Erwartungen…wann auch immer von einem brutalen Film die Rede ist, erwartet ein Teil der Horrorfans etwas zu sehen, das wenigstens so hart ist wie ein Diamant, während die Superharten schon vorher wissen, dass sie viel Härteres kennen.
Mit diesem Schicksal muss sich auch PROJECT WOLF HUNTING herumschlagen, der allerlei Härtner-Vorschusslorbeeren erhielt, selbst fürs Kino erst im zweiten Anlauf von der FSK abgenickt wurde und in den Kommentarspalten gerne mal in einem Atemzug mit THE SADNESS genannt wird.
Das ist halbwegs nachvollziehbar, denn beide kommen aus Asien (auch wenn Südkorea und Taiwan über 1000km voneinander entfernt sind), liefen auf dem Fantasy Filmfest, werden von Capelight veröffentlicht, hatten Probleme mit dem Jugendschutz und werden mit dem Versprechen ein brutales Ding zu sein beworben.
Um es vorweg zu nehmen: PROJECT WOLF HUNTING ist ein brutales Ding.
Worum geht es in PROJECT WOLF HUNTING?
Eine Truppe Schwerverbrecher soll mit dem Schiff von den Philippinen ins koreanische Busan transportiert werden. Doch die Mörder, Vergewaltiger, Psychopathen und Unterweltgrößen haben andere Pläne und übernehmen schnell gewaltsam den Frachter. Dumm nur, dass tief im Bauch des Schiffes noch etwas schlummert, das weit gefährlicher ist als die Kriminellen.
Ship to Busan
Schon bevor das Schiff ablegt, wird klar: dies wird kein Spaziergang. PROJECT WOLF HUNTING wirkt dreckig und roh und dass jeder der Knackis seinen eigenen Polizisten erhält, signalisiert maximale Vorsicht. Das ändert aber nichts daran, dass es noch am Hafen aufs Maul gibt.
Spätestens wenn aber später die erste Handschelle geknackt ist und sich Helfer der Gangster daran machen ihre Kumpanen zu befreien, versinkt der Dampfer im Blut.
Dass dieser simple Plot ausreicht, um einen Film zu füllen, demonstrierte 25 Jahre zuvor schon CON AIR, aber PROJECT WOLF HUNTING stoppt hier nicht, sondern lässt einen besonderen Passagier von der Kette, der dem Streifen nicht nur noch mehr Gewalt, sondern auch ein übernatürliches Element gibt.
PROJECT WOLF HUNTING ist eine Mischung aus CON AIR, FRANKENSTEIN und TERMINATOR
Bleiben wir noch einen Augenblick beim CON AIR – Vergleich. In beiden Filmen findet sich ein Haufen skrupelloser Männer (und hier auch Frauen) und reichlich Action, aber so unterhaltsam CON AIR auch war, das erschreckendste an ihm waren Nicolas Cages Frisur und die Pathos-Dialoge. PROJECT WOLF HUNTING wirkt da zunächst bodenständiger und ernster.
Allerdings fehlt es dem Film auch an einer Identifikationsfigur. In über zwei Stunden Spielzeit tut sich niemand auf, der sich als Held/Heldin anbieten würde oder auch nur sympathisch genug ist, um mit der Figur zu fiebern.
Positiver ausgedrückt könnte man allerdings auch sagen, dass damit jeder gleich ist, jeder mit seinem sofortigen Ableben rechnen muss (was auch zahlreich geschieht) und Schöpfer Hongsun Kim seinen Fokus auf andere Elemente setzte.
Wie zum Beispiel eingeschlagene Schädel.
Obwohl es zwischendurch auch zu attraktiven Schusswechseln kommt, übt sich PROJECT WOLF HUNTING vor allem im Nahkampf und geizt nicht mit stumpfer Gewalteinwirkung im Kopfbereich und größeren Mengen Blut.
Es fällt auf, dass sich viele der Figuren extrem schwer damit tun, ihre Schusswaffen zu ziehen, geschweige denn zu gebrauchen. Das gipfelt in einer Szene, in der sich Polizei und Gangster mit großen Kalibern gegenüberstehen, dann aber aus unerfindlichen Gründen entscheiden zu Messern und Knüppeln zu greifen.
Gleichzeitig fehlt dem Film die Eleganz und der Irrwitz solcher Fights wie etwa in THE NIGHT COMES FOR US. Während sich dort jede Szene wie ein chirurgischer Eingriff mit Skalpell anfühlt, ist PROJECT WOLF HUNTING eher das Bolzenschussgerät des Metzgers.
Das verfehlt nicht seine gewünschte Wirkung, keine Frage, ist teils aber auch repetitiv und überzeichnet, sodass die anfängliche Ernsthaftigkeit doch flöten geht (was nicht heißen soll, dass man THE NIGHT COMES FOR US allzu ernst nehmen sollte).
Diese Überzeichnung deutet sich vor allem an, ACHTUNG LEICHTE SPOILER als die nahezu unverwundbare Kampfmaschine in Form eines Supersoldaten zu neuem Leben erweckt wird, was in TERMINATOR-artigen Zweikämpfen mündet. Leider gilt auch hier: nett anzusehen, aber im Herzen bleibt es dem Zuschauer nahezu egal, wer siegt.
Ja, PROJECT WOLF HUNTING ist ein humorloser, brutaler und dabei professioneller Film. Lasst euch da nichts anderes erzählen. Dass er seine Härte eher aus der Action als aus horrortypischen Elementen zieht, ist Fakt, soll aber nicht wertend gemeint sein.
Allerdings hätten ihm interessantere Figuren und entweder noch 1-2 auffrischende Sequenzen oder 10 min weniger Laufzeit gutgetan.