Den meisten Menschen werden beim Schlagwort „iranische Horrorfilme“ nur die Streifen UNDER THE SHADOW und A GIRL WALKS HOME ALONE AT NIGHT einfallen, wobei letzterer formal gesehen sogar unter amerikanischer Flagge segelt.
Auch THE NIGHT ist nicht rein iranisch, sondern eine Koproduktion mit den USA, aber Regisseur, Autor und ein guter Teil des Casts stammen aus dem Land am persischen Golf.
Gemäß der alten „andere Länder – andere Sitten“ – Floskel darf man also ein paar Eigenheiten erwarten.
You can check out every time you like, but you can never leave
Story:
Ein junge Familie mit Baby steigt nach einem Abend bei Freunden in einem ruhigen Hotel ab. Es ist bereits spät, außer dem Rezeptionisten treffen die drei zunächst niemandem an.
Doch die Nacht verläuft anders als geplant. Immer wieder werden die Gäste von verstörenden Erscheinungen geplagt…und ein Morgen ist nicht in Sicht.
THE NIGHT ist ein Film, an dem sich die Geister scheiden werden und das aus verschiedenen Gründen.
Zum einen ist Kourosh Aharis Debütfilm ein Slowburner, der sich Zeit nimmt und auf Atmosphäre setzt, statt in einer Effekt- und Jumpscareflut zu versinken. Zum anderen ist die Story nicht immer selbsterklärend und – ohne ins Detail gehen zu wollen – lässt auch am Ende ein paar Rätsel zurück.
Wer die Figuren sind und was sie tun, ist nachvollziehbar und trotzdem werden Geheimnisse angedeutet und Momente der Vergangenheit nicht gänzlich ausgeführt.
Dass der Ausweg im Lüften dieser Geheimnisse zu finden ist, lässt der Film schon früh vermuten und so darf man sich als Betrachter auch als Voyeur fühlen, wenn manches davon zutage gefördert wird.
Grundsätzlich ist THE NIGHT natürlich mit anderen Hotel-Horrorfilmen wie SHINING, ZIMMER 1408 oder INNKEEPERS zu vergleichen, allerdings primär deswegen, weil er eben in einem Hotel spielt. Ansonsten ist die Geschichte aber nicht abgekupfert und bietet eine Anzahl von hübsch-verstörenden Szenen. Einige davon Szenen sind dazu da, uns mehr über die Hintergründe näherzubringen, andere scheinbar nur deswegen, weil sie sich in einem Horrorfilm gut machen.
THE NIGHT ist leiser Grusel
Wirklich neue oder wirklich originelle Momente sind zwar rar, aber am besten ist das Werk ohnehin nicht in einzelnen Augenblicken, sondern wenn man ihn ganzheitlich betrachtet als psychologischen Thriller wahrnimmt. Das darf man in diesem Fall auch guten Gewissens als Mindfuck deklarieren.
Schauspielerisch gibt es nichts zu meckern und Shahab Hosseini und Niousha Noor harmonieren als Ehepaar mit Problemen. Tricktechnisch hält sich der Film wie bereits angedeutet zurück, beweist damit aber nur, dass es möglich ist, Protagonist und Zuschauer mit simplen Mitteln in den Wahnsinn zu treiben.
Und als Zuschauer wird man das Gefühl nicht los, von einem Alptraum zum nächsten zu driften. Ein Gefühl, das die meisten aus Fiebernächten kennen. Mindestens kennt man aber das Gefühl einfach schlafen zu wollen, aber immer wieder durch irgendetwas daran gehindert zu werden. Ein Umstand, der an den Nerven zeh(r)rt.
Dass der Film (halb-)iranischer Herkunft ist, hat übrigens keinen sichtbaren Einfluss auf das Ergebnis. Sicher sehen die Hauptfiguren etwas anders aus als die typischen Amerikaner und Mutter Neda trägt Kopftuch, das tut aber wenig zur Sache.
Fazit: THE NIGHT ist ein Film, der zwar unruhig macht, gleichzeitig aber Ruhe erfordert. Wer auf langsames Horrorkino steht, sollte ihn sehen.