Nur selten schafft es eine Horrorfilmproduktion eine Oscar-Preisträgerin für sich zu gewinnen, WINCHESTER kann dies von sich behaupten und zeigt Helen Mirren in der Titelrolle Sarah Winchester.
Anders als viele Filme, die sich aus Marketinggründen ein „Auf Tatsachen beruhend“ auf die Fahne schreiben, gab es Sarah Winchester auch tatsächlich.
Und wie im Film baute die Witwe des namhaften und reichen Waffenherstellers ein Gebäude, das über 100 Räume aufweist, ständig umgebaut und erweitert wurde, aber keiner Logik folgt. Zum Beispiel führen Türen ins Nichts.
Sinnlose Riesenbauten, die nie fertig werden, werden also nicht nur am Berliner Flughafen errichtet, sondern bereits vor über 100 Jahren und Mrs. Winchester tat dies, um die Geister, die durch ihre Waffen getötet wurden, zu verwirren.
Bestechende Logik und so wundert es nicht, dass im Film ein alkoholabhängiger Psychiater damit beauftragt wird, ein Gutachten zu erstellen, dass der älteren Dame die Geschäftsfähigkeit aberkennen soll. Zunächst reist der bestechliche Dr. Price nur an, um seine vorgefertigte und bezahlte Meinung zu bestätigen, sieht sich aber bald mit unheimlichen Erscheinungen konfrontiert, die die Frage aufwerfen, ob die Winchester-Witwe doch recht hat.
Einen zweiten Oscar wird Helen Mirren hiermit nicht gewinnen, sie spielt ihre Rolle aber einwandfrei.
Jason Clarke (ZERO DARK THIRTY, TERMINATOR: GENISYS) gibt als Dr. Price den Gegenpart und wie in einigen seiner früheren Rollen, ist man als Zuschauer zunächst nicht sicher, ob man ihn sympathisch finden soll. Auf jeden Fall erfahren wir auch über ihn und seine traurige Vergangenheit mehr.
Das Spiel der beiden, die vom Gegeneinander zu einem Miteinander wächst, funktioniert und erlaubt sich kleinere humorvolle Einschübe, wie z.B. den „durstigen“ Price, der einen Angestellten mit Blicken dazu bewegen will, ihm die Whiskey-Flasche zuzuschieben.
Wäre WINCHESTER ein biographisches Drama, das die Geisterthematik etwas offener gestaltet, wäre womöglich von einem gelungenen Film die Rede und vielleicht hat sich Helen Mirren auch etwas in dieser Art erhofft, als sie ihren Vertrag unterschrieb.
Aber irgendwer fand das langweilig und wollte wohl einen „echten Geisterfilm“ mit „500 Jumpscares“ ganz im Stile „von Blumhouse-Filmen“.
Ok, das ist eine Möglichkeit, aber leider stehen sich die verschiedenen Einflüsse und Ausrichtungen im Weg, so dass WINCHESTER kein Fisch und kein Fleisch geworden ist.
Man müht sich redlich den Zuschauer zu erschrecken, unterlegt jeden Schock mit LAUTER Musik und Geschrei, selbst wenn es nur das Zimmermädchen ist, das eine Tür öffnet. Manche Jumpscares sind derart hanebüchen, dass sie ohne Ton gar nicht funktionieren, ohne Bild aber alleine durch den übertriebenen Geräuschpegel einen Tauben in den Herzinfarkt treiben könnten.
Dass es bei Frau Winchester spukt ist dementsprechend schnell geklärt, auch wenn Price sich selbst Entzugserscheinungen einreden will, und das Katz- und Mausspiel zwischen Lebenden und Toten kann beginnen.
Weil zwar die Ausgangslage real ist, das Ende aber nicht, haben die Spierig Brothers (JIGSAW), die auch Regie führten, und Co-Autor Tom Vaughan (UNSTOPPABLE) schnell etwas zusammengebastelt, was zwar keinen Sinn ergibt, aber auf den ersten Blick doch einen gewissen Zusammenhang zeigt.
Fazit:
WINCHESTER weiß leider nicht, was er sein will. Jumpscares und ernstes Drama müssen sich unter kompetenter Leitung nicht ausschließen, hier prallen aber zwei Welten aufeinander.