Jesse Plemons hat sich in den letzten Jahren vom Nebendarsteller (z.B. BREAKING BAD) in die A-Riege hochgearbeitet. I’M THINKING OF ENDING THINGS oder ANTLERS sind jüngere Eintragungen in seinem Lebenslauf und für seine Rolle in POWER OF THE DOG erhielt er sogar eine Oscar-Nominierung.
Plemons Rollenauswahl ist vielseitig und mit WINDFALL fügt er eine neue Facette hinzu.
Story:
Als ein Einbrecher in das Ferienhaus eines Milliardärs einbricht, glaubt er dort alleine zu sein. Doch der Besitzer und seine Frau tauchen dort ebenfalls auf und statt nur ein paar Wertsachen zu stehlen, beschließt der Dieb, die beiden als Geiseln zu nehmen und mehr Geld zu erpressen. Doch bis dieses eintrifft, müssen die drei einige Zeit gemeinsam ausharren. Dabei eskaliert die Situation.
WINDFALL spielt nicht nur im Ferienhaus, er hat auch die Ruhe weg
WINDFALL lässt es ruhig angehen, das erkennt man nicht zuletzt daran, dass wir die ersten 5 Minuten dem Dieb bei der Arbeit, aber auch beim Chillen im fremden Haus zusehen und dabei kein Wort fällt.
Dass der Film dieses Tempo aber die meiste Zeit beibehält und vor allem auf die Figuren, deren Charakterisierung und ihr Miteinander setzt, war weniger absehbar.
Wie eine Situation im Ferienhaus wirklich massiv eskaliert zeigte kürzlich THE TRIP, doch einen solchen spaßigen Powerride sollte man von WINDFALL nicht erwarten. Der Film vermischt Home Invasion und Drama, spart sich den Splatteranteil größtenteils aus und setzt -wenn überhaupt- meist auf leisen Humor.
Allerdings existieren auch solche Szenen wie die, in denen der Dieb/Kidnapper/Räuber das türmende Ehepaar durch einen Orangenhain verfolgt und man im Kopf die Benny Hill-Musik hören kann.
Grundsätzlich gibt es allerdings nichts zu lachen, wenn ein Fremder in dein Haus einbricht, dafür aber einiges zu fürchten.
Und dieses Element der Angst scheint in WINDFALL ebenfalls niemand zu spüren. In dem Augenblick als das reiche Paar den Eindringling entdeckt, wäre ein gewaltiger Schreck das Mindeste und Panik nicht ausgeschlossen gewesen, aber schnell geht der CEO (Plemons), der in den Credits auch nur als CEO geführt wird, ins forsche Verhandlungsgespräch über.
Namhafter Cast, namenlose Figuren
Einen echten Namen hat übrigens niemand. Plemons ist der CEO, seine Frau ist sinnigerweise Wife, der Einbrecher ist Nobody und die einzige weitere Figur ist der ebenfalls namenlose Gärtner.
Aufgrund des kammerspielartigen Settings, entsteht aber nie ein Durcheinander. Gleichwohl sind diese Namen bezeichnend. Lily Collins (EXTREMELY WICKED, SHOCKINGLY EVIL AND VILE), die die Ehefrau spielt, ist eben auch nur das: ein schmückendes Beiwerk an der Seite eines reichen Mannes. Das sieht sie zwar anders, scheint sich gleichzeitig aber ihrer Rolle bewusst zu sein. Und ähnlich steht es um Nobody, der im Laufe des Films klarstellt, warum er sich als solchen betrachtet.
Wie erwähnt, es geht um die Menschen und die haben alle ihre unangenehmen Seiten, allen voran der Milliardär. Der berät zwar sogar seinen Gegner in der Frage wieviel Lösegeld er verlangen soll, ist aber auch ein erfolgsverwöhnter Arsch, der dem Einbrecher immer wieder überhebliche Dreistigkeiten an den Kopf wirft. Nobody scheint hingegen mit der Situation überfordert. Er weiß nicht, was er tun soll, ist von Überwachungskameras überrascht und die Waffe, die er im Laufe des Films erhält, hat er nicht einmal selbst mitgebracht.
Und da wir gerade über Waffen reden. Es ist nicht so, als ginge es ohne Gewalt ab und (allgemeiner Spoiler) nicht jeder wird überleben. Es ist aber auch nicht so, als würde WINDFALL diese Gewalt zelebrieren.
WINDFALL ist mit einem Score untermalt, der im besten Sinne altmodisch wirkt und auch in einem Hitchcock-Film laufen könnte. Das Schauspiel ist grundsätzlich einwandfrei wenn es um die Figuren geht, allerdings nicht immer der jeweiligen Situation angemessen.
Dass WINDFALL kein spannungsgeladener Thriller a la KIDNAPPED oder THE STRANGERS geworden ist, kann man ihm nicht zum Vorwurf machen, ein stimmiges Verhalten der Figuren wäre aber gerade in einem solchen Werk von Bedeutung und hier klemmt es öfters.
Fazit: Am besten ohne Genreerwartung rangehen und mehr auf Charaktere als auf Spannung setzen.