Wenn ihr das lest, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass ihr Horrorfilme genauso liebt wie wir. Vielleicht mögen wir nicht die gleichen Filme, aber das Genre ist riesengroß und von Streifen, die die Zuhilfenahme des Gehirns verbieten bis zu echten Hirnfickern, von Ein-Mann-Kammerspielen bis zu massiven Massenszenen, von Blutarmut bis Blutregen, ist geschmacklich für jeden was dabei.
Wir wollen hier aber gar nicht über Geschmack streiten, was ohnehin müßig ist, sondern den Umgang mit gewissen Horrorfilmen.
Es ist nämlich nicht totzureden, dass sich im und um das Horrorgenre eine Doppelmoral ausbreitet, was teilweise zum eklatanten Widersprüchen von ein- und denselben Personen führt.
Bitte keine Zensur, außer es passt mir in den Kram
Beginnen wir mit einem Beispiel, dass dem einen oder anderen geläufig sein dürfte. Nahezu jeder Horrorfan hasst Zensur und will seine Filme nicht nur Uncut sehen, sondern vor allem überhaupt kaufen können. Ist ein Film aber indiziert, findet man ihn in der Regel bei den großen Ketten nicht. Ist er gar beschlagnahmt, wird man ihn in Deutschland gar nicht legal erwerben.
Das frustriert verständlicherweise und gern gehörte Aussage ist, dass Erwachsene doch bitte schauen können sollten, was sie wollen.
Wirft man aber den sagenumwobenen A SERBIAN FILM in die Runde, wird ein Teil der Zensurkritiker aber doch schwach in den Knien und nagt an der eigenen Argumentation.
Der Satz: „Ich bin gegen Zensur, aber A SERBIAN FILM gehört verboten“ fiel tatsächlich mehrfach und ist an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.
Horrorfilme fördern gewalttätige Tendenzen…oder doch nicht?
Bleiben wir noch einen Moment bei dem Film aus Serbien, über dessen vorhandene oder nicht vorhandene Qualität gar nicht diskutiert werden muss.
Fakt ist hingegen, dass im Film Kinder sexuell missbraucht werden. Das wird nicht im Detail gezeigt, aber es bleibt auch kaum Interpretationsspielraum. Natürlich ist nichts davon echt, nicht sexuell animierend dargestellt und dennoch werden Menschen, die dem Film etwas abgewinnen, des Öfteren als Perverse oder Pädophile beschimpft.
Eine Argumentation, die man vielleicht von Horrorgegnern erwarten würde, aber wenn mich A SERBIAN FILM zu einem Kinderficker macht, macht mich dann I SPIT ON YOUR GRAVE zu einem Frauenvergewaltiger? Und macht micht FREITAG, DER 13. zu einem Machetenmörder?
Fake gegen Realität
Was ist eigentlich schlimmer? Echte Gewalt oder gestellte Gewalt?
Ja, ich rede (teilweise) zum 3. Mal vom Serben (dann ists aber auch genug), dessen Szenen verständlicherweise schwer anzusehen sind, aber trotzdem bleiben sie Fake und niemand wurde verletzt oder gar getötet. Nimmt man hingegen die alten Kannibalenfilme, allen voran den Klassiker CANNIBAL HOLOCAUST, wurden dort echte Tiere getötet.
Nun ist es nicht so, als wäre CANNIBAL HOLOCAUST vollkommen unumstritten, aber er hat bei weitem nicht die gleiche Sprengwirkung in einem Forum / einer Facebook-Gruppe wie A SERBIAN FILM. Offensichtlich ist das sinnlose massakrieren von Tieren für manche kein Problem. Einem Typen dabei zuzusehen, wie er eine Puppe vögelt, dann aber doch.
Fake gegen Realität…zum Zweiten
Auch muss man sich fragen ob die gestellte Gewaltdarstellung auf dem Bildschirm schlimmer ist oder das was manche Filmemacher in ihrer Freizeit treiben.
