Immer wieder werden Bücher verfilmt und auch der neue Film von Nicolas Pesce (THE EYES OF MY MOTHER) hat ein Buch zur Vorlage. In PIERCING wird ein Werk vom japanischer Schriftsteller Ryû Murakami verarbeitet. Mit AUDITION von Regisseur Takashi Miike wurde schon vorher ein Buch von Murakami verfilmt. Das Material von PIERCING scheint vielversprechend, stellt sich nur noch die Frage, wie gut das Material umgesetzt werden konnte.
Inhalt von PIERCING
Ein junger Familienvater verlässt seine Familie mit einem festen Plan: er will seine Mordlust an einer Prostituieren auslassen. Als Jackie bei ihm ankommt verläuft jedoch nichts nach dem vorher so gut durchdachten Plan und die Nacht endet komplett anders, als Reed sich dachte.
Resümee zu PIERCING
Was bereits in den ersten Minuten von PIERCING auffällt, ist der Retrostil in der Film gemacht wurde. Man kommt sich ein wenig wie in die 70er zurückversetzt – oder in einen Tarantino-Film. Aber da der Film auch in der Vergangenheit zu spielen scheint, macht die Stilwahl durchaus Sinn und ist optisch ganz nett anzusehen.
Optisch ist an PIERCING generell wenig auszusetzen. Alles ist stimmig und sieht gut aus. In kleinen Zwischensequenzen gibt es immer wieder Aufnahmen von Hochhäusern, die surreal und real zugleich aussehen und ein wenig an Film Noire erinnern.
Ebenfalls positiv hervorzuheben sind die schauspielerischen Leistungen von Mia Wasikowska (ALICE IM WUNDERLAND) und Christopher Abbott (THE SINNER, GIRLS). Die beiden tragen PIERCING fast komplett allein, da es sehr wenig Schauspieler*innen gibt. Die Chemie zwischen den beiden stimmt und ihre Rollen nimmt man ihnen jeweils auch ab.
Die Grundvoraussetzungen für einen guten Film erfüllt PIERCING eindeutig und trotzdem schafft er es nicht zu überzeugen. Die Handlung selbst ist relativ übersichtlich und erinnert in gewisser Weise an AMERICAN PSYCHO – immerhin soll explizit eine Prostituiere ermordet werden. Und auch der offensichtlich psychisch kranke Protagonist ist eine Parallele zu dem Film von Mary Harron. Während AMERICAN PSYCHO aber eine in sich schlüssige Geschichte erzählt, scheint PIERCING sich in sich selbst zu verlieren.
PIERCING ist in sich schlüssig bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Plan von Reed schiefgeht. Ab da reiht sich eine Absurdität an die Nächste. Es fällt zunehmend schwerer die Handlungen der Charaktere nachzuvollziehen. Dazu kommt noch, dass sehr wenig Hintergrundinformationen zu Jackie und Reed preisgegeben werden. Und bei dem was gezeigt wird, weiß man nicht, ob es der Realität entspricht oder aus einer Halluzination stammt. Das macht es auch schwierig irgendeine Art von emotionaler Bindung zu den beiden aufzubauen, ob positiv oder negativ. So schaut man den beiden bei ihren merkwürdigen „Spielchen“ zu und fragt sich, wo das Ganze hinführen soll.
Mit knapp 80 Minuten gehört PIERCING zu den kürzeren Filmen heutzutage. Trotzdem hat der Film einige Längen und am Ende ist man sich nicht ganz sicher, ob der Film zu Ende ist, oder nur ein harter und langer Schnitt eingesetzt wurde. Der Schluss ist nichtssagend und man fragt sich ein wenig, wozu man sich den Film denn nun eigentlich angeschaut hat, wenn es noch nicht einmal ein richtiges Ende gibt.
PIERCING ist ein optisch schöner Film, der mit guten Schauspieler*innen besetzt ist und trotzdem nicht überzeugen kann.