Review: SICK OF MYSELF (2022)

sick of myself kritik
BEWERTUNGEN:
Redaktion: 8.5

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7.7/10 (3)

Regie: Kristoffer Borgli
Drehbuch: Kristoffer Borgli
Länge: 95 min
Land:
Genre: , ,
Veröffentlichung: 23. März 2023 (Kino)
Verleih/ Vertrieb: MFA+
FSK: ab 12

Wir leben im Zeitalter der Selbstdarsteller.
Die einen machen sich trotz augenscheinlichem Fehlen jedes Talents in Gesangscastings zum Kasper, die anderen posten für drei Anstands-Likes ihr verkochtes Essen in den sozialen Medien, filmen sich in der Badewanne oder stürzen beim Selfie-machen vom Berg.
Auch Signe will mehr Aufmerksamkeit…um jeden Preis…auch wenn sie negativ und schmerzhaft ist.

Bevor wir weitersprechen: wer einen lupenreinen Horrorfilm sehen möchte, braucht sich weder dieses Review noch SICK OF MYSELF ansehen, denn der bewegt sich zwischen mehreren Genres.
Wer aber keine Scheuklappen trägt und Lust auf einen physischen und psychischen Absturz hat, ist hier goldrichtig.

sick of myself rezension

Wovon handelt SICK OF MYSELF?
Signe ist eine junge Angestellte in einem Café, der es an Aufmerksamkeit mangelt. Als ihr Freund Thomas, ein Künstler, mit seiner Arbeit erfolgreicher wird, strebt auch sie nach Wahrnehmung.
Als sie einer schwer verletzten Frau helfen kann, genießt sie den schnellvergänglichen Ruhm einer Retterin so sehr, dass sie zu drastischen Mitteln greift, um als besonders und einzigartig zu gelten.

Das „Wundermittel“ nennt sich Lidexol und soll eigentlich gegen Angstzustände helfen, führt im Film in größerer Dosierung aber zu starkem Juckreiz, Ausschlag und Veränderungen der Haut.
Das ist noch harmlos formuliert, denn Signe besorgt sich mit genau dieser Absicht das Medikament auf dem Schwarzmarkt und sieht bald aus, als hätte sie in Säure gebadet.

SICK OF MYSELF: Body Horror, Drama, Komödie

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SICK OF MYSELF lässt sich mit SWALLOW oder TITANE vergleichen und kann durchaus als Body Horror bezeichnet werden, ist aber wenigstens zu gleichen Teilen auch Drama und Komödie.
Drama, weil die Geschichte im Kern furchtbar traurig ist. Wir sehen eine normale junge Frau, die in einer unglücklichen Beziehung lebt, neidisch auf ihren eigenen Partner ist und jeder vermeintliche Fortschritt für sie, stellt sich für uns als Rückschritt dar.

Dass Thomas und Signe rein gar keine Chemie miteinander haben, wäre in einem anderen Film ein Unding, hier ist es perfekt inszeniert und wenn sich die beiden immer wieder auch vor anderen gegenseitig widersprechen oder schlecht aussehen lassen, ist man als Zuschauer in gleicher Weise peinlich berührt, wie man das zum Beispiel aus JERKS kennt.

Trotz eines zurückhaltenden skandinavischen Humors, ist es aber eben auch schreiend komisch, wenn Signe immer wieder tagträumt, welche Erfolge sie aufgrund ihres entstellten Äußeren haben wird.
Eines der Highlights ist eine Szene, in der Thomas ihr beim Sex von den Menschenmassen ihrer eigenen Beerdigung erzählen soll.

Thomas ist indes auch kein Engel, sondern interessiert sich nur oberflächlich für seine Freundin und vor allem, zeigt über ihre kleineren und größeren Lügen wenig Verwunderung.
Vielleicht, weil er Signe gar nicht unähnlich ist und etwa ganz egoistisch darauf achtet, dass seine Kunst nicht mit der zunehmend entstellten Freundin in Verbindung gebracht wird.
Dass er seine Werke schlicht im Möbelhaus klaut, passt da übrigens ins Bild.

sick of myself review

Nicht nur äußerlich entstellt

Dass sich Signe im Laufe des Films äußerlich zunehmend verunstaltet, scheint in Wechselwirkung mit ihrem Inneren zu stehen. Immer größer wird ihr Drang nach Aufmerksamkeit, immer schamloser ihre Lügen und immer besser die Arbeit des Makeups, das sie mit großflächigen Narben, Haarausfall und blutspuckend zeigt.

Man könnte an SICK OF MYSELF kritisieren, dass er seine volle Laufzeit ausschöpft, um dieses eine Thema vorzutragen, dabei keine sympathische Figur aufbaut und dann eher ausklingt, als mit einem Knall zu enden.
Allerdings ist das angerissene Thema um das sogenannte Münchhausen-Syndrom eben auch nicht film-alltäglich und Regisseur/Autor Kristoffer Borgli gelingt es mit vielen Details, Facetten und schrulligen Nebenfiguren immer wieder tragisch-komische Szene zu kreieren.

Fazit:
SICK OF MYSELF ist ein gelungener Titel für einen gelungenen Film, der zu Recht von Cannes bis zum Fantasy Filmfest lief und der sowohl mit dem Versuch ein ernstes Thema zu sehen, als auch mit dem Ansatz sich zu amüsieren oder zu ekeln funktioniert.

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