Nach SAW: SPIRAL sah es so aus, als wäre das SAW-Franchise so tot wie John Kramer.
Der Film war der teuerste der Reihe und spielte am wenigsten ein.
Nachdem der maßgeblich beteiligte Chris Rock aber von Publikum, Kritikern und Will Smith aufs Maul bekam, zog er sich wieder zurück und mit SAW X gibt es nun einen neuen Anlauf, der merklich back to the roots geht.
Nur wie, wenn das Aushängeschild von SAW seit Teil drei tot ist und seitdem eigentlich nur noch als verblassende Erinnerung in Flashbacks auftaucht?
Ganz einfach, indem man den kompletten Film zwischen Teil 1 und 2 ansiedelt.
Worum geht es in SAW X?
John Kramer erfährt, dass er einen Gehirntumor hat und ihm nicht mehr viel Lebenszeit bleibt.
In seiner Verzweiflung greift er nach jedem Strohhalm und lässt sich auf eine alternative Behandlungsmethode in Mexiko ein.
Dort gibt man sich geheimnisvoll und bringt ihn in eine versteckte Privatklinik, die in einer unscheinbaren Halle untergebracht ist. Die vermeintlichen Erfolge sprechen dennoch für sich, doch als John nach der OP den Verband abnimmt, stellt er fest, dass er betrogen wurde.
Die Betrüger sollen dies schnell bereuen.
Jigsaw ist zurück und SAW X besinnt sich auf seine Stärken
All die Jahre wollte uns die Reihe verkaufen, dass Johns Alter Ego Jigsaw jeden durch den Fleischwolf dreht, der in der Mittagsruhe Rasen mäht oder seinen Müll nicht trennt. Doch diesmal betrifft ihn das miese Benehmen höchstpersönlich. Nicht nur das, wir kommen John in einer Ruhe näher, die sich keiner der bisherigen 9 Teile nahm. Auch wenn er sich für einen klugen Kopf ausgesprochen leicht über den Tisch ziehen lässt und der Betrug ausgesprochen dümmlich ausgeführt wird, befinden wir uns als Zuschauer in der Stimmung für Rache.
Nun ist zu erwähnen, dass Jigsaws Handeln in den früheren Filmen immer einen moralischen Anstrich hatte, er selbst aber billigend in Kauf nahm, dass Unschuldige mit hineingezogen und auch getötet werden. In SAW X wird hingegen deutlich: sein Beweggrund ist gute, altmodische Rache.
Und schon haben wir zwei Argumente, die SAW X antreiben.
1. Einen Protagonisten, dessen Schicksal wir nachvollziehen können
2. Ein schlüssiges Motiv für sein Handeln
Ein dritter Pluspunkt ist die Einfachheit der Fallen. Statt aufgeblasener, diffiziler Mechanismen, die teuer, auffällig und zeitraubend sind, schustert John hier simple, aber nicht weniger furchteinflößende Aufgaben zusammen, die in gewohnter Manier mindestens verstümmeln und schmerzen, im schlimmsten Fall brutal töten.
Wer sich jetzt schon fragt, welche das sind, wir haben hier alle zusammengestellt. Wer keine Spoiler will, sollte daher jedoch den kommenden Absatz überspringen:
– die erste Falle ist nur ein Gedankenspiel Johns und gibt einem Dieb im Krankenhaus die Möglichkeit alle Finger einzeln gebrochen zu bekommen oder die Augen sprichwörtlich aus dem Kopf gesaugt zu bekommen.
– ein Mann bekommt Skalpelle an die Hände geklebt und muss sich zwei Rohrbomben, die nach drei Minuten explodieren, von den Unterarmen schneiden
– eine Frau hat die Wahl sich selbst ein Bein abzutrennen und genug Knochenmark zu sammeln, um damit die Zeit zu stoppen oder den Kopf zu verlieren.
– ein Mann muss sich selbst den Schädel öffnen und genug Hirnmasse entfernen, um ein gewisses Gewicht zu erreichen. Schafft er es nicht, schließt sich eine Maske um seinen Kopf und er verbrennt darin
– eine Frau wird gefesselt in die Höhe gezogen und muss sich selbst Gliedmaßen brechen, um freizukommen, während eine Strahlenkanone auf sie gerichtet ist
– zwei Personen werden auf eine Art Wippe geschnallt und mit Blut übergossen. Zieht man an einem Hebel, führt das dazu, dass der jeweils andere angehoben wird, wodurch man selbst diese besondere Form des Waterboardens erfährt.
– auch die nächste Falle ist für zwei Personen ausgelegt, die in einer Gaskammer gefangen sind. Jedoch ist ein Loch in der Wand, durch das eine der beiden atmen kann. Nur eine.
– eine letzte Falle wird nach den Credits gezeigt und hat zudem eine Überraschung. Einen Ausweg scheint es hier jedoch nicht zu geben, denn ein Mann wird an den Armen aufgehängt, während eine Maschine mit rotierenden Klingen an seinem Oberkörper befestigt wird
Das klingt nicht nur grausam, es ist auch brutal und eklig anzusehen.
Es ist schwer zu sagen, wo sich SAW X in punkto Härte im Franchise einordnet, aber da die meisten der Fallen diesmal mit wenig Gedöns daherkommen, wirken sie echter und greifbarer.
Es ist nicht alles Gold
Für einen zehnten Teil sind das erstaunlich viele positive Aspekte, die man der alten SAW-Dame nicht mehr unbedingt zugetraut hätte.
Viel Lob strich Regisseur Kevin Greutert ein, der verschiedene SAW-Filme schnitt und bei Teil 6 und 7 bereits Regie führte. Diese beiden waren aber kaum ein Highlight der Reihe.
Auch darf man nicht vergessen, dass die Autoren von SAW X bereits an Teil 8 und 9 beteiligt waren. Von diesem Gespann eine komplett runde Leistung zu erwarten, ist so plausibel wie Schnee im Juli.
Und so ist der zweiten SAW X Filmhälfte anzumerken, dass sie außer den Kills kaum noch was zu bieten hat und zwischen den Gore-Anteilen mit viel Blabla nervt. Ein Möchtegern-Twist bei dem John seine eigene Medizin zu schmecken bekommt, ist nicht nur 500 Meter gegen den Wind riechbar, sondern auch dämlich umgesetzt.
Twists und Fallen waren stets das Rezept für einen guten SAW-Film und während auch in schlechteren Teilen und mit gänzlich absurden Kills noch Spaß aufkam, dünnten sich die smarten Wendungen über die Jahre aus. Das ist hier insbesondere zu merken.
Fazit zu SAW X
Und dennoch hebt sich SAW X durch die persönlichen John Kramer – Anteile angenehm ab und wirkt dadurch weniger nach Malbuch. Gorehounds müssen sich nach der Augensauger-Szene zwar etwas gedulden, wer hingegen etwas mehr Einblick in Jigsaws / Kramers Leben wollte, wird gut bedient und die weiteren wichtigen Figuren und Elemente sind größtenteils ebenfalls vorhanden.
SAW X könnt ihr hier ansehen