Review: STRANGE DREAMS (2020)

strange dreams review
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 7.5

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7/10 (5)

Regie: Anthony Scott Burns
Drehbuch: Anthony Scott Burns
Länge: 105 min
Land:
Genre: ,
Sonstiges: Fantasy Filmfest Nights XL (2021)
FSK: ab 16

Es gibt Filme, über die möchte man nach dem Ende lange sprechen, auch wenn einem gleichzeitig die Worte fehlen. STRANGE DREAMS (der auf dem Fantasy Filmfest noch als COME TRUE lief)  ist ein solcher Film.

Zu Beginn lernen wir die junge Ausreißerin Sarah kennen, die auf einem Kinderspielplatz übernachtet und zwar alle Anrufe ihrer Mutter ignoriert, aber sich immer wieder heimlich in ihr Elternhaus schleicht.
Sarah leidet an seltsamen Träumen und als sie passenderweise die Möglichkeit erhält an einer Schlafstudie teilzunehmen, sieht sie darin sowohl einen Schlafplatz, als auch Bezahlung. Doch sie lernt dort mehr über ihren Träume kennen, als sie erwartet hätte.Come-True kritik

STRANGE DREAMS ist eine Stimmungsbombe, gelacht wird hier aber nicht

STRANGE DREAMS stammt von Anthony Scott Burns, (bisher) kein ganz großer Name, aber wer dessen Schaffen (z.B. OUR HOUSE oder das FATHER’S DAY-Segment  in HOLIDAYS) verfolgt hat, weiß, dass Burns ein Meister der Stimmung ist. Der Regisseur steht auf Parallelwelten, auf das Sichtbarmachen dieser und auf sphärische Synthesizerklänge.

All das findet sich in STRANGE DREAMS wieder und an verschiedenen Stellen fühlt man sich an das kühle Setting eines David Cronenbergs, an Alptraumwelten eines David Lnychs und an die musikalische Untermalung eines John Carpenters erinnert. Dazu kommen Einblicke in eine Welt, die je nach Sichtweise an SILENT HILL oder -wer‘s klassischer mag- DANTES INFERNO erinnern.

Das muss Horror sein, oder?
Ja und Nein. STRANGE DREAMS ist kein Film, nach dem du nachts das Licht anlässt oder der dich durch Schocks im Minutentakt aus dem Sessel springen lässt, aber er erzeugt Unwohlsein. Es gibt keinen klassischen Bösewicht, aber die Traumwelt ist dunkel und hässlich.
Während ein Freddy Krueger zu Recht Kultstatus hat, aber die Alpträume selten wie wirkliche Alpträume wirkten und in den letzten Jahren öfters auf teils plumpe Weise das Thema Schlafparalyse thematisiert wurde (DEAD AWAKE, MARA), schafft Burns eine Welt, die wie das aussieht, was viele Menschen mit Hölle assoziieren, kreiert dunkle Schemen, die nichts tun als vor dem Bett zu stehen, aber dennoch als höchst unangenehm empfunden werden.
Das wirklich Besondere ist aber, dass STRANGE DREAMS nie klischeebeladen wirkt.

come true rezensionHorror 2.0….oder gar kein Horror?

Gleichzeitig ist der Film mysteriös genug, um immer wieder neue Fragen aufzuwerfen, aber er vergisst dabei nicht, auch regelmäßig einige Antworten zu geben. So erfahren wir beispielsweise (kleine Spoiler), dass die Träume der Probanden von den Wissenschaftlern wie ein Film angeschaut werden können. Diese Möglichkeit ist zwar eines der Kernstücke des Films, aber bei weitem nicht die einzige gelungene Idee.
Damit schafft es das über fast zwei Stunden Laufzeit immer wieder Interesse zu wecken bzw. aufrecht zu erhalten.

Wie angedeutet steht der Regisseur auf Musikeinsatz und STRANGE DREAMS wird nahezu ohne Unterlaß durch seinen atmosphärischen Score unterstrichen. Weniger wäre vielleicht mehr gewesen, da es dadurch schwer ist, in besonderen Situationen noch Akzente zu setzen, es steht aber außer Frage, dass der Musik (für die vor allem Electric Youth verantwortlich sind) eine stimmungsbildende Bedeutung zukommt, die zur Mystik beiträgt.

