Wann auch immer künftig jemand TRAUMA erwähnt, wird ein anderer jemand den berühmt-berüchtigen A SERBIAN FILM als Vergleich heranziehen. Der ist immerhin neun Jahre alt und seitdem wartet die Horrorwelt auf den nächsten Skandal.
Gewalt gehört zum Horrorfilm, sexualisierte Gewalt stößt bei Jugendschützern dann schon auf Ablehnung, aber es brauchte die Kombination aus Sex, Brutalität und Missbrauch von Kindern, um selbst unter Horrorfans hitzige Debatten auszulösen. All das bietet auch TRAUMA und hier enden die Parallelen nicht, denn beide Filme bedienen sich eines politischen Untertons.
Wovon handelt TRAUMA?
Vier Freundinnen aus Santiago de Chile besuchen ein Ferienhaus auf dem Land. Am Abend lassen es sich die vier gutgehen…zumindest bis zu dem Moment, als zwei einheimische Männer vor der Tür stehen.
Was die beiden wollen ist klar und für die Frauen wird die Nacht zum Alptraum.
Richtig, die Rahmenhandlung von TRAUMA ist typischer Rape & Revenge – Stoff, wobei hervorzuheben ist, dass die Vergewaltigungen schonungslos dargestellt werden und auch die folgende Gewalt weit weniger konstruiert wirkt, als etwa in I SPIT ON YOUR GRAVE.
Das bedeutet aber nicht, dass alles am Film nachvollziehbar wäre. Selbst nachdem die Übeltäter die Frauen misshandelt haben und Zeugen getötet haben, lassen sie sie einfach frei. Ein überraschender Schritt.
TRAUMA ist nicht A SERBIAN FILM, aber Parallelen sind da
Bevor es aber zur eigentlichen Handlung kommt, eröffnet TRAUMA mit einem Prolog, der 1978 spielt. Eine bereits gefolterte, blutende Frau wird zum Sex mit ihrem eigenen – unter Drogen stehenden – Sohn gezwungen. Während des Akts schießt man ihr in den Kopf.
Es sind drastische Szenen wie diese, die den Film ausmachen und sich zwangsläufig einprägen.
Hier muss die Frage erlaubt sein, ob man als Zuschauer einfach provokante Gewaltakte erlebt oder das Werk doch mehr aussagen möchte.
Ein Film im Schatten Pinochets
Dazu ein kleiner Exkurs: Von 1973 bis 1990 führte Augusto Pinochet, der durch einen Militärputsch an die Macht gekommen war, Chile an. Unter der Regierung des Diktators kam es zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen. Tausende Menschen wurden ermordet, zehntausende gefoltert.
Vergewaltigungen wurden systematisch vollzogen. Neben anderen abartigen Praktiken wurden wie im Film Menschen zum Sex mit Familienmitgliedern gezwungen.
Pinochet starb 2006, ohne für seine Taten verurteilt worden zu sein.
Es ist also kein Wunder, dass das Trauma des Landes ebenso tief sitzt, wie das der Frauen, zumal im Film eine gewisse Verbindung zwischen persönlichem und staatlichem Terror besteht.
Vielleicht lässt sich so auch erklären, warum die vier Protagonistinnen lesbisch sind, denn Homosexuelle wurden im Pinochet-Regime gleichermaßen verfolgt wie linksgerichtete Menschen.
Ob hingegen eine einvernehmliche Sexszene zwischen zwei der Frauen, die vor Antritt des Ausflugs stattfindet, und als feuchter Männertraum dargestellt wird, die Handlung des Films weiterbringt, ist fraglich.
Anders gesagt: als purer, roher, hässlicher und verdorbener Exploitation-Streifen funktioniert TRAUMA hervorragend. Die Brutalität ist nicht nur technisch sauber und knallhart umgesetzt, dass sie vor den Kopf stößt, auch Protagonisten und Antagonisten spielen anständig und Daniel Antivilo gibt einen der unangenehmsten Bösewichte seit langem.
Fazit zu TRAUMA
Ob TRAUMA aber mehr ist, ob er Anspruch hat, sinnvolle Analogien aufweist oder gar Kunst ist, wird genau so Stoff für künftige Diskussionen sein, wie das bei einem gewissen Film aus Serbien der Fall war.