Das 21. Jahrhundert braucht neue Bösewichter.
Während die 70er und 80er Jahre des letzten Jahrtausends scheinbar Fieslinge mit Kultstatus am Fließband kreierten, entstanden in den letzten 20 Jahren kaum nennenswerte Missetäter, die sich über mehr als einen Film ausleben durften. Jigsaw und Mick Taylor wären sicher zu nennen, mit der stummen und regungslosen Annabelle-Puppe sieht es schon wieder anders aus und Chromeskull wartet noch auf seinen großen Durchbruch.
Als Art, der Clown in der Horror-Anthologie ALL HALLOWS‘ EVE das erste Mal auftrat, war noch nicht abzusehen, dass daraus mal eine besondere Figur wird. Mit TERRIFIER bekamen wir aber mehr von Art zu sehen und TERRIFIER 2 ist seit einiger Zeit auch deswegen in aller Munde, weil (mal wieder) jemand im Kino gekotzt hat und/oder ohnmächtig wurde.
Solche „Skandale“ beeindrucken zwar nur Idioten, sorgten aber dafür, dass TERRIFIER 2 sein mageres Budget von 250.000$ in Windeseile einspielte.
Worum geht es in TERRIFIER 2?
Wieder steht Halloween vor der Tür und Schülerin Sienna bastelt an ihrem eigenen Kostüm.
Ein Jahr ist seit dem letzten Massaker von Art vergangen und dieser ist noch immer bzw. wieder am Leben. Nicht nur träumt Sienna von dem Clown, sie besitzt auch ein Notizbuch ihres an einem Gehirntumor verstorbenen Vaters, der darin Arts Gewalttaten skizzierte.
Zu diesem Zeitpunkt ahnt sie, ihre Familie und ihre Freunde aber noch nicht, dass sie Art bald näher kommen, als ihnen lieb sein kann.
TERRIFIER 2 dauert fast zweieinhalb Stunden, was für diese Sorte Film eigentlich deutlich zu lang ist. Vor allem, da das Drehbuch auf einen Bierdeckel passt und viele Szenen mühelos kürzer hätten ausfallen können, ohne dass man etwas vermissen würde.
Gleichzeitig wirkt TERRIFIER 2 aber wie eine Vision seiner Macher, wobei natürlich vor allem Damien Leone zu nennen ist, der -wie es sich für einen Indiefilm gehört- als Regisseur und Autor nicht nur kreativer Kopf aller Filme um Art ist, sondern auch Schnitt und Masken beisteuerte.
So ist beispielsweise Siennas Traumsequenz überlang, lässt aber genau durch diesen Umstand eine bedrohliche Stimmung entstehen. Schon in den Vorgängern schaffte es Leone Art mit einer alptraumhaften Atmosphäre zu umgeben und das nicht nur, weil der hochbrutal foltert und mordet.
Das tut er aber auch hier mit einer Hingabe, dass es dem geneigten Gorebauern warm ums Herz wird. Machen wir uns nichts vor, die Splattereinlagen sind natürlich das Hauptargument TERRIFIER 2 zu sehen und ja, auch wenn das Ins-Kino-Kotzen oft als Marketinggag genutzt wird, kann man sich ausmalen, dass empfindlichen Mägen der Kollaps droht.
TERRIFIER 2 ist alberner Splatterspaß mit Leidenschaft und Schwächen, statt bemühter Fließbandarbeit
Leone hält voll drauf, zeigt möglichst viel der Grausamkeiten im Detail und überlässt wenig der Fantasie. Hier muss man dann aber zum einen sagen, dass durch dieses Vorgehen ein Teil der Atmo wieder abgebaut wird, zum anderen, dass einigen der geschundenen Opfer deutlich anzumerken ist, dass Latex im Spiel ist. Menschliche Körper sind nun mal nicht hohl und auch wenn TERRIFIER zeigefreudig ist, hätte es ihm gutgetan, allzu offensichtliche Fehler weniger intensiv zu präsentieren.
Lob hat TERRIFIER 2 aber für sein direktes Vorgehen verdient. Wo sich zuletzt Ikonen wie Leatherface und Michael Myers so peinlich benahmen wie Rentner in einer Schulklasse und mit 3 bis 4 Autoren pro Film zwar viel probiert, aber wenig getan wurde, ist Art angenehm frisch.
Vereinzelt benimmt der sich schlicht albern (z.B. wenn er in Unterwäsche im Waschsalon sitzt, um sein blutiges Kostüm zu waschen), dann wirkt er wieder wie der fieseste Sadist seit langem.
Warum umständlich, wenn es auch direkt geht?
Im Film findet sich kein bemühtes Zeitgeist-Gehabe, aufgesetzte Political Correctness oder angezogene Handbremse.
TERRIFIER 2 besitzt zwar nicht den Production Value von TEXAS CHAINSAW MASSACRE (2022) oder HALLOWEEN ENDS, ist dafür aber in-your-face.
Damien Leone ist der Schuster, der bei seinen Leisten bleibt, statt so zu tun, als müsse man in die x-te Fortsetzung eine pseudointellektuelle Story einbauen, dabei aber nicht mal das 1×1 des Storytellings beherrscht. Hier gibt’s 24/7 bzw. Zwei-Stunden-Zwanzig auf die Kauleiste, das ist alles.
Na ja, fast…Fairerweise sei jedoch hinzugefügt, dass auch Leone ein paar Fragezeichen setzt, die nicht auserzählt werden, z.B. wer das Clown-Mädchen ist, das zwar Art, Sienna und ihr Bruder sehen, andere Menschen hingegen nicht. Oder in welcher Verbindung Siennas Vater zu Art steht.
Erahnen darf man, aber eine konkrete Aufklärung muss vielleicht bis TERRIFIER 3 warten.
Fazit: Natürlich hat TERRIFIER 2 Schwächen, aber dies ist die Sorte Filme, der man anmerkt, dass sie auch mit Spaß und Liebe entstand.
Art-House vom Feinsten!