Mystisch ist aber auch die Frage, wann die Geschichte eigentlich spielt. Einerseits sitzen die Wissenschaftler vor Röhrenmonitoren, die gesamte Technik wirkt veraltet und ein TERMINATOR-Poster hängt an einer Wand, so dass man meinen könnte, man habe es mit einem weiteren Retro-Streifen zu tun, der sich in den 80ern bewegt. Doch die Protagonisten nutzen Smartphones, was darauf hindeutet, dass die Story näher am Heute angesiedelt ist.
Der Trick wurde in ähnlicher Form schon in IT FOLLOWS angewandt, in STRANGE DREAMS ist er aber noch essentieller, vermittelt er doch noch mehr den Eindruck Zeuge einer Welt zu sein, in der die Gesetze der Zeit nicht gelten.

Da will es nur passen, dass Hauptfigur Sarah, die von Julia Sarah Stone glaubwürdig gespielt wird, nicht nur androgyn wirkt, sondern sie körperlich fast jünger wirkt als die  von ihr genannten 18 Jahre, geistig aber reifer erscheint.
Come-True-review

Die Achterbahnfahrt des Kritikers

So weit zu den Fakten.

Da STRANGE DREAMS aber ein Film ist, der spalten wird und alles andere als selbsterklärend ist, hier noch einige ganz persönliche Eindrücke (und hier folgen größere Spoiler):
Für gewöhnlich versuchen wir Filme so neutral wie möglich zu betrachten und allzu Persönliches auszublenden. Dieser Ansatz scheitert aber an Filmen wie diesem, der sicher auf jeden anders wirkt und bei dem man sich eingestehen muss, dass man womöglich beim ersten Mal sehen nicht alles verstanden hat. Daher will ich euch meine Achterbahnfahrt während und nach STRANGE DREAMS nicht vorenthalten.

Zunächst war ich nicht sonderlich versessen auf den Film. Das Wenige, was ich wusste, zeigte, dass er kühl und Sci-Fi-lastig sein könnte. Das stimmte und während des gemächlichen Beginns, der verbunden mit dem omnipräsenten ruhigen Score, dazu beitrug, dass mir in den Szenen, in denen Sarah sich im Labor aufs Schlafen vorbereitet, selbst fast die Augen zufielen, war ich im Geiste bei einer durchschnittlichen Bewertung.
Doch dann packte mich STRANGE DREAMS und die gesamte Mischung aus Traum, Realität, Originaltät und Stimmung ließ die Note rasch anwachsen, so dass ich mit einer 8,5 / 10 liebäugelte.
Allerdings stellte sich auch irgendwann die Angst ein, dass Burnes, der auch das Drehbuch schrieb, vielleicht nicht in der Lage sein könnte, die vielen kleinen losen Fäden vernünftig zu verknüpfen.

Zwar schien die Sorge unbegründet, denn die Geschichte deutete immer wieder an, dass sich ihre Schöpfer Gedanken machten und sicher kein liebloses Ende platzieren würden.
Doch genau das geschieht.
Und nun der SPOILER schlechthin: Sarah liegt seit über 20 Jahren in einem Koma.

Dies wird am Ende in aller Kürze hingeworfen und stellt damit klar, dass alles Gesehene nur in ihrem Kopf geschah. Dass keine Regeln gelten und jede unaufgeklärte Sinnlosigkeit eben auf dieses Koma zurückzuführen ist.
Das ist frustrierend und sofort sank die Bewertung in meinem Kopf wieder. Auch weil vergleichbare Twists seit Filmen wie DEAD END, JACOB’S LADDER oder STAY dann eben doch nicht mehr so originell sind.
Während der Abspann lief, sah die Endnote eine 6,5/10 vor, doch STRANGE DREAMS ließ mich nicht los und alleine dafür hat er eine höhere Bewertung verdient. Nach einigem Nachdenken und  Recherchen, darunter eine ausführliche Analyse, fügen sich doch viele Puzzlestücke und ich muss das Ergebnis erneut korrigieren.

Fazit: Egal aus welcher Perspektive man STRANGE DREAMS / COME TRUE betrachtet, es ist kein Streifen, die dem Zuschauer jeden Handlungsschritt vorkaut. Er ist aber – trotz des abgenutzten Twists – wahnsinnig originell und strahlt eine mächtige Atmosphäre aus.

 

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