Review: DELICIOUS (2025)

delicious filmkritik
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 4.5

Please rate this

3.5/10 (2)

Darsteller: Fahri Yardim, Valerie Pachner, Carla Díaz
Regie: Nele Mueller-Stöfen
Drehbuch: Nele Mueller-Stöfen
Länge: 102 min
Land:
Genre:
Veröffentlichung: 07. März 2025 (Netflix)
Verleih/ Vertrieb: Netflix

DELICIOUS ist ein Netflix-Film und Netflix-Filme stehen in einem miesen Ruf.
Was früher der TV-Film war, der bei den Öffentlich-Rechtlichen den Sonntagabend langweilte, findet längst auch im Stream statt. Glatte Einheitskost, die niemanden aufregt.

Aber wie würde es wohl aussehen, wenn Netflix etwas A24-artiges macht? Etwas das provoziert, anders ist, kunstvoll vielleicht, damit nicht der Abo-mit-Werbeunterbrechung-Kunde, sondern der schnöselige Kritiker was Nettes sagt und auch als deutscher Film so viel Internationalität ausstrahlt, dass große Festivals mit Preisen danach werfen?

Vielleicht würde das aussehen wie DELICIOUS.

delicious 2025

Wovon handelt DELICIOUS?

Eine wohlhabende deutsche Familie macht Ferien an der französischen Küste. Man lässt es sich in der Villa gut gehen und auf einer abendlichen Autofahrt hat Vater John zu tief ins Glas geschaut, als er auf einer Landstraße eine junge Frau anfährt. Bemüht den Vorfall ohne Polizei zu regeln, nehmen die vier das leicht verletzte Unfallopfer namens Theodora mit nach Hause, verpflegen sie, lassen sie bei sich übernachten und geben ihr Geld.
Doch Theodora kommt bald zurück und bittet darum bei der Familie arbeiten zu dürfen.

DELICIOUS wird auf Netflix als Thriller eingeordnet, Wikipedia spricht gar von einem Horrorfilm, derartige Klassifizierungen verdient er sich aber erst in den letzten Minuten. Er lässt allerdings in zwei frühen Szenen erahnen, in welche Richtung das Ganze laufen könnte, nämlich zum einen als wir sehen, wie die reichen Deutschen in eine rabiate Demo geraten, bei der weniger privilegierte mehr Geld fordern.

Zum anderen lernen wir auch schon ganz zu Beginn Theodora und ihre Freunde kennen, die scheinbar nichts Gutes im Schilde führen und auch hier deutet sich an, dass es um monetäre Interessen geht.

Arm gegen reich…auf Netflix-Niveau

Das arme Kuckuckskind im Schoße reicher Menschen. Das gab es zuletzt in PARASITE, in den 80ern schon in ZOFF IN BEVERLY HILLS und auch in BORGMAN.
Eines ist klar, die überwiegende Mehrheit der Netflix-Abonnenten wird BORGMAN nicht kennen und PARASITE auch nur, weil der „zufällig“ ebenfalls gerade dort im Stream zu haben ist.

DELICIOUS wirkt hingegen, wie wenn die Macher diese Filme kennen und auch die Ästhetik eines jeden bedeutungsschwangeren Arthouse-Films studiert hätten.
Die Bilder sind optisch ansprechend, man ist um Symmetrien, Kamerafahrten und eine musikalische Untermalung bemüht, die sich klassischer Instrumente oder gleich klassischer Stücke bedient.

Das hat Stil, nicht zuletzt auch wegen der ansehnlichen Location, wirkt aber auch etwas nach Malen nach Zahlen.

Delicious rezension

Und das hat wiederum mit den vier Familienmitgliedern zu tun.
Vater John ist Wissenschaftler und hat Ärger wegen Plagiatsvorwürfen, die er gerne geheim halten möchte und (kleiner Spoiler) eine Affäre. Mutter Esther arbeitet in einer führenden Position und auch im Urlaub steht das Handy nicht still.
Das Problematische dabei ist, dass man Fahri Yardim, der John ist, zwar den peinlichen Kumpeltyp aus JERKS oder den trotteligen Hausmeister aus ABGESCHNITTEN abnimmt, er aber stets eine verwandte Rolle (oder nur sich selbst) spielt und davon auch hier nicht viel abweicht. Einen Akademiker in ihm bzw. dieser Darstellung zu sehen, fällt schwer.

DELICIOUS ist ästhetisch

Dass Esther, gespielt von Valerie Pachner (EIN VERBORGENES LEBEN), die Powerfrau sein soll, nimmt man ihr auch nicht wirklich ab. Dafür ist sie zu verhuscht und unsicher.

Es ist aber nicht nur, wie die Figuren auftreten, sondern auch was sie tun und wenn Esther, Mutter zweier Kinder und mit beiden Beinen im Leben, sich mal eben mit einem jungen Einheimischen vergnügt, sich von ihm wie eine verliebte Teenagerin auf dem Moped herumfahren lässt und sogar zeitweilig von heute auf morgen mit ihm durchbrennt, will man zumindest letzteres nicht glauben.

Klar, alle Entwicklungen sollen offenbar auf das intrigante Dienstmädchen/Unfallopfer zurückzuführen sein und Theodora ist anzumerken, dass sie bei jedem der vier Familienmitglieder ihre Einflüsse hinterlässt. Es ist aber etwas anderes, sich beim Sohn ein paar Tipps über Fahrräder abzuholen, um dann dem Vater Fachwissen vorzugaukeln, als die komplette Family in ihren Bann zu ziehen und diese zwingenden Erklärungen findet sich nicht, was der Unerfahrenheit von Nele Mueller-Stöfen geschuldet sein mag, die mit DELICIOUS ihren ersten Langfilm als Regisseurin abliefert und als Autorin auch noch nicht viel Erfahrung vorweisen kann.

Delicious review

Theodora wird übrigens von Carla Diaz gespielt und die macht ihre Sache anständig. Dass der Film ihre garstigen Absichten viel zu früh preisgibt, ist nicht ihr Fehler, aber leider notwendig, da sie sonst die meiste Zeit nur wie eine gute Freundin der Familie wirken würde. Falls uns DELICIOUS aber sagen will, dass es für diese dysfunktionale Familie gar nicht viel braucht, um schnell auseinanderzubrechen, misslingt auch diese Message.

Aber was ist denn nun die Botschaft?

Zunächst mal scheint der delikate Titel wenig mit dem Inhalt zu tun zu haben, wir sehen aber immer wieder, wie Fleisch geschnitten wird und wie schon angedeutet, es geht um Klassenkampf und „Eat the rich“. Wer das nicht versteht, bekommt es gegen Ende dann auch richtig eingetrichtert.

SPOILER Hier ist dann Esther mit ihrem Neu-Lover auf einer Party und wird wortwörtlich aufgefressen. Zugegeben, das kommt enorm überraschend, weil diese surreal anmutende Sequenz ebenso wenig zum Filmverlauf passt wie die Gewalt, auf die DELICIOUS bisher verzichtete. SPOILERENDE

Fazit zu DELICIOUS

Optik und Ästhetik sind da, auch wenn man vielleicht etwas zu sehr in den Arthouse-Baukasten geschaut hat. Story und Figuren sind aber so läppisch, dass Unerfahrenheit oder Lieblosigkeit nicht zu übersehen sind.
Und hier und da fragt man sich auch, ob der produzierende Streaminggigant nicht den ein oder anderen Nachdreh forderte, um ein zähes Stück Fleisch für ein tumbes Publikum schmackhafter zu bereiten.

Hier kannst du dir DELICIOUS ansehen

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert