Wenn wir dich nach deinem Lieblings-Horror-Franchise fragen, nennst du uns vielleicht HALLOWEEN, SAW oder das CONJURING-Universum, vielleicht auch REC oder PHANTASM, vermutlich aber nicht die IT’S ALIVE-Reihe.
Dafür gibt es verschiedene Gründe. Wir schauen uns heute an, ob die vier Werke, die zwischen 1974 und 2009 entstanden, einfach nur sträflich unterbewertet sind….oder wirklich vergessen werden sollten.
IT’S ALIVE – DIE WIEGE DES BÖSEN (1974)
Im Jahr 1974 sorgten sich die Menschen um die Zukunft und sie sorgten sich um ihre Kinder. Schon ein halbes Jahrzehnt zuvor war mit ROSEMARY’S BABY der Schrecken einer werdenden Mutter wahr geworden. Filme wie DER EXORZIST oder DAS OMEN griffen ebenfalls bedrohliche Nachkommen auf und andere Werke wie DIE PROPHEZEIUNG ein paar Jahre später mischten die Angst von Umweltzerstörung mit dem, was sie mit dem ungeborenen Leben macht.
Beides ergibt Sinn, denn das rabiate Eingreifen des Menschen ins Ökosystem rückte allmählich ins traurige Bewusstsein und ganz reale Schrecken wie der Contergan-Skandal in den 60ern waren der Stoff für ganz reale Alpträume.
Ob Larry Cohen (AMERICAN MONSTER, MANIAC COP), der für Drehbuch und Regie verantwortlich war, mehr vom Zeitgeist oder einem realen Anlass inspiriert war, lässt sich nicht zu 100% abgrenzen, aber DIE WIEGE DES BÖSEN passte in seine Epoche.
Das gilt auch für Optik und Verhalten. Dass der Film quasi wie eine Marlboro-Werbung erscheint, bei dem die werdenden Väter das Wartezimmer des Krankenhauses vollqualmen, zeigt, dass auch in diesem Hinblick ein anderes Bewusstsein herrschte.
Inhaltlich begegnen wir der Familie Davis, die ihr zweites Kind erwarten, doch das Baby tötet im Kreissaal alle Ärzte und Schwestern und flieht. Während das Kind in der kommenden Zeit auf sich gestellt ist und immer wenn es Angst hat, weitere Menschen ermordet, sind die Eltern mit der Situation überfordert.
Presse und Polizei nehmen sich der ungewöhnlichen Situation an, woraufhin Vater Frank seine Arbeit verliert und sie finden heraus, dass wohl „die Pille“, die Mutter Lenore jahrelang nahm, für die Missbildung verantwortlich ist, was dem zugehörigen Pharmakonzern natürlich nicht gefällt.
Und über all dem thront die Frage, ist dein Kind noch dein Kind, wenn es sich wie ein Monster verhält (und so aussieht)?
Das klingt vielschichtig und smart, aber Cohen ist kein cineastischer Feingeist, weswegen ihm auch hier das Fingerspitzengefühl des Öfteren abhanden kommt.
Wer hingegen gar kein Interesse an einer Message, sondern nur purem, grafischen Horror hat, wird 50 Jahre später wohl dadurch enttäuscht, dass DIE WIEGE DES BÖSEN vergleichsweise wenig zeigt und zumindest nach heutigen Sehgewohnheiten oft behäbig wirkt.
Trotzdem, als Zeugnis der Zeit geht IT’S ALIVE – DIE WIEGE DES BÖSEN aus verschiedenen Gründen in Ordnung.
6,5
IT’S ALIVE 2 – DIE WIEGE DES SATANS (1978)
1978 folgte der zweite Teil der Reihe, was zu einer Zeit als die Flut an Sequels noch ungewöhnlich war, zumindest erwähnenswert ist.
Larry Cohen hielt weiterhin die Zügel in der Hand und spann die Story aus Teil 1 weiter.
Denn inzwischen sind auch andere Familien von Monsterbabys betroffen und der aus dem Original bekannte Vater Frank warnt werdende Eltern vor dem Unvermeidbaren. Dadurch erscheint die Geschichte gewöhnlicher als sie ist und statt wie im Original das Furchtbare aufzuzeigen, was einer einzelnen Familie widerfährt, sind die Kinder ein Teil der erweiterten Normalität.
