Waren die ersten beiden Ausgaben von unserer „Under The Knife“ eher von unterhaltsamer Natur, gilt es heute aus aktuellem Anlass über ein ernstes Thema zu sprechen.
Die Rede ist vom Amoklauf in Aurora, Colorado, die bei einer Premiere des neuen BATMAN- Films stattfand. Egal, ob man Filmfan ist oder nicht, die Nachricht ging Ende letzter Woche natürlich schnell um die ganze Welt und wie immer in solchen Fällen, spricht man in den Medien von Ursachen und Konsequenzen.
Während es so scheint, als hätten manche Redaktionen bereits fertige Artikel in der Schublade, die eine Übersicht früherer Taten zeigen oder aktuelle Waffengesetze anprangern, setzt man sich natürlich im Einzelfall auch immer mit dem Täter auseinander. Da die Informationen vor allem direkt nach der Tat meist dünn gesät sind, hält man sich dann aber nicht lange mit Fakten auf, sondern verliert sich schnell in Vermutungen und Spekulationen, die oft ebenfalls vorgefertigt wirken und mehr auf gängigen Klischees, als auf harten Wahrheiten beruhen.
Seit Jahrzehnten müssen sich Freunde von Horrorliteratur und -filmen, Heavy Metal-Fans und Computerspieler nach den Bluttaten einzelner Wirrköpfe gefallen lassen, dass man sie mit diesen geistigen Schnabeltassen in einen Topf wirft.
Ich muss euch nicht erklären, dass das Unfug ist und hier offenbar Ursache und Wirkung vertauscht wurden. Es mag wohl sein, dass auch Amokläufer Horrorfilme sehen oder gerne ihre Baller-Fantasien auf dem Bildschirm üben, im Umkehrschluss wird aber kein Schuh daraus, denn sonst wären von den über 10 Millionen Käufern von CALL OF DUTY: MODERN WARFARE 2 (einem Spiel, in dem es immerhin ein drastisches Massaker an Zivilisten gibt) wohl inzwischen viele Spieler auffällig geworden. Auch Metallicas Bestseller KILL `EM ALL dürfte kaum irgendwer als Aufforderung verstanden haben.
Und was ist mit uns Horrorfans? Inspirieren uns Filme zu schrecklichen Taten? Ich für meinen Teil stehe nach dem Genuss von Buttgereits NEKROMANTIK immer noch nicht auf Leichen, nach A SERBIAN FILM immer noch nicht auf Kleinkinder und nach A NIGHTMARE ON ELM STREET immer noch nicht auf rot-grüne Pullover. Hätten wir den Eindruck, dass unsere geliebten Filme einen schlechten Einfluss darstellen, würden wir den Laden hier dichtmachen.
Was ist aber mit dem Täter von Denver? Ist er vielleicht der eine aus einer Million, bei dem die filmischen Einflüsse eine Sicherung haben durchknallen lassen?
Am Samstag warf die BILD gewohnt unprofessionell die Frage in den Raum, ob der mutmaßliche Täter Szenen des Films nachstellte und man muss kein Hellseher sein, um zu erkennen worauf das abzielt (auch wenn THE DARK KNIGHT RISES kein Horrorfilm ist).
-So soll der Täter eine Gasmaske getragen habe, wie auch der Bösewicht Bane im Film. Da offenbar viele Besucher in Verkleidung kamen und er eine Rauchbombe oder Tränengasgranate gezündet haben soll, macht das aus seiner Sicht Sinn, hat mit dem Film aber direkt nichts zu tun.
Seine schwarze Kleidung ist jedenfalls unverfänglich.
-Die ersten Schüsse im Kino fielen angeblich im gleichen Moment wie auf der Leinwand. Das mag zutreffen oder auch nicht, außer der BILD weiß von diesem exakten Zeitpunkt offenbar niemand etwas. Falls es so war, nutzte der Mörder zweifelsohne den Moment der Verwirrung aus, da die Besucher womöglich Realität und Film für einen Augenblick nicht unterscheiden konnten. Deswegen kann man allerdings kaum von einem Nachahmen sprechen.
Hier endet auch schon die dünne Argumentation der BILD.
Keine Frage, es handelt sich um eine furchtbare Tat und ob sie dem Film schadet oder -so grotesk es klingen mag- durch die traurige Berühmtheit sogar noch zu einem Geldsegen verhilft, bleibt abzuwarten.
So oder so ist der Vorfall nicht der Fehler von Christian Bale, Tom Hardy, Christopher Nolan oder sonst wem am Film beteiligten und ich finde es widerlich wie Medien, deren Aufgabe es wäre über Tatsachen zu berichten ihre eigene Fantasy-Story stricken.