Stell dir vor du bist Filmemacher, Produzent, Studio oder Label und du willst, dass dein Film erfolgreich ist.
Du willst, dass jede Seite deinen Trailer zeigt, dass man in Horrorgruppen über deinen Streifen spricht, dass er mit Vorschusslorbeeren überhäuft wird oder dir zumindest gewaltiges Interesse entgegenbrandet? Mit anderen Worten, du willst den totalen Hype?
Befolge ein paar simple Regeln und schon bist du am Tag der Veröffentlichung Millionär.
Vive la France
Glaubt man den euphorisierten Aussagen verschiedener Fans, haben die Franzosen nicht nur das Baguette, den Eiffelturm und die Ménage à trois erfunden, sondern auch den Horrorfilm. Zwar denken die meisten dabei nur an die bekannten vier Filme (ihr wisst von wem ich rede) und mehr als 10 Filme unserer Nachbarn kann kaum wer aufzählen, aber ganz offensichtlich haben diese einen solch bleibenden Eindruck hinterlassen, dass die bloße Herkunftsnennung für eine massive Unwucht im Denkapparat sorgt. Das sorgte unlängst dafür, dass in (den eigentlich sehenswerten) RAW Erwartungshaltungen projiziert wurden, die am Ende zwar teilweise wieder für Enttäuschung sorgten, dem Bekanntheitsgrad des Films aber sicher nicht geschadet haben.
Was also tun?
Es macht Sinn, wenn ihr euer Movie unter französischer Flagge segeln lasst oder zumindest so tut als ob. Vielleicht kann man ja irgendwo ein Poster der Cote d’Azur aufhängen, eine Flasche Bordeau am Set trinken oder einen Cast mit französisch klingenden Vornamen besetzen.
Kotzen im Strahl
PSYCHO, DER EXORZIST, THE WOMAN oder der eben schon erwähnte RAW. Alle Filme prahlen mit extremen Reaktionen. Das Verlassen des Kinosaals ist dabei noch das harmloseste, aber Wutausbrüche, Ohnmachtsanfälle, Sturzgeburten oder Brechreiz sind gute Publicity für einen Horrorfilm.
Was also tun?
Heuert jemanden an, dem ihr 15 Bier, eine Achterbahnfahrt und ein altes Fischbrötchen spendiert, bevor ihr ihn in eine möglichst frühzeitige Vorstellung eures Films setzt. Sorgt dafür, dass ein paar Pressevertreter in der Nähe sind, die anschließend über das folgende Spektakel berichten können.
King ist der King
Vermutlich hat Stephen King einen Geldspeicher, in dem er ein morgendliches Bad nimmt. Sei es ihm gegönnt, er hat sich die Kohle mit über 40 Jahren Arbeit und vielen Buchstaben verdient. Heute ist sein Name ein Selbstläufer und nach dem massiven Erfolg des neuen ES werden in den nächsten Jahren sicher viele weitere Romane des Meisters (neu) verfilmt, ob das dann jeweils nötig ist oder nicht.
Was also tun?
Knifflige Angelegenheit, denn ungefragt einen King-Roman verfilmen, wird euren Geldspeicher nicht füllen, sondern eure Taschen leeren, wenn erst mal die Anwälte vor der Tür stehen. Sollte es euch aber dennoch gelingen ein offizielles Go des Königs zu ergattern, ist euch auch dann ein Hype gewiss, wenn man bedenkt, dass etwa die Hälfte der bisherigen Verfilmungen unterm Durchschnitt liegen.
Based on a true story
Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht irgendein Gruselfan in einer Gruppe nach Filmen sucht, die auf wahren Begebenheiten beruhen. Dass sich das Label ‚Auf Tatsachen beruhend‘ selbst dann gut verkauft, wenn es offensichtlich gelogen ist, ist lange kein Geheimnis mehr.
Was also tun?
Kommt schon, wir sind Horrorfans, wir wissen, dass Dämonen, Vampire und Zombies nicht real sind. Wir wollen es aber glauben. Wir wollen, dass ihr uns belügt. Erzählt uns, dass jedes Detail der CONJURING– Filme echt ist, dass in Texas ein Typ eure Haut trägt oder dass es wirklich einen Serienmörder namens Mick Taylor gibt. Wir werden es nicht überprüfen, wir wollen, dass ihr unser Geld nehmt.
