Paco Plaza, der Regisseur von LA ABUELA, fiel zuletzt durch VERÓNICA auf, jenem Film, der dummerweise von einem Netflix-Strategen als der grusligste aller Zeiten vermarktet wurde.
Der Streifen war anständig, aber davon entfernt das große Ding zu sein und Idioten, die wohl auch alten Frauen ins Knusperhäuschen folgen würden, äußerten sich enttäuscht, weil ihnen beim Anschauen nicht die Augäpfel explodierten.
Plazas Ruf ist also beschädigt und dass sich sein früherer Film [REC]3 durch Humoreinschübe von den beiden Vorgängern abhob, gefiel auch nicht jedem. Allerdings hatte auch der -für sich genommen- seine Stärken und so durfte man gespannt sein, was der Spanier als nächstes Werkstück vorlegt.
Wovon handelt LA ABUELA?
Susana arbeitet als Model in Paris, doch als ihre Großmutter Pilar nach einer Hirnblutung pflegebedürftig wird, reist die junge Frau zurück in ihre Heimat Madrid.
Pilar war es, die Susana nach dem Tod ihrer Eltern aufzog und so ist es für sie Ehrensache, dass sie sich nun auch um ihre Oma kümmert.
Ansprechbar ist diese kaum noch, muss gefüttert und gewaschen werden, doch allmählich wächst in Susana der Verdacht, dass mit Pilar noch etwas anderes nicht stimmt.
LA ABUELA verzichtet auf Oberflächlichkeiten
Gorebauern und Jumpscare-Girlies werden sich erneut angewidert von LA ABUELA abwenden, denn der Film erzeugt vor allem eines: Unheimliche Stimmung.
Damit ist er zunächst VERÓNICA näher als [REC]3, geht aber in jedem Fall klug vor. Die anfängliche Fürsorge, die Susana empfindet, obwohl sie aus ihrem aufregenden Leben gerissen wird und von jetzt auf gleich die Verantwortung für Pilar übernehmen muss, ist glaubhaft dargestellt und etabliert eine sympathische Hauptfigur.
Jeder junge, gesunde Mensch, der seine Großeltern besucht, weiß aber auch um die altmodischen Möbel, die Geschichten von Krankheit und Tod, von Falten und seltsamen Gerüchen.
In dieser Welt, die so konträr zu ihrer eigenen ist, findet sich die attraktive Susana wieder und LA ABUELA zeigt auch, was viele andere Filme wohl aussparen würden: eine nackte 85-jährige und ihre Ausscheidungen.
Spiegel sind im Film ein häufiges Motiv und das macht Sinn, denn während die Enkelin in der Blüte des Lebens steht, ist die Oma dem Tod nahe.
Der eigentliche, filmische Horror schleicht sich aber ebenfalls leise in die Handlung. Zunächst sind es Träume, die Susana plagen und Zweifel säen, doch spätestens als ein tragischer „Unfall“ geschieht, bekommt sie es mit der Angst zu tun und ihre Liebe zur alten Frau kippt immer mehr ins Gegenteil.
Stilistisch bedient man sich in den 70ern
LA ABUELA spielt in der Gegenwart, aber man kann in Paco Plazas Arbeit eine gewisse Liebe zu den 70ern erkennen, die sich auch in der Cinematographie zeigt. Die Stimmung des Films erinnert zuweilen an SUSPIRIA und wie in DAS OMEN wird der Widersacher schon durch körperliche Unterlegenheit nicht handgreiflich. So wie Damien letztlich nur ein Kleinkind war, ist hier auch die Großmutter nur eine alte Frau.
Und dennoch strahlen beide eine bedrohliche Präsenz aus, die hier ohne aufdringliche Monster-Klischees in Szene gesetzt wird (auch wenn das Mediabook-Alternativcover oder das DVD-Menü billige Schocks vermuten lassen).
Der Wermutstropfen des Films ist (ACHTUNG SPOILER), dass er bei all jenen, die DER VERBOTENE SCHLÜSSEL kennen, schnell Assoziationen weckt. In beiden Fällen muss eine junge Frau einen alten Menschen pflegen und in beiden Fällen ähnelt sich der Ausgang der Story erheblich.
Da rund anderthalb Jahrzehnte zwischen den beiden Streifen liegen und der Twist ansonsten nicht dauernd genutzt wird, sollte man LA ABUELA aber auch dann nicht ausschalten, wenn man nach 30 Minuten einen Verdacht hegt.
Immerhin war das Werk für Score und Spezialeffekte für zwei Goyas (quasi die spanischen Oscars) nominiert und verfügt selbst dann über Qualitäten, wenn man weiß, was Sache ist.
Fazit zu LA ABUELA
LA ABUELA ist sauber inszenierter Grusel. Für solche Werke wurde das Wort „unheimlich“ erfunden.
Hier kannst du LA ABUELA sehen