In den ersten Jahren des neuen Jahrtausends begann sich die Horrorwelt zu wandeln. Während man in den USA der letzten Slasherwelle hinterhertrauerte und die Found Footage – Sache gerade erst anrollte, setzte man dort gerne auf lieblose Remakes und Sequels und nur selten wollte echtes Grauen aufkommen.
Zur gleichen Zeit breitete sich das Internet weiter aus, die Welt rückte digital zusammen und als sich in Frankreich der Horizont verdüsterte, bekam man weltweit Wind davon. Es waren nicht viele Filme, die von dort in den letzten 15 Jahren kamen, aber es waren oft Filme, die es in sich hatten. Filme, die keinen Spaß verstanden und in krassem Gegensatz zu der weichen französischen Sprache stehen.
Als Speerspitze dieser Werke werden oft HIGH TENSION, MARTYRS, FRONTIER(S) und INSIDE genannt (obwohl man darüber streiten kann), die die Gemeinsamkeit teilen, dass die deutsche Zensur ein nervöses Zucken bekommt, wenn man die Namen erwähnt.
INSIDE wurde dabei besonders hart abgestraft und nicht nur indiziert, sondern gar beschlagnahmt. Wenn man bedenkt, dass die ersten 30 Minuten des Films kaum etwas enthalten, das über eine FSK 12 Freigabe hinausgeht, kann man sich ausmalen, was in den verbleibenden 2/3 geboten werden.
Worum geht es in INSIDE?
Sarah ist hochschwanger und verbringt nach dem Tod ihres Mannes den Weihnachtsabend alleine zu Hause. Als eine unheimliche Frau an der Tür klingelt und durch den Garten schleicht, ruft Sarah zunächst die Polizei, doch die Fremde kann ins Haus eindringen und hat es auf das ungeborene Kind abgesehen.
So absurd die Ausgangslage sich anhören mag, immer wieder ist von echten Fällen zu lesen, in denen Schwangeren das Baby förmlich aus dem Leib geschnitten wird, eine pränatale Form des Kidnapping, das für die Mütter meist tödlich endet.
Schwangeren Zuschauerinnen ist INSIDE also nicht ans Herz zu legen, aber auch alle anderen Bevölkerungsgruppen könnten ob der realistisch anmutenden Effekte nervös werden.
Nicht nur die Zensur setzt die Schere an
Spätestens wenn die fremde (namenlose) Frau ihre große Schneiderschere am Bauchnabel Sarahs ansetzt, fragt man sich, wie viel grimmige Details der Film preisgeben wird und die Antwort ist: so ziemlich alle. Sarah bleibt dabei nicht die einzige, die in dieser Nacht in Mitleidenschaft gezogen wird, auch ihr Chef, ihre Mutter und die Polizei tauchen früher oder später im Haus auf und müssen erfahren, dass mit der Unbekannten nicht zu spaßen ist.
Beatrice Dalle, mehr als ein Monster
Die wird gespielt von Beatrice Dalle, die auch in den folgenden Filmen der Regisseure Julien Maury und Alexandre Bustillo kleinere Rollen einnahm. Schon dass sie eine Frau ist, macht sie zu einem vergleichsweise ungewöhnlichen Bösewicht. Dazu ist Dalle zwar mit einer markanten Zahnlücke ausgestattet, ist aber kein entstelltes Monster (nun, auch sie muss im Laufe des Films einiges einstecken). Vor allem ist sie aber Schauspielerin, die nicht durch ein breites Kreuz und Maske Furcht einflößt, aber ähnlich abgebrüht ist, wie ein Michael Myers. Aber ihre Figur hat auch einen Hintergrund, ohne den INSIDE wohl letztlich auch funktioniert hätte, der ihn aber abrundet.
Eine kleine Besonderheit liefern Maury/Bustillo dadurch, dass sie immer wieder zeigen, wie es dem Baby in Sarahs Bauch ergeht, wodurch dem Zuschauer eine besondere Bindung zu dem ungeborenen und unschuldigen Kind nahegebracht wird. Gleichzeitig verleiht es dem Film eine leicht surreale Atmosphäre, die durch einen Alptraum Sarahs, aber auch einem unheimlichen Look in Sarahs kleinem Haus, das manchmal fast vernebelt aussieht, verstärkt wird.
Damit wird die Basis erstellt, für die im hinteren Teil des Films angebrachten Effekte, die teilweise over the top wirken.
Fazit zu INSIDE
Viel mehr kann man in dieser Hinsicht aber auch nicht bemängeln und wer INSIDE als Ganzes betrachtet wird sowohl dessen Status unter Horrorfans als auch die Abneigung von FSK, BPjM und Konsorten verstehen.