Den kenn ich doch
Namhafte Stars helfen jedem Film in jedem Genre, aber im Horrorfilm gibt es echte Dauerbrenner, die im Jahr in einem Dutzend Filme mitspielen und kaum mehr dazu beitragen, als ihren Namen auf das Cover zu pressen.
Was also tun?
Es liegt auf der Hand. Kane Hodder (HATCHET, FREITAG DER 13.) ist zwar als Schauspieler nicht gerade ein Übertalent, hat aber ein breites Kreuz und auch wenn seinen Part jeder andere Hüne spielen könnte, auf dessen Kopf eine Maske passt, ist es der Name, der deinen Film berühmt macht. Ähnliches gilt u.a. für Danielle Harris, Tony Todd oder Robert Englund, die ihre Trademark-Movies hatten, sich heute aber auch für viele schrottige Schinken hergeben und mit ihrem Namen Aufmerksamkeit erregen.
Vom Regisseur von…
James Wan, Rob Zombie oder Eli Roth sind immer für Gesprächsstoff gut, auch oder gerade weil das Schaffen von Zombie und Roth nicht unumstritten ist. Ob man die Herren also liebt oder hasst, am Ende wird sich doch jeder die Filme ansehen, mindestens aber seine Meinung abgeben wollen.
Was also tun?
Es würde enorm helfen Wan, Zombie oder Roth als Regisseur zu verpflichten…oder alle drei. Ein Film über Puppen, die eine Schlaghosen-tragende Gruppe von Vollidioten aufmischt, wäre wohl der Überhit.
Das lange erwartete Sequel
Wenn ihr mit eurem Film überzeugen wollt, müsst ihr euch anstrengen. Neben den oben genannten Punkten hilft es, wenn ihr wisst wie herum man eine Kamera hält, das Drehbuch nicht nur viele, sondern auch die richtigen Worte enthält oder wenigstens überhaupt ein Konzept vorhanden ist und vieles mehr….egal was ihr macht, man wird euch kritisch beäugen und der Weg zum Erfolg ist steinig und mühsam. Nicht so bei Sequels. Hey, Teil 1 war erfolgreich, ihr müsst keinem mehr was beweisen. Sollen die Leute die Scheiße kaufen (und das werden sie). Das Budget kann halbiert werden, das Drehbuch kann kopiert werden, aber die Nachfrage steigt.
Was also tun?
Warum so umständlich? Wir haben gerade gelernt, dass der erste Teil der schwerste ist, also warum die Mühe machen? Beginnt doch einfach gleich mit der Fortsetzung. Hängt einfach eine „2“ an den Filmtitel eurer Wahl (die abgebrühten starten bei Teil 4). Den meisten wird es nicht auffallen. Die paar Idioten, die sich erdreisten zu fragen, was mit Teil 1 ist, erzählt man, dass der seit 10 Jahren beschlagnahmt ist und setzt dazu den vorwurfsvollen weißt-du-das-etwa-nicht-Blick auf…das sollte für Ruhe sorgen und gleichzeitig hat man den nächsten Punkt eingeläutet
Nur die Harten….
Niemand ist an eurem FSK 12 – Meisterwerk interessiert. Man kann förmlich dabei zusehen, wie Kultfilme wie TANZ DER TEUFEL und TEXAS CHAIN SAW MASSACRE plötzlich in den Augen einiger Fans durch ihre Listenstreichung an Wert verlieren, weil ihre kleine elitäre Welt zusammenbricht, da sie diese Streifen für viel Geld aus Österreich importieren mussten. Dass die Filme nun bei Saturn im Regal stehen, tut diesen Fans weh. Auch wenn es der gleiche Film bleibt, ist er nun offenbar weniger hart. In den Augen mancher Kleingeister also wertlos.
Was also tun?
Schwierig, denn eine Indizierung oder gar Beschlagnahmung ist ein finanzielles Armageddon, also immer möglichst soft bleiben, aber hart tun. Im Vorfeld über schrecklichste Gewalttaten philosophieren, die in dem Film auftauchen, diese aber letztlich nur andeuten und offscreen stattfinden lassen. Auf diese Art wird zumindest bis zum Moment der milden FSK-Freigabe suggeriert, dass der Film die härteste Mutprobe ist, seit sich jemand mit Brennnesseln den Arsch abgewischt hat. Und diese milde Freigabe kann man gut kaschieren, indem man FSK 18 – Trailer zu FSK 6 – Filmen auf eine Disc presst…schon trägt das ganze Ding die höhere Freigabe.