Horrorfilme sind rassistisch. Der Held ist selten schwarz und wenn doch ist die Chance groß, dass er den Abspann nicht erlebt. Rassismus, zumindest der alltägliche Rassismus, ist in Horrorfilmen hingegen selten vertreten.
GET OUT nimmt sich beiden Problemfällen an und überzeugt mit einer ungewöhnlichen Herangehensweise.
Die Schweigereltern in spe kennenzulernen ist immer eine besondere Situation, vor allem wenn man wie Chris eine andere Hautfarbe hat und die Eltern seiner Freundin Rose nicht wissen was sie erwartet.
Doch wider alle Erwartungen verläuft das erste Aufeinandertreffen ausgesprochen entspannt.
Vielleicht etwas zu entspannt? Sind Therapeutin Missy und Neurochirurg Dean wirklich die zuvorkommenden Menschen, die sie vorgeben zu sein?
Was stimmt mit Rose‘ Bruder nicht? Und wieso wirken alle anderen Schwarzen so unglaublich happy?
Als ob normale Schwiegereltern nicht schlimm genug wären
Der Schrecken kommt in GET OUT auf leisen Sohlen und wird damit beim Jumpscare-süchtigen Prolo-Publikum anecken. Der Film „erdreistet“ sich glaubwürdige Figuren anzulegen und erst nach und nach das Gefühl entstehen zu lassen, dass hier Dinge nicht sind was sie zu sein scheinen.
Ganz altmodisch also und auch ziemlich gut, denn so ganz nebenbei lässt er auch den weißen Zuschauer am normalen Rassismus teilhaben, dem Chris ausgesetzt ist.
GET OUT zeigt den „kleinen“ Rassismus
Da ist der Cop vom Land, der den Schwarzen nach dem Ausweis fragt; da ist Rose Bruder, der von Chris genetischer Veranlagung spricht; da sind die Freunde auf der Gartenparty, die wissen wollen, ob es den stimmt, was man sich so über „schwarze Qualitäten“ erzählt.
Keine Hakenkreuze, keine KKK-Faschisten, sondern relativ harmloses Zeug und trotzdem kann jeder Zuschauer Chris Unwohlsein nachvollziehen.
Aber dabei bleibt es natürlich nicht und egal wie langsam GET OUT die Spannungsschlinge zuzieht und wie offensichtlich es ist, dass dort etwas faul ist, man will wissen WAS faul ist.
Achtung, hier folgen einige Spoiler:
die Aufklärung ist für einen so nüchtern beginnenden Film womöglich überzogen, da mit der Spannungs- aber auch die Absurditätsschraube angezogen wird, fällt es leicht der Handlung auch dann noch zu folgen, wenn aus schleichendem Thrill purer Horror wird.
So oder so, GET OUT reißt zwar ein ernstes Thema an, gibt sich selbst aber nicht seriöser als nötig und baut immer wieder humorvolle Szenen ein. Dafür sorgt schon Chris‘ zuhause gebliebener Kumpel, der mit ihm telefonisch Kontakt hält. Dessen tölpelhaftes Benehmen ist allerdings auch an der Grenze zum Slapstick und zudem gibt er so sehr den Klischee-Schwarzen, dass nur noch ein Augenrollen fehlt.
Das sind aber Details, die man nicht überbewerten sollte. Im großen Ganzen ist GET OUT eine stimmige, spannende, unterhaltsame und manchmal auch nachdenkliche Angelegenheit geworden.
Auch die Tatsache, dass sich ein paar Vergleiche aufdrängen, ist hier ausdrücklich positiv zu sehen, denn welcher Film kann schon von sich behaupten eine Mischung aus DER VERBOTENE SCHLÜSSEL und MEINE BRAUT, IHR VATER UND ICH zu sein und trotzdem sein Ding durchzuziehen?