Als am letzten Donnerstag Kollegin Mela auf Facebook postete, dass sie den Außerirdischen-Streifen EXTRATERRESTRIAL schaut, klingelte in meinem Kopf eine leise Warnanlage, denn ich glaubte mich zu erinnern, dass Außerirdische für sie ein Trauma aus Kindheitstagen sind.
Und so war ich nicht wirklich verwundert, als ich etwa eine Stunde später eine Sprachnachricht einer merklich aufgelösten, ängstlichen Mela erhielt, deren Stimme sich fast überschlug, weil der Film ihr an die Nieren ging.
Ich konnte einerseits mit ihr fühlen, als sie in den nächsten Nachrichten berichtete, dass sie nun sämtliche Lichter im Haus angemacht und ihre beste Freundin angerufen hatte, denn vermutlich haben viele den einen Film, die auch Jahre nach der Kindheit auf unangenehme Weise haften blieb.
Ich hatte aber auch einen Heidenspaß, wie diese sonst wenig empfindliche Person, die (aus neutraler Sicht) weit härtere Filme sieht, wie Espenlaub zitternd vor dem Fernsteher saß, immer panischere Voicemails verschickte und eine ausgesprochen schlaflose Nacht hatte.
Wie es zu Melas ausgeprägter Angst vor Außerirdischen kam, wird sie euch aber selbst erzählen:
Ich vermute mal, dass es bei fast jedem diese eine Kreatur gibt, in Filmen, die einem extrem zusetzt. Manche können zB keine Filme mit Spinnen schauen, andere bekommen bei Clowns Beklemmungen und der nächste kriegt bei Zelda aus FRIEDHOF DER KUSCHELTIERE einen kleinen Herzriss. Warum das so ist, die Gründe sind vermutlich vielfältig und in den meisten Fällen sind es eher Urängste oder allgemeine Phobien.
Bei mir verhält sich das leider ein wenig anders und so möchte ich euch erzählen, wie es zu meiner extrem ausgeprägten Phobie gegen Aliens kam, auch, weil ich schon diverse Male darauf angesprochen wurde.
Es ist schon für viele ein Phänomen, man guckt sich den abartigsten Kram an und dann versetzt einem dieses dürre, grauen Ding die Panik seines Lebens. Meist werde ich dafür belächelt und oft gehe ich auch nicht auf das Thema ein, weil auch gerne mal so dumme Fragen kommen wie „haben sie dich entführt?“ oder „jetzt sag nicht, du hast ne Analsonde?“. Und bei so einem lächerlichen Mist als Grundlage, vergeht mir gerne mal die Lust am Thema.
Bei mir war es eine sehr traumatische Erfahrung, die ich mit 8 Jahren erleben musste. Meine Mutter hatte mich damals mit zur Stadtranderholung (wer das nicht kennt, das sind so Ferienlager, meist von der Kirche organisiert, mit Kindern im Altern von 8 bis 16 Jahren) geschickt, mein erster Urlaub ohne Eltern. Teil dieser Ferienlager waren auch immer Gruselgeschichten am Abend aber an dem Tag, um den es bei mir geht, gab es keine Geschichte, sondern eine Nachtwanderung durch einen Wald. Alles lief erstmal ganz normal und in meinen Alter ist sowas eh schon eine aufregende Erfahrung aber dann brach plötzlich die Hölle über uns herein. Auf einmal kamen aus dem Wald Lichter und komisches Gekreische, alle Kinder wurden nervös und panisch und fingen an unruhig zu werden, vor allem die jüngsten. Bei den Lichtern blieb es aber nicht, auf einmal kamen Aliens, ovaler Kopf, Glupschaugen, grau, aus dem Dickicht und griffen sich vereinzelt Kinder aus unserer Gruppe, um sie zu entführen. Und da war es dann bei fast allen vorbei, Hysterie und Schreie überall.
