Mit Exorzisten-Filmen ist es für mich persönlich so eine Sache: mir fallen nach Friedkins DER EXORZIST nur wenige ein, die ich guten Gewissens empfehlen kann.
Mädchen, die mit der Stimme eines Death Metal – Sängers blasphemische Flüche von sich geben, satanische Male und Verletzungen tragen, sich verbiegen wie eine chinesische Turnerin und früher oder später über dem Bett schweben, gab es in den letzten 40 Jahren genügend. Meist ohne Innovationen.
Während das ebenfalls oft beackerte Zombie- und Vampirgenre immer noch oft genug durch clevere Variationen glänzen kann, machen die meisten Exorzisten nur noch Dienst nach Vorschrift.
THE VATICAN TAPES hat tatsächlich einen guten Ansatz, dafür muss man ihn aber zu Ende sehen.
Story:
Kurz nachdem sich Angela bei ihrer eigenen Geburtstagsparty an einem Messer schneidet, beginnt sie sich zu verändern. Zunächst nur wenig, dann so drastisch, dass sie einem Taxifahrer ins Steuer greift und im Krankenhaus landet. Der dort zuständige Priester kommt auf die Idee, dass Angela besessen sein könnte und holt sich Hilfe aus dem Vatikan. Und damit beginnt ein Kampf zwischen Himmel und Hölle.
Alle oben genannten Klischees gibt es zu Beginn des Films in schnellem Zusammenschnitt, denn wir sehen, was der Vatikan in den letzten Jahrzehnten an Bildmaterial zusammen getragen hat. Angelas unglückliche Entwicklung nimmt dann nur langsam ihren Lauf, bei man kurz auf einen schwelenden Konflikt zwischen ihrem Vater Roger und ihrem Freund Pete eingeht, bei dem sich Pete solche Frechheiten erlaubt, wie Roger „Rog“ zu nennen. Das ist so aufregend wie es sich anhört und trägt nichts zur Geschichte bei, zumal die beiden Männer natürlich am gleichen Strang ziehen, als es Angela schlechter geht und damit eine Figur quasi unnötig wird.
In der Besetzung von THE VATICAN TAPES finden sich mit Michael Pena (END OF WATCH), Djimon Hounsou (GLADIATOR) oder Dougray Scott (TAKEN 3) einige Veteranen und schauspielerisch geht das alles in Ordnung, aber die Darsteller machen trotzdem oft nur den Eindruck, als würden sie den Pullover des älteren Bruders noch mal auftragen.
Neues gibt es nur im Detail, etwa, wenn man sich entschließt, die lebenserhaltenden Maßnahmen der im Koma liegenden Angela abzustellen.
THE VATICAN TAPES ist kein reiner Found Footage Film, bedient sich dieses Stilmittels aber reichlich, nämlich immer dann, wenn eine Überwachungskamera in der Nähe ist, deren Material dann in den Vatikan-Archiven landet, was hier ja der Aufhänger und Namensgeber ist.
Der eigentliche Exorzismus ist technisch nicht zu bemängeln, man müht sich aber auch hier erfolglos etwas zu zeigen, dass der Zuschauer nicht wiederholt in THE RITE, DEVIL INSIDE, BESESSEN oder ähnlichen Filmen gesehen hat.
Der versprochene gute Ansatz kommt aber tatsächlich, dummerweise zu einem Moment, in dem man als Betrachter schon mit dem Abspann rechnet.
Warum man zur Hölle aus dem Gedanken (ACHTUNG SPOILER), dass der Teufel als Jesus-artiger Wohltäter über die Erde wandelt und damit zunächst Anhänger sammelt, bevor er (so ist zumindest zu vermuten) ihre Seelen einverleibt, SPOILERENDE, nicht mehr gemacht hat, ist mir ein Rätsel. Das Szenario, dass ein kreativer Drehbuchautor daraus einen kompletten Film machen wollte, von seinen trübseligen Produzenten aber in den nächsten austauschbaren Exorzismus-Film gequasselt wurde, ist jedenfalls reine Mutmaßung.
So bleibt es bei drei geilen Minuten und viel Durchschnitt.