IN DER NACHT DES 12.kommt mit einigen Vorschusslorbeeren auf den deutschen Markt.
Ein Auftritt in Cannes, 10x Nominierungen für den angesehenen französischen Filmpreis César (6x gewonnen), eine stattliche 7.1 auf imdb…und ein brutaler Mord in einem verschlafenen Kleinstadt.
Wovon handelt IN DER NACHT DES 12.?
Auf dem nächtlichen Weg nach Hause begegnet die junge Clara ihrem Mörder, der sie mit einer brennbaren Flüssigkeit übergießt und anzündet.
Ermittler Yohan Vivès und sein Team werden aus dem größeren Grenoble zur Hilfe geholt, um die Tat im beschaulichen Alpenstädtchen aufzuklären.
IN DER NACHT DES 12. ist nicht der Film, der dich anspringt. Es ist kein komplexer Arthousefilm wie TITANE, kein harter Horrorfilm wie MARTYRS, noch nicht mal ein spannender Berg-Thriller wie DIE PURPURNEN FLÜSSE.
Reduziert ausgedrückt: dies ist einfach ein Krimi, ein klassisches Rätselraten wer die Tat beging und warum.
IN DER NACHT DES 12. ist „nur“ ein Krimi, aber mehr als ein Krimi
Wer damit fein ist, kann IN DER NACHT DES 12. vor oder nach dem nächsten Sonntagabend-TATORT einlegen und wird vermutlich nicht enttäuscht.
So wie aber (kleine Spoiler) in der Geschichte Fragen bleiben (Spoilerende), bleibt zunächst auch die Frage, warum der Film derart hochdekoriert zu uns kommt.
Die Antwort ist auch hier zunächst wieder simpel. Er macht nichts verkehrt, sondern wirkt vor und hinter der Kamera professionell.
Hier gibt es keine aufgeblasenen Verfolgungsjagden oder selbstgefällige Gewaltdarstellung, keine absurden Wendungen, sondern eine glaubwürdige Geschichte.
Wir sehen eine realistisch anmutende Mordermittlung und die schauspielerische Leistung ist dabei ebenso (im besten Sinne) dezent und unauffällig.
Nicht einmal die malerische Landschaft wird pompös in Szene gesetzt, sondern spielt allenfalls im Hintergrund eine ansehnliche Rolle.
Kurz: IN DER NACHT DES 12. kommt denkbar nüchtern daher, was auch Sinn ergibt, denn er beruht auf einer wahren Begebenheit.
Im Laufe der Ermittlungen tauchen Yohan und sein Team immer tiefer in Claras Leben ein und das ist im Grunde dann auch das Kernstück des Films.
Wir erfahren, dass die junge Frau, von deren ihre Familie sagt, dass sie einen Freund hatte, zu einer ganzen Reihe Herren Beziehungen pflegte, die sich durch die ein oder andere Eigenart zum Tatverdächtigen, mindestens aber unbeliebt machen.
Wir bemerken, dass Menschen Geheimnisse haben, dass auch Claras beste Freundin nicht alles über sie wusste und wir stellen fest, dass das Opfer zwar den moralischen Kompass einer konservativen Welt sprengte, aber nichts tat, das irgendein Verbrechen rechtfertigen würde.
Jeder Polizist hat einen Fall, der ihn verfolgt
Im Film wird gesagt, dass zwischen Männern und Frauen etwas nicht stimmt und ohne dass IN DER NACHT DES 12. den mahnenden Zeigefinger ausstrecken würde, darf man das als eine der Botschaften verstehen, die ihn durchzieht und die bezieht sich sowohl auf das Miteinander als auch auf den gesellschaftlichen Blick auf die jeweiligen Geschlechter.
Was sich womöglich komplex anhört, wird letztlich mit nonchalanter Leichtigkeit vorgetragen, sodass das Werk des in Deutschland geborenen Dominik Moll (LEMMING) nie zur Kopfsache wird.
Zwar erlaubt der Film das Einschalten des Verstandes, bleibt aber gleichzeitig zwischen Drama, Tragödie und Krimi auf der Unterhaltungsspur.
Zugegeben, wie DER große Preis-Abräumer wirkt IN DER NACHT DES 12. nicht, denn auf den ersten Blick fehlt dann doch das Besondere, wer aber mit ruhiger Erzählweise leben kann, fühlt sich womöglich an den ähnlich gelagerten, mit Preisen überhäuften und sehenswerten MÖRDERLAND erinnert.