Es gibt Filme, die man auf keinen Fall sehen will und nach 90 Minuten doch angenehm überrascht ist. Im Fall von OPEN WINDOWS machte ich mir nur ein paar Sorgen um die Synchronisation, die im Hause Maritim Pictures des Öfteren zu locker angegangen wurde und ich kann vorweg nehmen, dass man hier offenbar aus vergangenen Fehlern lernte und die Sprecher keinen Kritikpunkt darstellen.
Ansonsten war kaum mit großen Schwächen zu rechnen. Elijah Wood hat allen Zweiflern zum Trotz mit MANIAC bewiesen, dass er auch Horror kann und bezeichnet sich selbst als Genre-Fan. Neil Maskell spielte in KILL LIST und Sasha Grey hat nach rund 200 Pornos auch gezeigt, dass sie andere Erwachsenenfilme kann (z.B. WOULD YOU RATHER).
Regie führt zudem der Spanier Nacho Vigalando, der mit TIME CRIMES einen cleveren Zeitreise-Thriller ablieferte.
Und dann…? Dann kommt zunächst alles wie erwartet. Wood spielt Nick Chambers, einen Fan von Schauspielerin Jill Goddard (Sasha Grey), der ein Treffen mit dem Star gewonnen hat. Während er voller Vorfreude am Rechner in seinem Hotelzimmer eine Pressekonferenz zu Jills aktuellem Film mitansieht (in der Greys Figur ironischerweise auf ihre Porno-Vergangenheit angesprochen wird), erhält er die Nachricht, dass das Treffen gecancelt ist, einfach weil Jill ihn nicht sehen will.
Doch dafür bietet ihm ein Fremder an, Jill per gehackter Handycam oder in ihrem Hotelzimmer zu filmen. Super-Fan Nick willigt zunächst ein, doch schnell eskaliert die Situation und Nick muss den kranken Anweisungen des Hackers Folge leisten.
Man könnte OPEN WINDOWS als Found Footage Film beschreiben, das wäre aber nur die halbe Wahrheit. Zwar sind die Aufnahmen eine Ansammlung von Handy- und Überwachungscams, aber gerade die „offenen Fenster“, die dem Film seinen Titel verleihen, sind das, was ihn von den üblichen Aufnahmen abhebt. Wenn ihr auch zu den Leuten gehört, die zeitgleich mit 3 Browsern und 15 Fenstern im Netz unterwegs seid, könnt ihr euch vorstellen, was auf Nicks Desktop los ist. Livestream, Internet, Videoanrufe…
Auf rasante Weise springen wir von Fenster zu Fenster, was dadurch manchmal wie ein Splitscreen wirkt. Eine clevere Lösung und ein Ansatz, der relativ lange durchgehalten wird und 1A in die heutige Zeit und ihre Kommunikation passt, denn persönlich treffen sich Nick, Jill und der Bösewicht lange nicht.
Ich lehne mich sogar so weit aus dem FENSTER ZUM HOF, dem Film im ersten Drittel Hitchcocksche Anleihen zuzusprechen…nur eben ins Hier und Jetzt übertragen.
Aber dann geht’s bergab und dass Elijah Wood wie in GRAND PIANO erneut ferngesteuert wird, sei nicht mal negativ erwähnt, denn damit ließe sich leben.
Nichts gegen ein paar Wendungen in der Story, aber hier bleibt vor lauter Kurven kaum noch Geschichte übrig und der Rest ist derart konstruiert, dass beim Genuss des Films wohl vielerorts ein „Nicht wirklich, oder?“ zu hören sein wird.
Ich habe viele Folgen 24 gesehen und ich akzeptiere daher, dass ein Hacker in Sekundenschnelle jedes System knacken, meinen Facebook-Account löschen, mein Hotelzimmer stornieren, alle Ampeln auf Rot stellen, meine Blumen gießen, das Wetter verändern und meinen Kühlschrank leer essen kann und natürlich immer weiß wo ich mich befinde, aber was hier los ist, können wohl auch größte Verschwörungstheoretiker nicht ohne Augenrollen abtun.
Ist man an dem Punkt angekommen, an dem der Film endet, denkt man schließlich „Das war großer Quatsch, aber immerhin war’s kurzweilig und ohne Längen“.
Da aber offenbar noch Geld übrig war, lässt man es nicht bei diesem Ende, sondern bastelt noch eine Viertelstunde hintendran, in der noch dämlichere Twists auf uns einprasseln und auch der erste Part des Film angegriffen wird, der nun leider keinen Sinn mehr ergibt.
Ist man dann am (wirklichen) Ende, bleibt vor allem die Frage warum jemand all den Aufwand betreiben sollte, wenn es soooooo viel einfacher gegangen wäre.
Ich möchte hier nicht spoilern, aber malt euch stellvertretend aus ihr wolltet einen Apfel schälen und würdet dabei nicht die Frucht drehen während ihr sie mit dem Messer bearbeitet, sondern diese auf einer Hightech-Vorrichtung einspannen, während ihr mit einem eigens zu diesem Zweck gebauten Vehikel um den Apfel herumfahrt und die Schale mit einem Speziallaser abschabt.
Ich kann OPEN WINDOWS nicht einmal als schlechten Film bezeichnen, denn schauspielerisch und technisch ist man auf der Höhe und wie schon beschrieben geht man ein hohes Tempo, das durchaus auch Spannung bietet, aber es ist ein ärgerlicher Film, weil er einen lange genug in Sicherheit wiegt um zu glauben, dass man mit dem Streifen eine angenehme Zeit verbringen kann und dann derart abkackt, wie es einem solchen Team einfach nicht passieren darf.
Kann ich mir getrost sparen.