Vor ein paar Wochen, präsentierten wir an dieser Stelle das Interview mit TRAUMA – Regisseur Lucio A. Rojas.
Heute meldet sich mit Ximena del Solar eine der Hauptdarstellerinnen in TRAUMA und langjährige Weggefährtin des Skandalregisseurs zu Wort.
Da die Chilenin zufälligerweise heute ihren 39. Geburtstag feiert, an dieser Stelle außerdem unsere Glückwünsche.
Thrill & Kill: Was waren deine ersten Gedanken, als du das Drehbuch zu TRAUMA gelesen hast?
Ximena: Nun, Lucio [Rojas] und ich haben seit Jahren eine kreative Partnerschaft, daher fand ich kein fertiges Skript vor. Im Gegenteil! Ich bin damit vertraut, seit es eine kleine Idee war, die in seinem Kopf herumirrte und ich sah sie wachsen und wachsen als der Schreibprozess voranschritt.
Ohne Zweifel ist Trauma das brutalste Werk, an dem wir -als Team- bisher gearbeitet haben und ich denke daher deine Frage.
Ich denke, in Lucios Gedanken gab es immer den bestimmten Wunsch an eine Story mit grafischer Gewalt und ihren extremen Konsequenzen ranzugehen. Ich denke, für ihn war es fast schon erlösend, dass er sich der Arbeit mit derartiger Konzentration widmete.
Zu mir: Mir schien es immer ein riskantes Drehbuch, schwierig in der Ausführung. Aber ich denke, dass es als Erfahrung sehr attraktiv ist, eine Herausforderung, der man nicht widerstehen kann. Ich sah es auch als großen Test in meiner Schauspielentwicklung.
Thrill & Kill: Gab es etwas vor oder während des Drehs, das du nicht tun wolltest?
Ximena: Allgemein, nein. Es gab keine durch das Skript hervorgerufene Situation, mit der ich als Schauspielerin im Konflikt stand. Was mir passierte, war dass es emotional fordernd war, an die Sache heranzugehen. Die Gruppenarbeit war fundamental, weil wir davon abhingen, dass die ausgelösten Emotionen zusammenhängend abgerufen werden. Und das wurde erreicht.
Es ist seltsam, sogar ironisch, das zu sagen, aber am Ende können wir stolz und glücklich sein, dass wir die Schwelle des Schreckens gemeinsam überschritten.
Ich bin sehr stolz auf die getane Arbeit und erreichten Ziele.
Vielleicht gab es eine bestimmte Situation, bei der ich mir nicht sicher war, als mir Lucio davon erzählte, dass er sie ins Buch aufnehmen will. (Ich meine einen bestimmten kannibalischen Akt, der während dem Angriff auf die Mädchen gegen Magdalena’s Figur im Haus ausgeführt wird)….aber hey, du weißt ja, wer die Diskussion gewann. Ich dachte, es wäre vielleicht zu viel.
Das schlimme ist, dass wir viel über diese Szene diskutierten und darin übereinstimmten, dass die Realität und immer mit etwas noch brutalerem überrascht. Schau nur in die Nachrichten. Es ist traurig.
Thrill & Kill: TRAUMA enthält einige sehr brutale Szenen.
Wie hast du dich auf die Rolle vorbereitet und vielleicht noch wichtiger, was hast du getan, um wieder du selbst zu sein?
Ximena: Meine Vorgehensweise ist dem Charakter eine Hintergrundgeschichte zu geben, um mehr zu haben als nur das, was im Drehbuch steht. Um zu erarbeiten wie diese Figur, Julia, handelt und denkt, bevor die Geschichte aus dem Drehbuch in ihre Existenz gerät. Zudem hatten wir das Glück weitestgehend in chronologischer Reihenfolge zu drehen, was mir erlaubte echte Lebenserfahrungen des Charakters zu der mentalen Vorgeschichte, die ich von ihr hatte, zu addieren.
Während des Lesens des Drehbuch, sahen und diskutierten wir als Gruppe über echte Missbrauchsfälle (sowohl in politischer, als auch isolierten Kontexten) und wir teilten persönliche Geschichten in einem vertrauensvollen und respektvollen Rahmen. All das half uns, so an die Geschichte heranzutreten, wie sie es erforderte.
