Als vor ein paar Jahren der Begriff Crowdfunding die Runde machte, zauberte das ein Lächeln auf die Gesichter vieler junger Filmemacher, die grandiose Ideen in der Schublade liegen hatten, diese aber aufgrund der eigenen leeren Sparschweine und versiegelter Kassen potentieller Geldgeber nie umsetzen konnten oder aber einfach unglücklich darüber waren, dass irgendwer immer noch ein Wörtchen mitreden wollte und das Endprodukt kaum noch etwas mit der Idee zu tun hatte.
Das sollte sich nun ändern.
Über Seiten wie Indiegogo, Kickstarter oder dem deutschen Startnext können seit etwa einem halben Jahrzehnt Kreative ihre Projekte vorstellen und um die finanzielle Unterstützung der weltweiten Community bitten.
Klingt gut? Absolut.
Man könnte auch behaupten, dass Crowdfunding für die Filmbranche das ist, was ebay für Flohmärkte ist. So wie eine Koexistenz von Händlern, die sich Samstag morgens um 6 Uhr bei Regen die besten Plätze auf einem alten Parkplatz sichern und (semi-)professionellen Online-Verkäufern, die aus Muttis Kellern asiatische Importware verticken, möglich ist, wird auch Crowdfunding die klassischen Filmproduktionen nicht ausrotten sondern erweitern.
Diese Woche wurde bekannt, dass auch Rob Zombies neuester Film 31 auf diese Weise finanziert werden soll und löste damit nicht unerwartet eine Diskussion aus, dass dies dem Gedanken von Crowdfunding widerspreche.
Puristen zufolge dürfen Leute, die bereits Erfolg mit ihren Taten hatten und vermeintlich unendliche Budgets aufrufen können diese Möglichkeit nicht nutzen.
Ich gebe gerne zu, dass auch mir der Gedanke zunächst seltsam vorkam, dann aber von einem „Warum eigentlich nicht?“ abgelöst wurde.
Ich bin gerne bereit den 12jährigen Rookie-Regisseur von nebenan zu unterstützen wenn mir sein Projekt gefällt, aber warum soll ich nicht einem etablierten Namen auf die gleiche Weise helfen den Film so umzusetzen wie er sich das vorstellt, statt sich den oft idiotischen Vorgaben eines Studios zu beugen?
Bitte liebe Indie-Filmmaker, die sich nun darüber aufkoffern, dass euch Zombie Gelder stiehlt, fragt euch vielleicht wenigstens mal, warum euch keiner Gelder gibt:
Zunächst fällt auf, dass alleine die Anzahl der Kampagnen für Horrorfilme auf den gängigen Sammelplätzen enorm ist.
Sind es auf Startnext derzeit nur eine Handvoll Projekte, werben auf Kickstarter 20 Filmemacher um Unterstützung und auf Indiegogo sind es sogar knappe 50 Filme aus dem Horrorbereich, die mit finanzieller Hilfe der Fans gedreht werden sollen. Unnötig zu erwähnen, dass dort nicht nur Talente vertreten sind, sondern auch einige Faulenzer und Nichtskönner, die auch mit dem Budget eines Michael Bay keinen vernünftigen Film drehen könnten. Nun mag man behaupten, dass auch Bay keine vernünftige Filme dreht, aber Bay zeigt mir zumindest einen Trailer bevor er mich zur Kinokasse bittet.
Bei dieser puren Anzahl von Crowdfunding-Filmen ist es gar nicht so einfach den Überblick zu behalten und manchmal muss man sich auch wundern, wie Leute an die Sache herangehen.
Ob sich bei ebay einer trauen würde ein Produkt ohne vernünftige Beschreibung einzustellen, darf bezweifelt werden, denn im schlimmsten Fall führt das dazu, dass der nagelneue Fernseher im Wert von 1000€ für 1€ verkauft wird. Das Filmprojekt vernünftig zu beschreiben, mit dem man dem Kollektiv an Geldgebern gerne einen fünf-stelligen Betrag abnehmen möchte, scheint hingegen eine Zumutung für die Künstler.