Die Betreuer brachten uns sehr schnell zurück in die Jugendherberge und unterwegs fanden wir auch die entführten Kinder, die an Bäume gebunden waren. Als die Betreuer merkten, dass sich die meisten jungen Kinder gar nicht mehr beruhigen ließen hat man dann angefangen, die Lage zu erklären. Es waren natürlich keine Aliens sondern ein paar der großen Kids in Kostümen und die entführten Kinder waren auch im Vorfeld eingeweiht. Was als Spaß geplant war wurde zu einer ausgewachsenen Katastrophe und eine, für viele Kinder, schlaflose, tränenreiche Nacht. Die wenigsten haben sich beruhigen können und viele mussten auch am nächsten Tag von ihren Eltern abgeholt werden. Bis heute kann ich nicht nachvollziehen, wie man sowas mit 8-järigen Kindern machen kann. Die größeren Kids haben das ganz gut verdaut aber wir waren alle ziemlich im Arsch danach. Dass das ganze bei mir zu einer absoluten Panik mit Spätfolgen ran wachsen würde, habe ich auch relativ schnell gemerkt. Ab diesem Punkt war ALLES, was aus dem All kam, für mich der absolute Horror, angefangen bei den kleinen Jep-Jep Dingern aus der Sesamstraße, über ET oder ALF es ging gar nichts mehr, ohne komplette Ausflipper meinerseits.
Mit den Jahren hat es sich ein wenig geändert, ich komme mit Aliens klar, wenn sie nicht aussehen, wie die Teile aus dem Wald damals. Heute habe ich kein Problem mit ALF oder aber PREDATORS, es darf nur nicht groß, grau, mit langen Gliedmaßen, ovalen Kopf und Glupschaugen sein. Bis heute habe ich diverse Male versucht, mir diesen Mist selbst raus zu exorzieren aber gänzlich ohne Erfolg. SIGNS war ein Versuch, der mich zwei Nächte gekostet hat, in meinem Wahn habe ich ständig einen Alienkopf gesehen, der in mein Schlafzimmer schaut. Einige Zeit später der nächste Versuch mit DREAMCATCHER mit dem Resultat, dass ich 4 Stunden mit Schmerzen auf dem Sofa saß, weil ich so pinkeln musste aber sogar Angst vorm Klo hatte. Der letzte Versuch war gestern dann EXTRATERRESTRIAL und das Ergebnis durfte unser Mick live via Sprachnachrichten miterleben.
Für ihn war das sicherlich ein sehr unterhaltsames Erlebnis, für mich war es die Hölle. Wenn ich mir heute meine panischen Voicemails anhöre, ist das sehr komisch für mich, weil ich mich so an sich nicht kenne. Panisch, hysterisch quietschend, dass bin ich normalerweise nicht, die Angst war für mich fast greifbar. Was diese Filme mit mir anrichten, ist seelisch und körperlich sehr anstrengend und ich kann euch sagen, dass war mein letzter Versuch, mich selbst zu kurieren. Ich habe eine fast schlaflose Nacht hinter mir und ohne meine Katzen im Bett, wäre ich vermutlich durchgedreht. Ich nehme das jetzt einfach so an und muss damit Leben, dass man mir einen Teil dieses Genres auf Lebzeit genommen hat auch wenn es mich wurmt und ich wünschte, es wäre anders. Aber ich nehme es mit Humor, was anderes bleibt mit auch gar nicht übrig denn es wird sich nicht ändern. Alleine bei dem Gedanken daran, dass ich jetzt noch Fotos raus suchen muss, um diesen Beitrag ein wenig aufzuhübschen, gehen mir schon die Zehennägel hoch.
Man kann es natürlich auch noch aus einem postiven Blickwinkel versuchen zu sehen: egal, wie sehr ich noch filmisch abstumpfen werde, es gibt immer Filme, die in mir richtige Ängste auslösen und mich mein Kissen fressen lassen.
Ich weiß, dass das ein sehr drastischer Fall ist aber habt ihr evtl. auch ähnliche Ängste und Problemfilme? Wenn ja, welche sind es und warum?
‚peace out‘