Die Verfilmung MR. HARRIGAN´S PHONE entstammt der Geschichten-Sammlung IF IT BLEEDS, in Deutschland unter dem Titel BLUTIGE NACHRICHTEN bekannt, von Stephen King. Etwas über einhundert Seiten zählt die Kurzgeschichte, ebenfalls etwas über einhundert Minuten zählt die Verfilmung, herausgekommen ist mehr als Durchschnitt.
Story
Die Handlung von MR. HARRIGAN´S PHONE folgt Craig, ein Junge aus der Kleinstadt Harlow in Main, der sich mit Mr. Harrigan, einem älteren, zurückgezogen lebenden Milliardär anfreundet. Bald beginnen die beiden über ihre Liebe zu Büchern und zum Lesen eine unwahrscheinliche Verbindung aufzubauen. Doch als Mr. Harrigan traurigerweise verstirbt, entdeckt Craig, dass nicht alles verloren ist und kann seltsamerweise über das iPhone mit seinem Freund aus dem Grab kommunizieren.
Zu Beginn:
Craig und sein Vater leiden unter dem Verlust der Mutter und Ehefrau. Die Kirche gibt ihnen Trost und Craig liest regelmäßig aus der Bibel vor. Sein Talent, auch schwierige Texte hervorragend vorzutragen, bleibt nicht ungesehen. Mr. Harrigan wird auf den Jungen aufmerksam und ersucht Craigs Vater darum, den Jungen anzustellen.
Von nun an besucht Craig den alten Herren dreimal in der Woche, um ihn aus Büchern vorzulesen. Sein Lohn dafür sind 5 Dollar, recht wenig wenn man bedenkt, dass Mr. Harrigan etliche Millionen besitzt. Die Jahre gehen ins Land und die Bücher, welche Craig vorliest, häufen sich.
Die Beziehung zwischen Craig und Mr. Harrigan in MR. HARRIGAN´S PHONE wirkt immer etwas angespannt, auch nach Jahren der Anstellung. Dennoch ist immer ein kleiner Funken zu spüren, der klar macht, dass der grimmig wirkende alte Harrigan etwas übrig hat, für den jungen Leser. Dies zeigt er Craig auch auf eine andere Art, vier mal im Jahr bekommt er Post von Mr. Harrigan, an allen Festtagen.
Diese Post beinhaltet immer eine Karte mit Glückwünschen zum jeweiligen Fest und ein Rubbellos aus dem örtlichen Supermarkt. Craigs Vater scherzt oft darüber, wie erbärmlich es doch ist, als Millionär Rubbellose für einen Dollar pro Los zu verschenken, aber Craig liebt diese schrullige Macke Harrigans.
Als der Junge dann auch noch einen Gewinn freirubbelt, ist die Freude groß. Nun war es der Weihnachtstag, an dem das Gewinnlos freigerubbelt wurde und eins der Geschenke an Craig von seinem Vater beinhaltete das iPhone 1. Als Dank für das Los möchte Craig auch Harrigan ein iPhone schenken und obwohl dieser erst dankend ablehnt, ist er Feuer und Flamme, als Craig ihm die App zeigt, die die aktuellen Börsengänge zeigen kann. In Echtzeit, nicht erst einen Tag später, wie sonst wenn Mr. Harrigan die Börsenzeitung studiert.
Nun lernt der alte Herr Harrigan mit dem Handy umzugehen und wenig später nimmt das Unheil in MR. HARRIGAN´S PHONE seinen Lauf.
Kurzgeschichte vs. Verfilmung
Leser von Stephen Kings Büchern wissen um seine Liebe zu Figuren und deren ausschweifende Geschichten. Eine genaue Verfilmung macht diesen Umstand immer schwierig. Hier mag es ein Vorteil gewesen sein, dass MR. HARRIGAN`S PHONE auf einer Kurzgeschichte basiert und somit doch noch Freiheiten genutzt werden können, oder?
Jein, möglich wäre dies wohl gewesen, aber John Lee Hancock entschied sich dazu, die Story so original wie machbar zu verfilmen. Etliche Dialoge zwischen Harrigan und Craig sind identisch mit dem Buch, Wort für Wort.
Das Gedankengut von Craig ist weniger ausschweifend, dafür spielt Jaeden Martell diese Rolle ausgezeichnet und intensiv.
Das Grauen, das Grauen…
Während sich die Spannung in MR. HARRIGAN´S PHONE etwas zurücknimmt, dreht die Atmosphäre gehörig auf. Dafür sorgen vor allem Donald Sutherland und Jaeden Martell. Hier kann man durchaus von einer perfekten Besetzung in MR. HARRIGAN`S PHONE sprechen.
Sollte dies der letzte Film von Donald Sutherland (WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN) gewesen sein, hat er dies mit Bravour gemeistert. Martell konnte schon in ES 1 und 2 Erfahrungen mit King-Geschichten sammeln.
So richtig sicher, ob Mr. Harrigan ein guter oder böser Mensch ist ist man sich als Zuschauer nie. Er ist rau, hart und eiskalt, gibt Craig aber gute Ratschläge bei denen der junge Mann über Sinn und Nutzen nachdenken muss. Wie sich herausstellen wird, kommt so manche Erkenntnis erst Jahre später, mit einem großen Lerneffekt.
Viele Köche verderben den Brei.
Tatsächlich erleben wir die meiste Zeit nur das Spiel zwischen zwei oder drei Charakteren. Nebenrollen, wie ein Schüler der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Craig den Schulalltag zur Hölle zu machen, sehen wir nur mit kurzer Screentime. Dennoch hasst man ihn von der ersten Sekunde an. In MR. HARRIGAN´S PHONE wurde viel Wert darauf gelegt, die Geschichte nicht mit unnützen oder streckenden Längen vollzupumpen. Keine Figur ist deplatziert, keine Szene übertrieben.
MR. HARRIGAN´S PHONE
Gibt es nun keine Probleme in der King-Verfilmung? Auch hier gibt es kein Ja oder Nein. Die Geschichte ist durchtränkt von Trauer, Frust, Wut und den ewigen Sorgen Heranwachsender. Die Stimmung ist nur an raren Szenen freundlich oder komisch, bietet dafür aber den berühmten Kloß im Hals oder das drückende Gefühl auf der Brust.
MR. HARRIGAN´S PHONE ist also nichts für Leute also, die Action oder rasante Bilder mit viel Blut und Gewalt bevorzugen. MR. HARRIGAN`S PHONE ist eine gelungene Mystery-Verfilmung geworden, die auch am Ende keine klare Aussage macht. Eine klare Sache gibt es jedoch für Craig:
Im 21. Jahrhundert zeigen unsere Handys wie wir mit der Welt verheiratet sind. Wenn dem so ist, dann führen wir wohl eine schlechte Ehe. Es gibt eine Menge Dinge, über die ich mir nicht mehr sicher bin, die Realität selbst zum Beispiel. Eine Sache weiß ich jedoch und die steht fest wie die Felsen von Neuengland, wenn ich sterbe, wenn meine Zeit gekommen ist, will ich mit leeren Taschen beerdigt werden.