Im dunklen Märchen BLAUBART von Chares Perrault heiratet ein älterer, wohlhabender Mann eine junge Frau. Als er kurz nach der Hochzeit auf Geschäftsreise muss, erklärt er seiner Gattin, dass sie einen bestimmten Raum des Hauses nicht betreten darf. Doch die Neugier siegt und die Dame entdeckt in dem Zimmer, dass ihr Mann ein Mörder ist. Als der überraschend nach Hause kommt, rächt sich der Wissensdurst.
Das Märchen wurde Ende des 17. Jahrhunderts geschrieben, EliZABETH HARVEST ist hingegen ein aktueller Film, der aber das gleiche Thema anfasst und nicht nur in unsere Zeit versetzt, sondern zudem (und hier begeben wir uns schon fast in Spoiler-Gefilde) Science-Fiction-Elemente enthält.
Die junge, hübsche Elizabeth hat den wesentlich älteren Henry geheiratet. Der Millionär nimmt sie mit in seine entlegene Villa, wo es nur noch zwei Bedienstete gibt.
Henry und die Angestellten behandeln Elizabeth gut, aber als er ihr das Haus zeigt, erklärt er ihr, dass sie einen bestimmten Raum nicht betreten darf….
Selbst wenn man die Blaubart-Geschichte nicht kennt, ahnt man als Zuschauer relativ schnell, dass etwas nicht stimmt. Anfangs mag man es auf die Sterilität der modernen Villa schieben, vielleicht auch einfach auf unangebrachtes Schauspiel oder ungeschicktes Storytelling. Stets scheinen die überschaubaren Ereignisse ein paar Zentimeter neben der Ideallinie.
Das ist allerdings kein Fehler, sondern wie sich ebenfalls rasch zeigt, durchaus gewünscht.
Denn es dauert nicht lange, bis Elizabeth die verbotene Tür öffnet und mit den Konsequenzen leben muss.
An dieser Stelle sei nun noch einmal ausdrücklich vor Spoilern gewarnt, denn ELIZABETH HARVEST ist einer jener Filme, die früh einen Twist nutzen und wer denkt, dass die junge Hauptfigur 90 Minuten lang in der schicken Villa überleben muss, bis sie der Klang von Polizeisirenen retten, wird sich gewaltig wundern.
Stattdessen werden wir Zeuge, wie Henry seine neugierige Ehefrau schnell zur Strecke bringt…nur um kurz darauf wieder am Filmanfang zu stehen. Was vermeintlich eine Erklärung der Marke UND TÄGLICH GRÜSST DAS MURMELTIER erfordert, entwickelt sich jedoch völlig anders.
Und dies ist nicht die einzige Überraschung die ELIZABETH HARVEST bereithält. Nicht nur wird aus dem (vermeintlichen) Mann-vs.-Frau-Thriller die schon angedeutete Science Fiction-Story, diese entblättert sich auch immer weiter und hält damit den Zuschauer in Bewegung.
So enthält ELIZABETH HARVEST zwar Spannung, ist allerdings kein typischer Spannungsfilm. Soll heißen: die Gesamtgeschichte, nicht einzelne Szenen überzeugen.
Ganz ohne ein paar traditionelle Zutaten geht es aber nicht. Menschen werden gewürgt, gejagt, erstochen und erschossen und all das in stylisher, manchmal auch stilisierter Kameraarbeit.
Die Ästhetik des Films ist in jedem Fall hervorzuheben. Zwar kann man fast von einem Kammerspiel sprechen, das nur fünf Schauspieler braucht und nahezu komplett in der edlen Villa abgehandelt wird, diese sieht aber schick aus und dass Hauptdarstellerin Abbey Lee (THE NEON DEMON) früher Modell war, passt ebenfalls ins Bild.
Fazit: ein abwechslungsreicher, unkonventioneller und optisch ansprechender Film, der aber langsam zum Punkt kommt und üblichen Thrill (bewusst) vermissen lässt.