Das Setting von CALIBRE wirkt auf den ersten Blick so gewöhnlich, wie die beiden Hauptdarsteller aussehen und der gelinde gesagt saudumme Untertitel WEIDMANNSUNHEIL schreckt ebenfalls ab. Schaut man aber genauer hin, kann man einen Geheimtipp für sich entdecken.
Vaughn und Marcus fahren zum Jagen in die schottischen Wälder. Sie werden freundlich empfangen und lernen direkt zwei Dorfschönheiten kennen, mit denen sie am ersten Abend feiern und denen Vaughn, dessen Freundin das erste Kind erwartet, nur mühsam widerstehen kann.
So weit so gut, doch auf der Jagd ereignet sich ein folgenschwerer Unfall und am Ende des Tages sind zwei Menschen tot. Die beiden beschließen das Geschehene zu vertuschen und kehren ins Dorf zurück, wo sie weiterhin den Schein wahren wollen….aber so einfach ist das nicht.
Ein kleiner Fehler und die enorme Auswirkung auf zwei normale Leben
Wir alle kennen Slasher wie ICH WEISS, WAS DU LETZTEN SOMMER GETAN HAST oder SORORITY ROW, wo ein paar Jugendliche ihre Dummheit unter den Teppich kehren wollen, doch damit hat CALIBRE wenig zu tun. Auch wenn die Kumpels ob ihrer Feigheit nicht eben sympathischer werden, ist der innere Konflikt und ihr gesamtes Vorgehen genau so plausibel, wie die Angst der Dorfbewohner, die später zwei der ihren vermissen und der Wut, als sie bemerken, dass etwas nicht stimmt.
Diese Menschen sind keine menschenfressenden Hillbillys, sie ziehen auch nicht alle an einem Strang. Ebenso wenig sind sich Marcus, der die treibende Kraft ist, und Vaughn, der sein Kind nicht durch Gitterstäbe hindurch aufwachsen sehen will, immer einig, aber sie kommen rasch an den Punkt an dem es zwar kein zurück mehr gibt und durch eine unglückliche Verkettung von Umständen auch Flucht keine Option ist.
Gleichzeitig ist es schwer in einfachen Gut/Böse-Schubladen zu denken. Jedem dürfte einleuchten, dass die zwei Freunde Ärger mit der Justiz bekämen und noch mehr Ärger mit den Einheimischen, die ihre Probleme gerne altmodisch regeln. Eine Strafe scheint sogar angemessen, aber Urteil und Verständnis liegen beim Betrachter nahe beieinander.
Man mag an CALIBRE kritisieren, dass der ein oder andere Zufall zu beliebig wirkt, aber Unfälle sind eben auch oft Zufälle, weswegen dem nicht zuviel beigemessen werden sollte.
Wichtiger ist, wie organisch und glaubwürdig der Film als Ganzes wirkt. Man hat immer den Eindruck, dass die Menschen, die Situationen und die Locations echt sein könnten.
CALIBRE ist humorlos und nasskalt
Zudem sorgt das nasskalte Klima und das einfache, herbstliche/winterliche Landleben für eine Atmosphäre, die stellenweise an CALVAIRE erinnert, allerdings realistischer erscheint.
Realitisch ist auch die Härte, wobei trotz einigen Toten und anderen Brutalitäten physische Gewalt nicht im Fokus steht. Als Zuschauer ist eher die psychische Belastung, die den beiden zusetzt, spürbar, sowie das Gefühl, dass mit CALIBRE nicht zu spassen ist.
CALIBRE braucht etwas, bis er auf Touren kommt, diese Einführung dient aber – so wie es sein sollte – dazu, allen Figuren ein Profil zu verleihen und auch wenn es deutlich actionreichere Filme gibt, wächst aus all diesen Details eine Dichte, die dank der Vermeidung platter Klischees, am Ende zum Nägelbeißen ist.
Fazit zu CALIBRE
Ein kleiner Film, aber großes Kino