Es wird Zeit über DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER zu sprechen und dafür gibt es viele Gründe.
Dass ein Film wie dieser bei den Oscarverleihungen in den wichtigsten Kategorien abräumt, ist keine Selbstverständlichkeit, denn in der Regel wird solch düsterer Stoff gerne von der Jury übersehen, oft aber auch gar nicht in der nötigen Qualität gedreht.
Auch wenn DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER kein Horrorfilm im engeren Sinne sein mag, ist die Geschichte um den inhaftierten Kannibalen Hannibal Lecter, der der jungen FBI Agentin Clarice Starling dabei hilft einen anderen Serienmörder zu fassen, doch der Stoff aus dem Alpträume geboren werden….dabei aber nicht nur großartig besetzt, sondern auch glaubhaft umgesetzt.
Es ist ein Film, der gleichermaßen den Zeitgeist der frühen Neunziger Jahre traf, die durch eine gewisse Tristesse geprägt waren, aber auch das Thema Serienmörder groß machte. Natürlich hatte es davor Filme gegeben, in denen Serientäter zuschlugen, zum erweiterten Kreis mag man viele Slasher zählen, aber hier wird nicht nur eine psychologische Tiefe erreicht sondern auch ein realistisch anmutendes Szenario.
DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER nimmt sich zwar wie viele Filme die Freiheit spannende und dramaturgische Elemente in seine Handlung einzubauen, die sich auf der Jagd nach echten Mörder wohl normalerweise nicht finden. Trotzdem erscheint doch vieles der Realität entliehen und alles ist in sich stimmig.
Das hatte einige Jahre zuvor schon BLUTMOND versucht, der ebenfalls auf einem Roman von Thomas Harris basiert und uns bereits Hannibal Lecter vorstellt, aber auch wenn BLUTMOND (als Buch: ROTER DRACHE) durchaus als solide zu bezeichnen ist, fehlt ihm die Kraft von DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER.
Was genau die Magie ausmacht, lässt sich kaum an einer Sache festmachen, das intensive Zusammenspiel von Anthony Hopkins und Jodie Foster ist aber ein wesentlicher Faktor. Zwar haben die beiden nur vier gemeinsame Szenen und sind stets durch Gitterstäbe, Glasscheiben oder eine Telefonleitung getrennt (nur eine einzige Berührung ihrer Finger sehen wir im Film), aber genau dieses Spiel aus Nähe und Distanz, Ablehnung und Zuneigung zieht den Zuschauer in seinen Bann.
Hopkins spielt Lecter als ambivalenten Charakter, der gebildet ist aber auch sehr roh sein kann, den man sympathisch findet, aber nicht auf ein Glas Chianti einladen wollte.
Foster tut in den Schlüsselszenen das, was sie in ANGEKLAGT und später auch in SOMMERSBY am besten kann, sie begibt sich in die Rolle der Befragten, der die Antworten peinlich sind. Gleichzeitig durchläuft ihre Figur aber auch eine Transformation, die dem des Schmetterlings, der in Film und Cover vorkommt, ähnlich ist: sie wächst mit ihrer Aufgabe. Aus ihrem zunächst unsicheren und bemühten Verhalten wird Reife.
Das Überwinden der eigenen Konflikte ist freilich im Kino gerne genommen, wird hier aber glücklicherweise unaufdringlich in einer guten Story verpackt.
Eine Transformation will auch „Buffalo Bill“ durchlaufen, der Typ, der kräftige Frauen in einem Kellerloch gefangen hält und letztlich häutet, um aus ihnen ein Kleid zu tragen. Wie Leatherface und Norman Bates ist seine Figur an den realen Serienmörder Ed Gein angelehnt, in weiteren Details aber auch an Ted Bundy und Gary Heidnick.
Als Beobachter gelingt es uns kaum eine Beziehung zu ihm aufzubauen, was nicht nur an den verstörenden Dingen liegt, die er tut -Lecter ist nicht weniger verstörend-, sondern dass alles an ihm abstoßend ist. Lecter kann charmant sein und sicher ist er intelligent, über Buffalo Bill können wir hingegen kaum etwas sagen und die kurzen Ausschnitte, bei denen wir ihn beobachten, sprechen eine düstere Sprache.
DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER als Teil der Film- und Popkultur
Welchen Stellenwert DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER hat, lässt sich nicht nur an gewonnenen Trophäen ablesen, sondern auch am Einfluss auf Genre und Fans. Zunächst sind eine ganze Reihe von Zitaten zu nennen, die Lecter und Starling in unseren Köpfen hinterließen. Nicht nur „Quid pro Quo“ wurde durch den Film gesellschaftsfähig, auch nette Sätze wie „Ich kann deine Fotze riechen“ sind hängengeblieben.
Auch Hannibal Lecters Look mit Maulkorb und Zwangsjacke wurde in Satiren und Karnevalskostümen oft kopiert.
Und natürlich löste der Film einen regelrechten Trend für Serienmörder aus, was sich in True Crime – und Profiling – Büchern, entsprechenden Dokus, aber auch Spielfilmen wie SIEBEN, COPYKILL und JENNIFER EIGHT widerspiegelt (um nur einige der besseren zu nennen).
Zudem gab es eine ganze Reihe Ableger des Films selbst. Anthony Hopkins schlüpfte in HANNIBAL und dem ROTER DRACHE – Remake zwei weitere Male in seine Paraderolle, zudem wurde später ein Prequel namens HANNIBAL RISING gedreht. In dem Serienableger HANNIBAL übernahm Mads Mikkelsen die Rolle des Kannibalen.
Fazit: Ein essentieller Film!