Bei einem Titel wie LUZIFER sollte doch alles klar sein. Man denkt an Höllenfeuer, an den Gehörnten und es wabert ein Hauch von Schwefel durch den Raum.
Doch statt plakativem Kino bietet der Film Alpenluft, subtile Botschaften und eindeutig mehr Arthouse als Horror. Wenn man weiß, dass Veronika Franz (Regisseurin von THE LODGE und ICH SEH ICH SEH) hier als Produzentin mitwirkte, ergibt das aber Sinn.
Inhalt:
Johannes lebt mit seiner streng gläubigen Mutter Maria in einer kleinen Almhütte in den Bergen. Obwohl er erwachsen ist, hat Johannes den Verstand eines Kindes. Kontakt zur Außenwelt haben die beiden nur selten. Zwar besitzen sie ein Handy, aber lediglich ein alter Einsiedler und eine Tierärztin kommen regelmäßig zu Besuch.
Diese besondere, aber intakte Welt wird gestört, als das Gebiet touristisch erschlossen werden soll.
Plötzlich tauchen Drohnen auf, Baumfällarbeiten beginnen in der Umgebung, Maria soll ihren Besitz verkaufen.
Das ist der Beginn einer Reihe von Ereignissen, die Johannes nicht einordnen kann, die aber kein gutes Ende nehmen…
LUZIFER ist ein besonderer Film, was bei der eigentlich bekannten Geschichte ebenfalls besonders ist, denn Storys, in denen friedliebende Menschen von profitgierigen Eindringlingen von ihrem Land vertrieben werden sollen, gibt es zuhauf.
Die spielen aber selten in einer solche beeindruckenden Naturkulisse und haben noch seltener eine am Kaspar-Hauser-Syndrom leidende Hauptfigur.
Um LUZIFER greifen zu können, muss man Johannes (gespielt von Franz Rogowski) greifen können. Wie mag es für jemanden sein, der mit kindlichem Gemüt an diesem eigenwilligen Ort lebt? Im Einklang mit der Natur, aber auch vom Glauben der Mutter geprägt?
Natürlich kann ein Johannes, die nun bedrohte Welt wenig rational und kaum kognitiv erfassen und daher wird der Film auch nicht zum Revenge-Streifen (obwohl man als Beobachter kurz damit rechnet), sondern bleibt sich und Johannes‘ Muster treu, Unerklärliches als die Tat von Gott und Teufel abzutun.
LUZIFER ist kein Film für Klischee-Fans
Es ist aber auch Susanne Jensen, die als Maria Eindrücke hinterlässt. Nicht nur ist ihr Schädel kahlgeschoren, so dass man anfangs zweimal hinsehen muss, um ein Geschlecht auszumachen, sie ist auch großflächig tätowiert und im echten Leben keine Schauspielerin, sondern Künstlerin und Pastorin.
Das Verhältnis zwischen Maria und Johannes ist liebevoll, auch physisch, aber nicht sexuell.
Dass Johannes und Maria biblische Namen sind, ist kein Zufall. Wie erwähnt spielt Glaube eine große Rolle. Manchmal nur angedeutet, teils dann aber doch erschreckend plump, wenn die Kamera etwa auf ein (zufällig?) umgedrehtes Kreuz hält.
Es sind diese kleinen Momente, die verraten, dass Regisseur/Autor Peter Brunner ein ambitioniertes Werk drehte, aber manchmal nur ungelenk zum Ausdruck bringen kann, was er mitteilen möchte.
Ein selbsterklärender Film ist LUZIFER trotzdem nicht geworden, auch keiner, der mit Schauwerten hausieren geht und stattdessen auf seine wenigen Figuren baut.
Exorzismus mal anders
Natürlich ist das schon mal eine Herangehensweise, die den Mainstream-Fan ausknockt, aber auch wer Kunstfilme schätzt, könnte missfallen, dass sich so einiges wiederholt, während wenig vorangeht.
Nun mag man argumentieren, dass das beim Leben auf der Alm eben so ist, erzählerisch bleibt es fragwürdig.
Trotzdem läuft die Geschichte auf etwas hinaus, nämlich einen Exorzismus. Den darf man sich aber nicht wie die übliche Klischee-Teufelsaustreibung (Priester, pöbelnde Dämonen, Weihwasser) vorstellen, sondern angenehm eigenständig. Dass Regisseur Peter Brunner sein Werk einen „Anti-Exorzismus-Film“ nennt, passt zu dieser Herangehensweise.
LUZIFER soll von einem wahren Fall inspiriert worden sein. Welcher das ist, wissen wir nicht, aber natürlich gibt es diverse Fälle von missglückten Exorzismen, bei denen der Teufelsaustreiber mehr Wahn mitbrachte als der Besessene, was zu einem katastrophalen Ende führte.
Meist ist „der wahre Fall“ nur billiges Marketing, in diesem Fall kann man sich zumindest vorstellen, dass es so gewesen sein könnte.
Fazit:
LUZIFER ist ein Film mit Qualitäten, dazu gehören neben der prächtigen Landschaft vor allem die beiden Hauptdarsteller. Allerdings hat er zu wenig zu erzählen, um eine Laufdauer von mehr als 100 Minuten zu rechtfertigen.