Dass in Österreich hin und wieder sehenswerte Genrebeiträge produziert werden ist allgemein bekannt. Michael Haneke beispielsweise hat sich mit FUNNY GAMES international einen Namen gemacht und ein US Remake bekommen. Derzeit bekommt ICH SEH, ICH SEH unter seinem internationalen Titel GOODNIGHT MOMMY und mit einem IMDB Rating von 6,7 durch aus gute Kritiken auch in Übersee. Nicht neu aber ebenfalls sehenswert ist Gerald Kargl’s ANGST von 1983, der lose den Fall von Werner Kniesek zum Thema hat.
Ein Frauenmörder wird aus der Haft entlassen, fest entschlossen, da weiter zu machen wo er vor seiner Inhaftierung aufgehört hat. Er fackelt nicht lange seine sadistischen Fantasien in die Tat um zu setzen. Nach ein paar potenziellen Opfern und nun auf der Flucht gelangt er in ein vermeintlich unbewohntes Haus, wo er unerwartet auf eine dreiköpfige Familie stößt. Das ist die Chance nach der er gesucht hat.
Von seinem ersten Schritt in Freiheit an begleiten wir ihn und seine Gedanken, die uns der Protagonist über den gesamten Film hinweg in einem Monolog mitteilt. So erfahren wir viel über seine Motive und Biografie, während die Kamera immer nahe am aktuellen Geschehen bleibt. Seine Taten werden dabei ungeschönt eingefangen und erinnern mit der realistischen Atmosphäre und der rohen Gewalt an Stanley Kubricks’s UHRWERK ORGANGE. Die im Monolog offenbarte Gedankenwelt des Hauptcharakters sind dabei ebenso verstörend wie die Bilder die uns zugeworfen werden. Laut Wikipedia wurden hier Aussagen und Zitate von auch anderen realen Serientätern in den Text eingearbeitet.
Trotz allem Realismus hat ANGST nicht den Anspruch 1 zu 1 die Geschehnisse rund um Werner Kniesek wiederzugeben, so wurde die Geschichte in Details verändert, trifft den Fall aber im großen und ganzen sehr gut. So war Kniesek beispielsweise nicht entlassen worden sondern lediglich auf Hafturlaub und auch die Taten die in dem Haus vor sich gingen wurden nicht alle im Drehbuch zum Film umgesetzt. Schauspieler Erwin Leder (DAS BOOT, UNDERWORLD) bringt in der Rolle des Psychopathen eine großartige Leistung und ist neben der besonderen Kameraführung ein essentielles Element des Films.
Das Drehbuch wurde in Zusammenarbeit mit dem polnischen Kameramann und Filmemacher Zbigniew Rybczyński geschrieben, der im selben Jahr in dem ANGST erschien einen Oscar für den besten animierten Kurzfilm gewann. Generell macht ANGST alles richtig, sodass es schwer fällt den Film an irgendeiner Stelle zu kritisieren und Gaspar Noé (IRREVERSIBEL) zählt ANGST zu einem seiner Top 5 Lieblingsfilmen. Hier liegt es also hauptsächlich an den Erwartungen und dem Geschmack des Zuschauers ob ihm der Film gefällt oder nicht.