Ihr schafft es nicht einmal uns konkret zu sagen wie die Sache aussehen soll, für die wir unsere Kohle ausgeben, aber wir sollen glauben, dass uns der Film gut unterhalten wird?
Keiner verlangt, dass ihr das komplette Drehbuch verteilt, aber mehr als 2 Sätze zum Inhalt oder der Herangehensweise dürfen es schon sein.
Und wenn wir schon über Worte und Sätze sprechen, ihr wirkt kein bisschen professionell, wenn ihr es nicht mal schafft für einen Text, für den ihr wochenlang Zeit hattet, die Rechtschreibprüfung einzuschalten.
Es mag gegen die ungeschriebenen Crowdfunding-Gesetze verstossen, erfolgreichen Leuten Geld zu geben, aber verstößt es nicht auch gegen die Gesetze des Indie-Films die tausendmal gezeigte Story über fünf campende Jugendliche oder (besonders gerne im deutschen Raum genommen) den Mix aus Mittelalter und Neuzeit als Innovation darzustellen? Ist die Indie-Szene nicht dafür da, um Neues zu wagen?
Neulich hat ein Typ über 50.000$ für einen Kartoffelsalat (!!!) gesammelt. Ich habe nichts dazu beigetragen und nicht mitgegessen, aber irgendetwas hat er richtig gemacht und ihr wollt meine Kohle für einen ideelosen Schinken, den ich schon 20 mal im Regal stehen habe?
Vorschlag: seid kreativ und ihr kriegt mein Geld.
Natürlich hat es ein Regisseur leichter, der bereits einen oder mehrere Filme als Referenz in seinem Lebenslauf stehen hat, aber selbst das GERMAN ANGST Projekt von Andreas Marschall und Jörg Buttgereit wurde nicht automatisch mit Geldscheinen überhäuft, sondern bedurfte reichlich Werbung und Eigeninitiative.
Es ist klar, dass gerade ein international bekannter Name wie Rob Zombie einen Vorteil hat, weil man seinen Namen nun mal kennt, ich wage aber zu behaupten, dass er nicht als Superheld geboren wurde, sondern sich seinen jetzigen Status hart erarbeitet hat.
Interessanterweise sind einige der Leute, die Zombie und Konsorten für ihren Crowdfunding-Vorstoss verfluchen selbst Filmemacher, die in der Vergangenheit schon die Chance hatten Filme zu drehen, diese derart in den Sand gesetzt haben, dass es heute noch staubt, aber natürlich lieber die Schuld bei anderen suchen.
Immerhin, egal wie viel und an wen ich spende, ich erhalte etwas zurück. Für 5€ erwarte ich nicht mehr als ein Dankeschön, wenn ich aber mehr als 50€ hinlegen muss, um auch nur den fertigen Film sehen zu dürfen, verzichte ich lieber, drücke die Daumen und kaufe mir dann die DVD für einen Bruchteil.
Ich bin sicher Fans sehen Crowdfunding nicht als Möglichkeit zur persönlichen Bereicherung und das ist auch gut so, aber hätten Filmemacher mehr Vertrauen in ihr eigenes Projekt, wäre ein solider Gegenwert oder gar die Möglichkeit einer Gewinnbeteiligung ein faires Herangehen.
Was das Thema angeht, ist Rob Zombie aber auch nicht besser als alle anderen. Wenn ich 300$ einzahle folgt mir Rob auf Twitter… ich könnte das Geld aber auch anders anlegen.
Rob Zombie wird die kleinen Indiefilme, die 5000€/$ sammeln ebensowenig zerstören, wie Crowdfunding die traditionelle Filmbranche ausrottete. Natürlich könnte es sein, dass irgendwer lieber Zombie das Geld nachwirft als dem talentierten Neuling, aber dazu wird glücklicherweise niemand gezwungen. Es ist nicht die RZ-Steuer, sondern immer noch die Entscheidung jedes einzelnen und wer sich gezielt durch Crowdfunding-Seiten wühlt um auf Teufel-komm-raus seinen Gehaltscheck zu verprassen, ist vermutlich gar nicht die Art Person, die von großen Produktionen angesprochen wird.