Dann, beim Drehen, in „Action“, gibt es Momente, wo du so sehr in dem Projekt aufgehst, dass du es lebst, als ob es real wäre. Das passierte mir zumindest. Ich fühlte in manchen Momenten echten Schrecken. Dann hörst du „Cut“ und kannst dich entspannen.
Ich denke, dass diese Schauspielerfahrung ein Privileg ist. Realitäten zu erleben, die ganz unterschiedlich zu der eigenen sind und dich in Ruhe zu erholen.
Was mir schrecklich zusetzt, ist des Umstandes bewusst zu sein, dass viele der schrecklichen Dinge, die wir vor der Kamera darstellen, gleichzeitig in der echten Welt geschehen können. Das tötet mich manchmal innerlich.
Thrill & Kill: Nachdem du den fertigen Film gesehen hast, was denkst du über deine Rolle? Gibt es irgendwas, dass du – wenn das ginge – anders machen würdest?
Ximena: Also, grundsätzlich mag ich den Film sehr, obwohl ich denke, dass der Rhythmus abflacht, wenn die überlebenden Mädchen das Versteck der Bösewichte aufsuchen. Glücklicherweise wird dies durch das Ende kompensiert, wenn die emotionalen Verbindungen zwischen ihnen wieder hergestellt werden.
Ich hätte das explodierende Mädchen rausgenommen, denn ich denke, es war unnötig sie als Köder zu nutzen.
Andererseits, eine meiner liebsten Szenen, zusammen mit dem Anfang (der Ursprung des Traumas des jungen Juans) ist die Parallelmontage zwischen der Partynacht der Mädchen, mit Julias Tanz, und was im Zuhause der Bösen geschieht, wo eine komplett unnormale Familienstruktur enthüllt wird, wo trotz der bizarren Situation eine Imitation von Zuneigung zwischen den Mitgliedern dieser Zelle vorhanden zu sein scheint.
Es erfordert eine Menge Mut von Cast und Regisseur, um in diese Art Realität einzutauchen.
Independentfilme in Chile zu drehen, ist sehr sehr schwer. Ich denke, es war eine gewaltige Leistung einen Film wie TRAUMA hervorzubringen. Für mich war es eine absolute Quelle des Lernens (in verschiedenen Bereichen, sowohl künstlerisch, als auch technisch). Derzeit könnte ich nichts ändern, aber ich schätze all das Wissen, das ich erworben habe und das meiner weiteren Entwicklung und neuen Projekten dienen wird. Es gibt keinen anderen Weg besser zu werden, außer es einfach zu tun.
Thrill & Kill: Du hast auch in anderen Filmen von Lucio Rojas gespielt. Was ist eure spezielle Verbindung. Werdet ihr weitere Projekte gemeinsam umsetzen?
Ximena: Das stimmt! TRAUMA ist die erste große Rolle in einem Projekt von Lucio, aber nicht die erste. Ich kenne ihn seit 18 Jahren. Wir wurden Freunde, als wir beide Collegestudenten waren und waren beide begeistert vom Genre und Horrorfilmen (vielleicht sollte ich erwähnen, dass ich Sprachen studiert habe und er Politikwissenschaften).
Wir träumten davon Filme zu machen, aber es war nur ein Traum und wir wussten, dass es schwer werden würde, das auszuführen. Einige Jahre später beschloss er schließlich sein Leben in die richtigen Bahnen zu lenken, um das Ziel zu erreichen. Ich lebte zu der Zeit in Spanien und versuchte gleichzeitig Schauspielfähigkeiten zu entwickeln. Dann trafen wir uns in Chile wieder und formten ein kreatives Team, das davon zehrt welche unterschiedliche Sensibilität jeder von uns hat.
Derzeit drehen wir an einem Kurzfilm, den wir zusammen kreiert und geschrieben haben (Episode „Contagium“ der internationalen Anthologie ILL) und wir entwickeln ebenfalls gemeinsam die Geschichte für einen ambitionierten Fantasyfilm, der den Titel LAMIAE tragen wird (Drehbuch wird noch geschrieben)
Es gibt noch ein anderes Projekt, ein Spielfilm namens FASCINARE, der das Thema Pädophilie aufgreift Komplett von Lucio geschrieben, wo er mich als Schauspielerin dabei haben wird.
Ihr findet Ximenia auf Instagram: @ximedelsolar
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