Wie weit geht hier die Verantwortung des Zuschauers? Muss nur das Gezeigte verteufelt werden oder darf man sich auch fragen, ob man Menschen unterstützt, die Dreck am Stecken haben.
In der Musikbranche feiert man Michael Jackson trotz des Vorwurfs des Kindesmissbrauchs jedenfalls noch immer als King of Pop…als talentierter Künstler kann man sich eben einiges erlauben.
Das Äquivalent dazu gibt es auch beim Film. Roman Polanski (TANZ DER VAMPIRE, ROSEMARIES BABY) soll vor vielen Jahren eine 13jährige vergewaltigt haben.
JEEPERS CREEPERS – Regisseur Victor Salva ist sogar wegen seiner pädophilen Straftaten verurteilt worden….was weniger Menschen kümmert als man meinen könnte.
Rechtliche Grauzonen
Die schon erwähnten indizierten/beschlagnahmten Filme stehen bei Fans hoch im Kurs. Teilweise liegt das natürlich nur am Reiz des Verbotenen, teilweise haben diese Filme aber auch genreändernde Maßstäbe gesetzt. Dementsprechend oft tauchen die zughörigen Filmtitel (oft samt Bild und Trailer) in Online-Diskussionsplattformen auf, ohne dass sich meines Wissens je jemand daran störte.
Störend werden hingegen die Nennung von Streamingplattformen empfunden, die dann mit dem Hinweis auf rechtliche Fragestellungen schnell entfernt werden. Aus moralischer Sicht ist das mehr als nachvollziehbar, aus juristischer Sicht wird hier aber mit zweierlei Maß gemessen.
Man darf nun mal keine Werbung für indizierte/beschlagnahmte Werbung betreiben und während der Begriff „Werbung“ oft noch schwammig ist, ist spätestens bei Einsatz von Bildmaterial klar, dass gegen §15 des Jugendschutzgesetzes verstoßen wird.
Downloads gegen Kaufen
Wie angesprochen, will ich (für mich) Streaming/Downloads nicht auf die gleiche Stufe stellen wie das Erwähnen einen „verbotenen“ Films.
Rechtlich mag Streamen eine Grauzone sein, faktisch schadet es und ich spreche dabei nicht nur von riesigen anonymen Majorstudios, denen man als moderner Robin Hood ein paar Euros aus der Tasche zieht, sondern von kleinen Filmemachern, die vielleicht mühsam den ersten Film gestemmt bekamen, aber dank Downloads nicht genug einnehmen, um einen zweiten zu finanzieren.
Wer sich also überwiegend kostenlos bedient, hat das Recht verwirkt sich über die mangelnde Qualität eines Films aufzuregen, denn er selbst hat dazu beigetragen, dass das Budget fehlt.
Zensur gegen sich selbst
Dass Ethik und Moral in verschiedenen Kulturkreisen anders aussehen, ist hinlänglich bekannt. Das gilt natürlich auch für den Wandel der Zeit.
Trotzdem muss man sich fragen, wie es sein kann, dass Filme wie TANZ DER TEUFEL oder THE TEXAS CHAIN SAW MASSACRE in den 80ern nicht nur indiziert, sondern sogar beschlagnahmt wurden und rund 30 Jahre später mit einer regulären „ab 18“- Freigabe durchkommen.
Auch in diesem Fall will ich mir nicht anmaßen zu wissen, welche Einstufung gerechtfertigt ist oder diese immer und grundsätzlich in Frage stellen, aber schadete es in den 80ern mehr die Filme zu sehen als 2016? Explodiert mir nun der Schädel, wenn ich eins der Werke sehe…oder nicht??? Legt euch verdammt noch mal fest!
Oder nehmen wir mal als Beispiel MARTYRS, der in Deutschland indiziert ist, in Schweden aber ab einem Alter von 15 gesehen werden darf. Sind die Schweden härter im Nehmen? Der französische Kollege HIGH TENSION teilt in der ungeschnittenen Fassung diese Einstufung, darf in Chile aber ab 14 Jahren gesehen werden.
Sinnvoll? Denkt mal drüber nach.