DIE ZEIT DER WÖLFE ist ein Frühwerk des Regisseurs Neil Jordan. Jordan ist ein ungewöhnlicher Regisseur mit einer ungewöhnlichen Beziehung zum Horror. War HIGH SPIRITS in den 80ern noch eine relativ normale Spukhaus- Gruselkomödie, folgte mit INTERVIEW MIT EINEM VAMPIR in den 90ern ein Film, der sich von anderen Vampirstreifen abhob und ein dramatisches Epos bildete. Mit BYZANTIUM, rund 20 Jahre später, beschäftigte sich Jordan erneut mit Vampiren, erschuf jedoch wieder etwas ganz Eigenes.
Auch die DIE ZEIT DER WÖLFE, der schon 1984 entstand, besteht aus bekannten Vorlagen, die der Regisseur schier mühelos aufnimmt und daraus eine – wahrlich – verträumte Welt erschafft.
Wovon handelt DIE ZEIT DER WÖLFE?
Die Geschichte beginnt in der Gegenwart, wo ein Mädchen namens Rosaleen in ihrem Zimmer in einem stattlichen Landhaus liegt. Während ihre Schwester gegen die Tür hämmert, träumt Rosaleen sich in eine vergangene Fantasiewelt, in der ihre Schwester von Wölfen getötet wurde.
Sie verbringt daraufhin viel Zeit mit ihrer Großmutter, die sie vor drei Dingen warnt.
1. Vom Weg abzukommen
2. Heruntergefallenem Obst
3. Männern mit zusammengewachsenen Augenbrauen
Aber mit Warnungen von alten Frauen, nehmen es junge Mädchen nicht immer so genau.
Man muss den Namen der Gebrüder Grimm nicht aussprechen, um sich an sie erinnert zu fühlen und ihre bekanntesten Werke im Film wiederzufinden. Die Stichwörter „Großmutter“ und „Wolf“ reichen, um an ROTKÄPPCHEN zu denken und hieran bedient sich DIE ZEIT DER WÖLFE ausgiebig. Dahingegen sind der kurz zu sehende Frosch oder ein Biss in einen Apfel, die natürlich auf DER FROSCHKÖNIG und SCHNEEWITTCHEN verweisen, nur kleine, liebevoll gestaltete Referenzen.
Aber dies ist eben keine reine Märchen-Aufbereitung, denn die ohnehin brüchigen Grenzverläufe zwischen Märchen, Fantasy und Horror werden immer wieder aufgestemmt und auch eine Portion Coming-of-Age ist darin enthalten.
Ein wilder Genremix, der dennoch stimmig ist
Sicher gab es in der Geschichte des Werwolf-Films grimmigere (und auch bessere) Verwandlungen als die hier gezeigten, ein Kinderfilm ist DIE ZEIT DER WÖLFE deswegen aber noch lange nicht.
Umgekehrt sollte man sich als erwachsener Zuschauer besser eine gewisse Kindlichkeit bewahrt haben, denn die Kulissen, die meist nach Studio aussehen und schon künstlich erscheinen, könnten auch klassischen Märchenfilmen entliehen sein.
Der Geschichte zu folgen bedarf etwas Aufmerksamkeit, weil nicht nur die Realwelt in die Traumwelt wechselt sondern darin Rosaleen auch noch verschiedene Märchen erzählt bekommt. Und alles scheint mit allem zusammenzuhängen.
Das sind dann auch die größten Kritikpunkte, nämlich die künstlich wirkende Welt (was natürlich auch am Filmalter liegt) und der potentiellen Verwirrung durch mehrere Erzählebenen.
Ob man diese Punkte aber wirklich als Manko empfindet, sei dahingestellt, denn es wäre gut denkbar, dass viele hier sogar einen Pluspunkt vergeben würden.
Fazit zu DIE ZEIT DER WÖLFE
Dass Neil Jordan aus Irland stammt, einem Land, in dem Tradition und Moderne, Realität und Sagenwelt näher beieinander liegen als woanders, mag eine Rolle spielen, es passt jedenfalls ins Bild.
Ohne sich bemüht an eine Zielgruppe heranschmeißen zu wollen, deckt DIE ZEIT DER WÖLFE ein breites Spektrum ab, nimmt ähnliche Motive unterschiedlicher Erzählwelten und verknüpft sie zu etwas Eigenem.
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