THE BITTER TASTE ist ein Film, wie er nur selten vorkommt.
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen handelt es sich um eine deutsch-schwedische Produktion, was selten ist, aber alleine keine Erwähnung wert wäre. Es ist ein Horrorfilm, aber nahezu alle verwandten Genres von Mystery über Fantasy bis zum Märchen, aber auch Splatter werden wenigstens angerissen. Und er bewegt sich trotz Kinostarts im Low Budget – Bereich.
Wovon handelt THE BITTER TASTE?
Marcia ist eine ehemalige Fünfkämpferin, die als Jagdführerin arbeitet. Sie hat sich aber gerade mit ihren Kunden überworfen und ist im Auto unterwegs, als sie im Wald eine verängstigte Frau anhält, die von einem unheimlichen Wesen verfolgt wird.
Marcia kann der Kreatur entkommen und sich in ein nahes Dorf retten, findet sich aber in einem Alptraum wieder, den sie nicht so schnell verlassen kann, wo eine untote Gräfin Jagd auf Menschen macht und sie all ihre sportlichen Fähigkeiten gut gebrauchen kann.
Regisseur Guido Tölke schrieb auch am Buch mit, bediente die Kamera und war für den Schnitt verantwortlich. Marcia wird gespielt von Julia Dordel (SKY SHARKS), die außerdem auch noch als zweite Autorin und Produzentin mitwirkte.
Oft sagt das Multitasking einiges über das Filmbudget aus und ja, THE BITTER TASTE ist ein Independent-Film, wobei Indie hierbei aber nicht gleichzusetzen ist mit Amateur-Hobby-Projekt, andererseits aber natürlich auch nicht mit massenanbiederndem Mainstream.
Und der Film kommt mit großen Ambitionen daher. Dies gilt sowohl für den Inhalt, dazu gleich mehr, als auch für die Vermarktung, denn gedreht wurde in englischer Sprache, erste Festivalerfolge im Ausland sind verbucht (u.a. auf dem FrightFest) und für Deutschland ist ein Kinostart am 5. Juni 2025 geplant.
Deutsche Filme in englischer Sprache, das mag kommerziell Sinn ergeben, wirft aber auch die Frage auf, ob der deutsche Akzent im Ausland weiterhilft und man es sich auf dem deutschen Markt nicht schwerer macht.
Fünfkampf, auch bei den Genres
Die Story wirft uns indessen alles entgegen, was aufzutreiben war, mixt wie oben erwähnt zahlreiche Genres und hat auch kein Problem damit alte Autos, uralte Dampfloks und moderne Handys in die gleiche Zeit zu stecken. Das kann man doof finden, dieses Sprengen der zeitlichen Zuordnung verleiht THE BITTER TASTE aber eine fantasievolle Zeitlosigkeit.
Der Film setzt auf eine Reihe von Frauenfiguren. Angefangen von Marcia, deren Fünfkämpferinnen-Qualitäten alle abgefragt werden, über eine ungläubige Polizistin bis zu einer sinistren Blutgräfin. Herren sind hier meist nur Nebensache.
Leider könnte sich alles, was man positiv über THE BITTER TASTE sagen kann, auch negativ formulieren lassen.
So leistet Guido Tölke zwar eine wirklich saubere Kameraarbeit, die sich auch vor größeren Produktionen nicht verstecken muss, sein Schnitt ist hingegen oft hektischer als nötig und statt in ruhigen Szenen zu oft zu cutten, hätte THE BITTER TASTE ein Einkürzen der über zwei Stunden Gesamtlaufzeit gutgetan.
Auch über eine überpräsente Musik lässt sich diskutieren, denn weniger, aber akzentuiertere Einsätze wären wirkungsvoller gewesen.
THE BITTER TASTE verfügt über Qualitäten
Sicherlich machen es sich Tölke und sein Team damit schwerer, sich nicht auf ein Genre festlegen zu wollen. Das ist für Filmliebhaber sicher ein Plus, der Mainstream hätte aber immer gerne eine klare Schublade. Und der Gelegenheitsschauer wird vermutlich auch nicht honorieren, dass die CGI-Einsätze zwar anständig, aber nicht top notch ausfallen, während der Untergrund-Fan beim Wort CGI schon ganz raus ist, zumal davon viel zu sehen ist. Schade eigentlich, denn Gewalt gibt es dann doch reichlich.
Natürlich bewerten wir am Ende aber keine Fragen zu Marketing und Einspielergebnissen und wie angedeutet verfügt THE BITTER TASTE durchaus über Qualitäten.
Um diese genießen zu können, empfehlen wir ein offenes Mindset hinsichtlich der Story und das Wissen, dass sich handwerklich gute Augenblicke mit einer Dosis „too much“ und nicht ausgeschöpftem Potential abwechseln.