Das bedeutet zwar – wie es sich für eine Fortsetzung gehört – mehr von allem. Aber ein wirklicher Gewinn ist DIE WIEGE DES SATANS nicht.
Übrigens: auch wenn der Titel Okkultes suggeriert, mit dem Teufel hat auch dieser Film nichts zu tun.
5,0
IT’S ALIVE 3 – DIE WIEGE DES SCHRECKENS (1987)
1987 ist Larry Cohen noch immer für alle wesentlichen Belange seiner Reihe verantwortlich, ansonsten hat sich aber einiges getan.
Zum einen hat der lebhaftere 80er-Stil die oft depressive 70er-Machart vertrieben und auch inhaltlich haben sich die Uhren noch einmal weitergedreht.
Die Mörder-Kids sind inzwischen ein Fall für die Gerichte und als ein gnädiger Richter erkennt, dass sie sich unter den richtigen Bedingungen von ihren Bluttaten abbringen lassen, ordnet er an, sie auf einer menschenverlassenen Insel auszusetzen.
Doch dort lässt man sie nicht in Ruhe, denn sowohl eine Delegation eines Pharmakonzerns, als auch eine Gruppe Wissenschaftler, die von einem der Väter, Stephen Jarvis, begleitet werden, reist Jahre später zu dem Eiland, um zu sehen, wie sich die Kinder entwickelt haben.
Wer sich beschwert, dass IT’S ALIVE – DIE WIEGE DES BÖSEN das Baby kaum zeigte, wird mit Sichtung von DIE WIEGE DES SCHRECKENS vielleicht einsehen, dass das eine gute Wahl war, denn auch 1987 ist die Tricktechnik für diesen Schritt nicht bereit. Somit ist Teil 3 zwar grafischer, aber deswegen nicht besser.
Auch die Story ist nun endgültig im trashigen Bereich angekommen und bietet viel Hin und Her, ohne wirklich auf den Punkt zu kommen.
Dass Hauptfigur Stephen jede Frau plump anbaggert, nervt zudem gewaltig, auch wenn man anerkennen muss, dass Cohen die in den 80ern präsente AIDS-Angst in diesen Film einfließen lässt und Frauen Stephen auch deswegen abweisen, weil sie glauben, er könne sie durch simple Berührungen mit dem „Monster-Virus“ infizieren.
4,0
IT’S ALIVE (2009)
Beim 2009 gedrehten Remake, der auch auf deutsch einfach IT’S ALIVE betitelt wurde, arbeitete Larry Cohen zwar noch immer am Drehbuch mit, den Regiestuhl schob er aber dem Deutschen Josef Rusnak (THE 13TH FLOOR) unter den Hintern.
Hier mordet sich Baby Daniel zwar wie 1974 ebenfalls durch den Kreissaal, bleibt dann aber bei der Mutter, die sich an nichts erinnert und das Kind mit nach Hause nimmt. Erst als der kleine süße Fratz auch im Umfeld des abgeschiedenen Zuhauses erst Tier, dann Mensch schlachtet, müssen sich die Eltern mit den aggressiven Episoden des Nachwuchses auseinandersetzen.
Das Ergebnis kann man guten Gewissens vernachlässigen. Das sah auch Cohen so, der in einem Interview folgendes sagte: „Es ist ein furchtbarer Film. Er ist einfach mehr als schrecklich.“
Fairerweise muss man ergänzen, dass der Kontrast des Remakes zu den ersten drei Filmen weniger gewaltig ist, als Cohen das vermitteln möchte, gerade wenn man an Teil 3 denkt.
Doch während Cohen unter der oft weit hergeholten Prämisse auch etwas presse-, pharma- und gesellschaftskritisch wirkte, bietet die Neuverfilmung nichts davon an und ist so nur ein belangloser Baby-Slasher ohne Hintergrund….immerhin aber ohne die schwachen Effekte aus DIE WIEGE DES SCHRECKENS.
4,0
Die IT’S ALIVE – Teile 1-3 gibt es inzwischen als Box zu kaufen.
Das IT’S ALIVE – Remake kann man sich (im O-Ton) kostenlos auf YouTube anschauen.