzt die Darstellung allerdings.
Tye Sheridan (SCOUTS VS. ZOMBIES) spielt Bart und auch wenn der Verfasser dieser Zeilen wenig über das Asperger Syndrom weiß, habe ich mir sagen lassen, dass seine Verkörperung passt.
Natürlich wirkt er dadurch schräg und natürlich etwas wie Dustin Hoffman in RAIN MAN, aber das soll selbstverständlich so sein.
Ana de Armas (KNOCK KNOCK, KNIVES OUT) spielt Andrea und Helen Hunt (I SEE YOU) in einer kleineren Rolle Barts Mutter.
Für Oscarpreisträgerin Helen Hunt ist ein Film wie THE NIGHT CLERK bzw. eine Nebenrolle wie diese ein weiterer Schritt gen Karriereende. Weitere Details zu ihr finden sich in unserem I SEE YOU – Review.
Sheridan und de Armas sind hingegen auf dem Weg nach oben. Schauspielerisch bietet ihnen THE NIGHT CLERK Platz sich zu zeigen, viel Beachtung werden sie mit dem Film aber nicht finden.
Fazit:
THE NIGHT CLERK wirkt, als hätte Regisseur und Autor Michael Christofer jemanden mit Asperger kennengelernt und beschlossen einen Film über diese Person zu drehen. Ehrenwert, statt aber eine Doku oder eine stimmige Charakterstudie zu erstellen, wurden völlig unnötige Crime-/Love-/Drama-Anteile hinzugefügt, die Unterhaltung aber vergessen.