Wenn frischgebackene Eltern mit ihrem Sprößling das erste Mal nachhause kommen, sollte dem Klischee nach die schönste Zeit ihres Lebens beginnen. Allerdings stellt sich diese angeblich schönste Zeit nicht selten als Horrortrip heraus: Schlafmangel, Unsicherheit, endloses Schreien des Kindes – und nicht selten kommt es zu postpartalen Depressionen.
Genau diese Zeit ist der Fokus von Bess Wohls Film BABY RUBY. Die Regisseurin, die sonst eher auf der anderen Seite als Schauspielerin unterwegs ist, wagt sich hier das erste Mal in diese Rolle und hat auch das Drehbuch geschrieben.
Inhalt von BABY RUBY
Jo und Spencer erwarten ihr erstes Baby. Die Bloggerin Jo ist voller Vorfreude und füllt ihren Blog mit allen möglichen Vorbereitungstips. Als Ruby dann auf der Welt ist, entspricht nichts den rosaroten Vorstellungen des Pärchens. Das Kind ist viel am Schreien, lässt sich nicht beruhigen und Jo beginnt zu glauben, dass mehr dahinter stecken muss.
Resümee zu BABY RUBY
Der Film fängt relativ ruhig an und nimmt sich etwas Zeit, um Jo und Spencer vorzustellen. Wir lernen gleich zu Beginn, dass Jo eine Bloggerin ist und offenbar auch ein gewisses Publikum hat. Die beiden freuen sich sehr auf die Geburt ihres ersten Kindes und Jo nutzt diese Gelegenheit, um darüber zu schreiben. Diese etwas ruhige Einführung passt zu dieser Art von Film, die über einen längeren Zeitraum Spannung aufbauen.
Diese Spannung beginnt anzuziehen, sobald Jo, Spencer und Ruby zuhause ankommen und das Baby anfängt zu schreien und gefühlt nie aufhört. Das Babygeschrei zieht sich durch den ganzen Film und sorgt dafür, dass man sich bald ähnlich verzweifelt wie Jo fühlt. Das wird sehr gut umgesetzt und ist definitiv eine Stärke von BABY RUBY.
Die Handlung beginnt relativ stringent, beginnt aber etwa nach der Hälfte des Films, sich in viele verschiedene Richtungen zu verlieren. Es gibt eine Affäre, vermutete Babymorde, Albträume und Halluzinationen, aber keinen roten Faden bei dem Ganzen. Es ist klar, dass Jo unter postpartaler Depression oder gar Psychose leidet, und womöglich sollen die vielen verschiedenen Themen ihre sprunghaften und unlogischen Gedanken widerspiegeln, das klappt aber nur mäßig und führt vielmehr zu Verwirrung und Ermüdung. Hier wäre es ratsam gewesen, in einem Erzählstrang zu bleiben und diesen komplett zu erzählen und nicht diverse Stränge aufzumachen und nicht zu Ende zu führen.
Handwerklich ist BABY RUBY ordentlich umgesetzt. Das Set sieht realistisch aus und wird mit zunehmender Überforderung immer chaotischer.
Noémie Merlant und Kit Harington geben schauspielerisch ihr Bestes und man kauft beiden ihre Rollen ab. Vor allem Merlant kann die zunehmenden psychischen Probleme gut und glaubhaft darstellen.
BABY RUBY hat gute Ansätze und thematisiert eine schwierige Angelegenheit, verliert sich aber in zu vielen Handlungssträngen. Die anstrengende Zeit nach der Geburt eines Kindes wird überzeugend dargestellt, aber dafür wollen die wenigsten einen Film schauen. Wer gerne Filme über Schwangerschaft und Babies schaut, ist mit ROSEMARIES BABY, THE ONES BELOW oder INSIDE besser beraten, kennt diese aber wahrscheinlich schon.