Review: DER KILLER (2023)

der killer filmkritik
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 8.0

Please rate this

7.3/10 (8)

Darsteller: Michael Fassbender, Tilda Swinton, Charles Parnell
Regie: David Fincher
Drehbuch: Andrew Kevin Walker, Alexis Nolent, Luc Jacamon
Länge: 118 min
Land:
Genre:
Veröffentlichung: 10. November 2023 (Netflix)
Verleih/ Vertrieb: Netflix
FSK: ab 16

Das letzte Mal als Regisseur David Fincher und Autor Andrew Kevin Walker gemeinsam (offiziell) an einem Spielfilm arbeiteten, entstand daraus das Meisterwerk SIEBEN.
Das ist allerdings über 25 Jahre her und nun gilt zu beweisen, dass die neue Kollaboration DER KILLER da mithalten kann.

Worum geht es in DER KILLER?
Alles läuft nach Plan für den Auftragsmörder. Sein Opfer ist im Visier des Scharfschützengewehrs und nun muss er nur noch abdrücken. Doch in just diesem Augenblick misslingt die letale Mission.
Ihm gelingt die Flucht, aber seine Auftraggeber sind nicht glücklich darüber, was seine Freundin zu spüren bekommt. Nun sucht der Killer selbst Rache.

der killer fassbender 2023

Er hat viele Namen, doch seinen echten erfahren wir nie. Der Mann, der gegenüber dem Wohnhaus in Paris auf seine Chance lauert, ist ein skrupelloser Mörder. Ein schweigsamer Profi, der im gesamten Film nur wenige Worte verliert, aber uns exzessiv an seiner Gedankenwelt teilhaben lässt, die er teils welt- und wortgewandt vorstellt, teils mantraartig herunterbetet.

Trotz des missglückten Schusses, ist er nahezu perfekt vorbereitet und sein Rückzug durch die Straßen Paris‘ wirkt in keiner Sekunde zufällig. Ein Teil seiner Mantras stellt klar, dass er Improvisation nicht mag und lieber planvoll agiert. Ganz wird ihm das allerdings nicht gelingen.

DER KILLER teilt sich in verschiedene Kapitel, die an verschiedenen Orten auf der ganzen Welt spielen. Das erinnert an James Bond oder Indiana Jones, aber mehr als alles andere muss man über John Wick sprechen, denn Parallelen liegen einfach auf der Hand.
In beiden Fällen sinnt ein hochprofessioneller Auftragskiller auf Rache.

Ist DER KILLER der JOHN WICK für Erwachsene?

Doch wo Keanu Reeves als Wick auf zahlreiche Nahkämpfe und Shootouts setzte und oft mit der Brachialität eines wütenden Grizzlys durch die Vordertür kam, ist Michael Fassbender, der hier den Hitman spielt, eher die Giftspinne, die dich tagelang aus ihrem Netz beobachtet, bevor sie nachts durch einen Türspalt in dein Haus eindringt.
Eine JOHN WICK – mäßige Actionszene findet sich daher nur ein einziges Mal. Die ist dann zwar ebenfalls prächtig choreographiert, aber eben nicht Hauptaugenmerk von Finchers Film.

Der-Killer tilda swinton

Es wäre falsch davon zu sprechen, dass DER KILLER mehr auf Dialoge setzt, denn wie gesagt spricht Fassbender nur das Nötigste. Seine Anwesenheit scheint jedoch immer wieder Redeschwälle bei seinen Gegenüber auszulösen. Und während seine Opfer mal um ihr Leben betteln, mal versuchen Deals auszuhandeln, mal ihre Henkersmahlzeit zu sich nehmen, wirkt der Killer oft wie ein Priester des Todes, der ihnen die Lebensbeichte abnimmt.

Der Bodycount ist dementsprechend deutlich geringer als bei JOHN WICK, enthält kaum Kollateralschäden und beschränkt sich im Wesentlichen auf die, um die es wirklich geht.

Was DER KILLER ebenfalls nicht ist, ist SIEBEN Teil 2. Einige Parallelen sind aber auch hier vorhanden.
Wie erleben diesmal die Geschichte durch die Augen des Mörders, doch Fassbender geht mit der gleichen planvollen Abgebrühtheit vor wie Kevin Spacey als John Doe. Beim einen erfahren wir nie den Namen, weil er diesen mit einer Reihe gefälschter Pseudonyme aus der Fernsehwelt immer wieder wechselt, der andere trägt einen Platzhalternamen, weil er ebenso anonym agiert.
Natürlich ist in beiden Filmen Finchers prägnanter Filmstil vorhanden, bei dem jede Szene ihre Schatten hat. Auch sind beide Filme inhaltlich schattig angelegt, aber gegenüber dem bedrückenden SIEBEN wirkt DER KILLER doch lebensbejahender.

Aus der Hauptfigur in DER KILLER schlau zu werden, gelingt nur mit etwas Interpretation, eben auch deswegen, weil dieser Vollprofi Fehler und trotz seiner schier in Stein gemeißelten Prinzipien Ausnahmen macht.
Um mehr über den Charakter zu erfahren, empfiehlt es sich womöglich die französische Comicreihe gleichen Namens zu lesen, die die Vorlage für das Drehbuch bildet.

Jammern auf höchstem Niveau

Technisch und schauspielerisch befindet sich DER KILLER auf höchstem Niveau. Neben Fassbender, den man natürlich aus EDEN LAKE oder PROMETHEUS kennt, taucht die immer-großartige Tilda Swinton (SUSPIRIA, WE NEED TO TALK ABOUT KEVIN) als wohl bekanntestes Gesicht auf.

der killer david fincher

Die Kamera gleitet fincheresk durch die Gassen der Großstädte oder Flure der Gebäude und nimmt den Zuschauer auch dann mit, wenn sich die Action mal wieder rar macht.
Musikalisch wird der Film durch einen verstörend-treibenden Score von Nine Inch Nails – Boss Trent Reznor und Atticus Ross untermalt, die für Fincher bereits seit THE SOCIAL NETWORK Musik und Klänge liefern und hier überzeugen.

Und trotz all dieser warmen Worte und einem Film, der so hochprofessionell ist, wie sein Protagonist, ist der Funke bei mir persönlich noch nicht so recht übergesprungen. Das mag sich noch ändern, denn objektive Qualitäten lassen sich nicht leugnen, aber bisher konnte ich mich mit Fassbenders Figur noch nicht komplett anfreunden. Meine urpersönliche Einschätzung liegt daher leicht unter den hier vergebenen Punkten.

Trotzdem: sofern man weder SIEBEN noch JOHN WICK erwartet, ist DER KILLER ein sehenswerter Thriller, der mit gutem Schauspiel und visueller Erhabenheit punktet.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert