So wie sich jeder Exorzistenfilm mit DER EXORZIST vergleichen lassen muss, wird auch jeder neue Hai-Film einen DER WEISSE HAI–Vergleich über sich ergehen lassen müssen.
Im Falle von YEAR OF THE SHARK lässt sich das auch wirklich nicht vermeiden und das obwohl eine Menge anders ist.
Wovon handelt YEAR OF THE SHARK?
Polizistin Maja steht kurz vor der Rente, als an „ihrer“ südfranzösischen Küste ein Surfer von einem Hai getötet wird. Natürlich ist nicht jeder damit einverstanden, als der Strand temporär gesperrt wird, doch als Maja zusammen mit ihren Kollegen den Hai betäubt und weit, weit entfernt aussetzt, scheint die Lage gebannt…nur kommt das Tier zurück.
Dies ist Frankreich, nicht die USA; wir haben es nicht mit einem neu angekommenen Polizisten, sondern einer Polizistin kurz vor dem Ruhestand zu tun; es ist ein Bullhai, kein Weisser und doch steht außer Frage, dass Ludovic und Zoran Boukherma (TEDDY), die beiden Macher von YEAR OF THE SHARK, auch Spielbergs Klassiker sahen und zum Vorbild nahmen.
Hai-Alarm in Frankreich
Allerdings war das Ziel wohl eine eher lustige und zeitgenössische Variante zu präsentieren. Dieses Vorhaben ist allerdings nur sehr bedingt gelungen.
Beispielsweise wird erwähnt, dass man 2022 keine Haie mehr töten muss, weswegen man das Tier im indischen Ozean wieder aussetzt. Gut gemeint, die Message des Films ist dann aber trotzdem die, dass offenbar nur ein toter Hai ein guter Hai ist.
Dass man hier und da ein paar Corona-Anspielungen reinnimmt, passt ins Jahr 2022, ist heute aber schon antiquiert.
Und während Chief Body 1975 eine Ohrfeige von der Mutter eines Haiopfers erhielt, hat sich die Uhr auch hier weitergedreht. Der Shitstorm, den Maja erntet, als der Hai erneut zuschlägt, geschieht online und offline und fällt drastischer aus.
Man hat den Eindruck, dass dieses „ins Heute übertragen“ das Hauptanliegen von YEAR OF THE SHARK ist.
Denn die Gags zünden selten, obwohl Maja-Darstellerin Marina Foïs im gelungenen VEGANER SCHMECKEN BESSER auf spaßige Weise gefiel und ihr mit Jean-Pascal Zadi ein weiterer Komiker zur Seite gestellt wurde.
Ok, nun war DER WEISSE HAI auch keine Humorgranate, dafür aber eben höllisch spannend. Davon ist in YEAR OF THE SHARK ebenfalls wenig zu spüren. Nicht nur ist es uns Zuschauern relativ egal, wenn z.B. Majas Kollege über Bord geht und die wohlbekannt-bedrohliche Rückenflosse auftaucht. Es ist auch minimal packend inszeniert.
Das ist doppelt schade, denn Majas Figur als engagierte Polizistin, die eigentlich das Richtige tut und dennoch angefeindet wird, ist sympathisch. So auch ihr treuer Ehemann, der ihr immer beratend zur Seite steht, aber schon mal daheim angebunden werden muss, damit die Gesetzeshüterin auf Haijagd gehen kann.
YEAR OF THE SHARK bleibt blass
Und so bleibt YEAR OF THE SHARK auf eigenartige Weise blass. Die erste Vermutung war, dass durch die Übersetzung aus dem Französischen mancher Wortwitz verloren ging, aber auch einheimische Reviews betonten die mauen Gags.
Witzig ist hingegen, dass man versuchte das gelungene Cover für den deutschen Markt aufzurüsten. Nur: besser, lustiger oder bedrohlicher wird dadurch weder Poster noch Film.
Fälschung und Original (man achte auf die Mitte des Bildes)
Immerhin, der Hai ist wie es scheint, nicht am Computer entstanden. Das hat Charme. Außerdem ist YEAR OF THE SHARK mit 83 Minuten angenehm kurz. Mehr hätte es aber auch echt nicht gebraucht.