Lateinamerika wird bei der globalen Betrachtung von Horrorfilmen oft vernachlässigt.
Das hat natürlich seine Gründe, denn Geld ist dort oft knapp, Ideen teilweise auch und der Look erinnert gerne an italienische Filme der 80er (was 40 Jahre später selten ein Kompliment ist).
Der chilenische TRAUMA, der mexikanische HERE COMES THE DEVIL, der venezolanische THE HOUSE AT THE END OF TIME oder der uruguayische THE SILENT HOUSE sind hierzulande eher Achtungserfolge, Ausnahmen und/oder als Geheimtipp verbucht.
Auch der argentinische TERRIFIED (nicht mit TERRIFIER zu verwechseln), ein Horrorfilm von 2017 wurde erst kürzlich in Deutschland veröffentlicht. Demián Rugna, von dem TERRIFIED stammt, hat in der Zwischenzeit allerdings nachgelegt und mit WHEN EVIL LURKS einen Film produziert, der dafür sorgen könnte, dass man künftig öfter mal gen Mittel- und Südamerika schaut.
Wovon handelt WHEN EVIL LURKS?
Als nahe des Hauses der Brüder Pedro und Jimi Schüsse fallen, finden die beiden auf dem weitläufigen Gelände nicht nur eine halbierte Leiche, sondern in einem naheliegenden Haus auch einen besessenen, ekelerregend aufgedunsenen Mann, der das Böse gebären soll. Mit Hilfe eines Bekannten bringen sie den bereits verrottenden, bettlägerigen Körper weit weg, um zu verhindern, dass das, was in ihn gefahren ist, sich weiter ausbreitet. Doch genau das passiert und so müssen die beiden zumindest versuchen ihre Liebsten zu retten, bevor es zu spät ist.
WHEN EVIL LURKS startet mit Fragen und er lässt Fragen zurück.
Zu Beginn fällt beispielsweise auf, wie selbstverständlich die Brüder und ihr Umfeld über den Verrottenden sprechen, als wäre sein Zustand gar nicht so ungewöhnlich, als könne das vorkommen, wie eine schwere Krankheit. Ob dies Teil der südamerikanischen Mythologie oder nur innerhalb der Geschichte als normal anzusehen ist, können wir nicht beantworten und der Film versucht es erst gar nicht.
Weniger ist mehr
Dadurch sollte man sich allerdings nicht zu sehr stören lassen, denn WHEN EVIL LURKS schafft es sowohl eklige, als auch brutale und gruslige Szenen in den Film einzubauen, ohne dass er ins Schwitzen gerät. Das passiert ohne aufgesetzte Schockmomente, aber wir bemerken schnell, dass weder Tiere, noch Kinder vor dem Bösen sicher sind.
Hieraus entsteht ein Gefühl der Unberechenbarkeit. Rugna etabliert keinen klassischen Helden und er lässt zu, dass jeder angreifbar ist.
Alleine hieraus zieht der Film viel sinistre Energie.
Wenn man in der EVIL DEAD-Reihe ein Roadmovie einbaut, könnte das Ergebnis an WHEN EVIL LURKS erinnern. Zwar geht es hier lange nicht so splattrig zu, brutale Selbstverletzung oder Grausamkeiten gegenüber geliebten Menschen gehen aber Hand in Hand.
Obendrein gibt uns WHEN EVIL LURKS aber auch Figuren und eine Story, die greifbar und nachvollziehbar bleiben.
Was Pedro in der Vergangenheit angestellt hat, dass er sich seiner Ex-Frau und den beiden Söhnen eigentlich nicht mehr nähern darf, behält WHEN EVIL LURKS zwar ebenfalls für sich und stellt klar, dass er kein Vorzeigevater mit weißer Weste ist, wir werden aber dennoch Zeuge, wie er versucht alle zu retten. Das gestaltet sich freilich schwierig, wenn eine böse Präsenz in verschiedene Körper fahren kann.
Der Schauplatz im Film wird mehr als einmal als „am Ende der Welt“ bezeichnet und fast hat man den Eindruck, dass Demián Rugna dort selbst lebte und sich von Einflüssen abschottete, wodurch sein Werk erstaunlich eigenständig und organisch wirkt.
WHEN EVIL LURKS ist ein früher Top 10 – Kandidat für die Horrorfilme 2024
Gerüchteweise soll WHEN EVIL LURKS Teil eines Franchise werden, was aufgrund der angesprochenen offenen Fragen Sinn ergäbe. Gleichzeitig ist es selbstredend ein ungewöhnlicher Schritt im ersten Film bewusst so viele Baustellen offen zu lassen und auf die Neugier des Zuschauers zu vertrauen.
Ob er dies allerdings wirklich bewusst tut oder nur vergisst, seinem Publikum relevante Details an die Hand zu geben, haben wir bereits im Falle von TERRIFIED hinterfragt. Man darf diese Arbeitsweise kritisch sehen, es gibt Rugna aber auch eine individuelle Handschrift und bedeutet, dass wir nie mehr wissen als die Figuren, manchmal aber sogar weniger.
Nun, was die Story angeht, bin ich fein damit, mir die fehlenden Hintergründe zusammenzureimen und wenn es Demián Rugna aber noch einmal schafft einen solch frischen Horrorfilm zusammenzustellen, darf er gerne mit einem Sequel zu WHEN EVIL LURKS vorstellig werden.
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